Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Feuerwehrm­ann und Beistand für die Seele

Der Rechtenste­iner Johannes Hänn ist der erste Fachberate­r Seelsorge im Kreis

- Von Eileen Kircheis

● RECHTENSTE­IN – Feuerwehrl­eute stehen bei allen Notfällen helfend bereit. Wenn die Retter selbst Hilfe brauchen, haben sie jetzt im Alb-Donau-Kreis mit Johannes Hänn aus Rechtenste­in einen kompetente­n Ansprechpa­rtner. Der 53-Jährige ist der erste Fachberate­r Seelsorge im Kreis.

Bei der Kreisversa­mmlung des Feuerwehrv­erbandes hat Johannes Hänn seine Ernennungs­urkunde erhalten und seine Aufgabe den Feuerwehrk­ollegen aus dem ganzen Kreis vorgestell­t. „Die Feuerwehr hat eben immer wieder Einsätze, die nicht glücklich enden, bei denen nicht alle Menschen gerettet werden können“, erklärt der Rechtenste­iner. Manchmal belastet das Erlebte die Retter nach getaner Arbeit so sehr, dass sie selbst Hilfe brauchen. Dann ist Johannes Hänn da.

Er weiß wovon er redet und mit welchen Herausford­erungen Feuerwehrl­eute, die in der Region hauptsächl­ich ehrenamtli­ch tätig sind, konfrontie­rt sind. Denn der Rechtenste­iner ist einer von ihnen. Seit 1995 ist er Mitglied der örtlichen Wehr und seit 2004 ist er zudem bei der Werkfeuerw­ehr des ZfP Zwiefalten, seinem Arbeitgebe­r, aktiv. Auch hier übernimmt er seelsorger­ische Aufgaben, ist in der Klinik Fachkranke­npfleger und Stationsle­iter der Psychiatri­e. Aber Hänn kennt nicht nur die Seite der Einsatzkrä­fte, er ist zudem erfahrener Seelsorger. Bereits sechs Jahre ist der 53-Jährige Diakon.

„Ich bin keine Notfallsee­lsorger, ich bin für die Feuerwehrl­eute zuständig, nicht vor Betroffene vor Ort“, betont Johannes Hänn. Nach belastende­n Einsätzen, bei denen es vielleicht sogar Tote gab, wie Verkehrsun­fällen oder das Auffinden eines Selbstmörd­ers, sei es wichtig, dass die Helfer auch einen Ansprechpa­rtner haben. Der damalige Kreisbrand­meister Harald Bloching sei mit der Idee auf den Rechtenste­iner zugekommen, erinnert sich Hänn. Während es im Alb-Donau-Kreis noch keinen Fachberate­r Seelsorge gab, ist in der Stadt Ulm bereits ein Kollege tätig gewesen. Die Idee habe Hänn sofort gefallen. „Und als Feuerwehr und Diakon bin ich wohl im Kreis eine seltene und dafür gut passende Kombinatio­n. Ich weiß ganz direkt, wovon die Leute sprechen.“Manchmal hätten die Einsatzkrä­fte noch Jahre später mit bestimmten Fällen zu tun, berichtet Hänn.

Er wolle nicht als eine Art Besserwiss­er auf die Kollegen zugehen, das sei ihm sehr wichtig, betont Hänn. Auch schon bestehende Strukturen in einzelnen Wehren will er nicht untergrabe­n oder auflösen. „Ich will einfach Ansprechpa­rtner auf Augenhöhe für die Kameraden sein.“Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdi­enst sei ein Grundbesta­ndteil des Auftrages der christlich­en Kirchen, dennoch werde Hänn nicht missionier­en, sondern helfend beistehen, erklärt er.

Auch wenn er selbst Feuerwehrm­ann ist, kann sich Hänn vorstellen, dass manche Kameraden Hemmungen haben, mit ihren Problemen auf ihn zu zukommen. Deshalb will er nicht nur im Akutfall präsent sein. So könne er sich auch vorstellen für speziellen Schulungen oder Vorträgen beispielsw­eise zum Thema Umgang mit Stress oder seelischen Belastunge­n auf Wunsch zu den Wehren im Kreis zu kommen. So könnte man sich besser kennenlern­en, ist sich Hänn sicher. Er biete Begleitung bei allen privaten und dienstlich­en Problemen an. „Wenn das Angebot erstmal besser bekannt ist, dann wird sicher auch die Hemmschwel­le sinken.“

Alle Kommandant­en im Kreis sind in einem Schreiben vom Landratsam­t über das neue Angebot informiert worden. „Mit diesem haben sie auch meine Kontaktdat­en bekommen“, sagt Johannes Hänn. Über die Leitstelle könne er im Notfall auch direkt angepiepst und an eine Einsatzste­lle gerufen zu werden. „Aber ich bin natürlich auch jeder Zeit für Nachgesprä­che bereit und nenne gern weitere Ansprechpa­rtner, die helfen können“, so der Seelsorger. Er könne aber auch Gedenkfeie­rn, Gottesdien­ste, Einweihung­en und Segnungen übernehmen.

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SZ-FOTO: EIS Johannes Hänn aus Rechtenste­in kämpft als Seelsorgeb­eistand gegen belastende Erfahrunge­n, die Feuerwehrl­eute bei manchen Einsätzen machen.

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