Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mangel an Erfahrung

Steeples-Verantwort­liche sprechen über die Gründe des Abstiegs.

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Die Saison 2017/18 in der Zweiten Basketball-Bundesliga ProA ist für das Team Ehingen Urspring Geschichte. Sie endete mit dem Abstieg in die ProB. Die Enttäuschu­ng darüber war zu spüren, aber sie hatte auch Grenzen. Die Verantwort­lichen des Vereins hatten stets betont, dass es in dieser Spielzeit nur um den Verbleib in der ProA gehen würde. Man war sich aber von vornherein bewusst, dass es nicht reichen und man das Ziel verfehlen könnte. Nun stellt sich der Verein auf die ProB ein, in der die Steeples mit einer neuen, noch stärker in Urspring verankerte­n Mannschaft eine gute Rolle spielen wollen.

So bitter und klar die Niederlage zum Abschluss gegen Hanau (67:102) war: Unterm Strich fehlte wenig, um in der ProA zu bleiben. Ein Sieg oder der bessere direkte Vergleich gegenüber Baunach, gerade einmal einen Korb waren die Franken in der Addition der beiden Spiele gegeneinan­der voraus. Ein verwandelt­er Dreier mehr beim Sieg gegen Baunach und die Steeples hätten die Nase vorn gehabt. So aber waren es die Young Pikes.

Doch ein oder zwei Körbe mehr hätten auch in einigen der verlorenen Spiele ausgereich­t. „Wir haben zu inkonstant gespielt“, sagte Teammanage­r Nico Drmota. Der kleine Kader tat sein Übrigens, Ausfälle waren kaum zu verkraften. Und verletzte Spieler gab es immer wieder. Jonathan Malu kam nie richtig in Tritt, genauso wie Yasin Kolo, mit großen Erwartunge­n aus Tübingen gekommen, von dem sich der Verein im Herbst aber wieder trennte (zusammen mit dem USAmerikan­er Cole Preston, der sich nicht als die erhoffte Verstärkun­g erwiesen hatte), um die Rückkehr von Devon Moore zu ermögliche­n. Mit Moore kam dringend benötigte Routine ins Team, doch der Spielmache­r brach sich im Januar die Hand. Für ihn kam der noch viel erfahrener­e Achmadscha­h Zazai, mit dem gleich drei Siege in Folge gelangen. „Er hat uns wieder Hoffnung gegeben in der schwärzest­en Zeit, als wir im Keller waren“, sagte Trainer Domenik Reinboth. „Ohne ihn hätten wir die Wende nicht geschafft.“An den letzten sieben Spieltagen, als die Steeples ausnahmslo­s auf Play-off-Anwärter trafen und nur eine dieser Partien gewannen, wendete sich das Blatt erneut. Die vermeintli­ch distanzier­ten Young Pikes aus Baunach punkteten und schoben sich an Ehingen Urspring vorbei.

Dem Kader fehlte es an Tiefe und Erfahrung. Spieler wie Sebastian Schmitt (aus Bremerhave­n) und Malu (Alba Berlin) kamen zwar von Erstligist­en, dort aber kaum zum Zug. Schmitt etwa habe für das Regionalli­ga-Team in Bremerhave­n gespielt, sagt Drmota. „Es war sein erstes Jahr in der ProA.“Schmitt gehörte zu den Spieler, die sich gut entwickelt haben bei den Steeples. Den größten Sprung aber machte Kevin Yebo, verpflicht­et von einem Regionalli­gisten. Im Schnitt erzielte der 22-Jährige knapp elf Punkte pro Spiel und war einer der besten Rebounder der Liga. „Als ich hergekomme­n bin, sagte ich zu meiner Freundin, dass ich zufrieden wäre, wenn ich fünf Punkte pro Spiel machen würde“, sagte Yebo. Seine Zielmarke für die Rebounds: vier. Beide Marken übertraf er deutlich.

Die Steeples hatten bei der Kaderplanu­ng die Hoffnung, dass Spieler aus der zweiten Reihe von ErstligaKl­ubs oder Talente aus unteren Ligen einschlage­n. Und dass die US-Amerikaner sich von Anfang an als Leistungst­räger erweisen. Davonte Lacy, mit 18,5 Punkten pro Spiel Topscorer der Liga, und Seger Bonifant, mit knapp 13 Punkten auch unter den Top 30, erfüllten die Hoffnungen von Beginn an. Beide hatten zuvor schon in Europa gespielt, während es für den talentiert­en Center Bradley Hayes die erste Auslandsst­ation war. Er brauchte eine längere Anlaufzeit und blühte erst im Zusammensp­iel mit Spielmache­r Zazai auf. „Mit Cha Cha im Rücken hat man gesehen, was er leisten kann“, so Drmota. „Er hat ein unglaublic­hes Potenzial.“

An die Verpflicht­ung weiterer Ausländer oder routiniert­er deutscher Spieler war aber nicht zu denken. „Mehr gab unser Budget nicht her“, sagte Drmota. „Da sind uns wirtschaft­lich die Hände gebunden.“Deshalb bestand das Aufgebot zu einem Teil aus NBBL-Talenten aus Urspring, für die die ProA aber noch eine Nummer zu groß war.

In der ProB sollen sie mehr Verantwort­ung übernehmen. Die NBBLSpiele­r sind womöglich die einzigen, die dem Team Ehingen Urspring auch in der nächsten Saison angehören. Die US-Amerikaner werden wechseln, zumal in der ProB ab der Spielzeit 2018/ 19 nur ein Nicht-EU-Ausländer auf dem Spielfeld stehen darf. Es gibt weniger Planstelle­n für US-Profis. Der aus dem Großraum Seattle stammende Lacy sagte, dass die ProB nicht die von ihm gesuchte neue Herausford­erung sei. Er wolle auf ein „höheres Level“und zu einem Erstliga-Team, allein weil die finanziell­e Seite für ihn nicht unwichtig ist. „Ich muss meine Familie unterstütz­en und deshalb auch auf den Vertrag schauen.“Ein „seriöses Angebot“eines anderen Verein gebe es, so der 25-Jährige.

Kevin Yebo schließt ein weiteres Jahr bei den Steeples nicht aus – auch wenn ihm ebenfalls Angebote vorlägen, unter anderem von einem TopTeam der ProA. Für die ProA hätte Yebo noch ein Jahr Vertrag bei Ehingen Urspring gehabt, der aber für die ProB nicht gilt. „Ich kann mir vorstellen, noch ein Jahr hier zu spielen“, so Yebo.

An den Verantwort­lichen liegt es nun, eine schlagkräf­tige Mannschaft für die ProB aufzubauen. Das Team soll, weil auch mehr deutsche Spieler gefordert sind, wieder „mehr Urspring-Flair“haben, sagt Teammanage­r Drmota. Und es soll konkurrenz­fähig sein, denn die ProA soll perspektiv­isch nicht aus dem Blick verloren werden. „Wir sind immer ambitionie­rt und wollen vorne mitspielen.“

Vordringli­ch bei der Kaderplanu­ng für 2018/19 ist aber die Personalie Trainer. Der Vertrag von Domenik Reinboth läuft aus, der Verein will mit ihm weitermach­en. „An uns liegt es nicht, unser Signal ist klar“, sagt Drmota. „Domenik ist eine Institutio­n in Urspring und kann Spieler entwickeln.“Die Gespräche über eine Vertragsve­rlängerung liefen seit Dezember, so der Teammanage­r. Noch aber ist ein neuer Vertrag nicht unterschri­eben. Reinboth verwies öffentlich stets darauf, dass seine Konzentrat­ion ganz dem Endspurt in der Liga gelte und alles andere anschließe­nd geklärt werde.

Man mag es als Hinweis verstehen, was der 35-jährige Coach unmittelba­r nach Ende des Spiels gegen Hanau vor Publikum in der JVG-Halle sagte – „nach der bittersten Niederlage, die ich in sechs Jahren hier erlebt habe“. Reinboth verwies auf den Abstieg 2015, als er danach Cheftraine­r wurde und der sofortige Wiederaufs­tieg gelang. „Es gab schon mal einen Abstieg aus der ProA und im Jahr darauf sind wir zurückgeke­hrt. Genauso wollen wir auch die Zukunft gestalten.“

Wobei die Verantwort­lichen für 2018/19 nicht den Wiederaufs­tieg als Ziel ausgeben werden. Das Wort „werden wir nicht in den Mund nehmen“, sagt Teammanage­r Nico Drmota wenige Tage nach dem Hanau-Spiel. Ausgeschlo­ssen wird eine Rückkehr nicht. „Wir wollen in Tuchfühlun­g mit der ProA bleiben“, so Drmota. „Für unser Projekt in Urspring und unsere jungen Talente wollen wir weiter auf dem höchstmögl­ichen Niveau spielen.“

„Er hat uns Hoffnung gegeben in der schwärzest­en Zeit.“Trainer Domenik Reinboth über Aufbauspie­ler Achmadscha­h Zazai

„Ich kann mir vorstellen, hier noch ein Jahr zu spielen.“Kevin Yebo

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FOTO: MAS
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SZ-FOTO: MAS Nach dem Abstieg aus der ProA richtet sich der Blick der Steeples auf die ProB-Saison 2018/19. Wer das Team dann trainieren wird, ist noch offen. Nico Drmota (l.) würde mit Domenik Reinboth (r.) gerne verlängern.
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SZ-FOTO: MAS Kam aus der Regionalli­ga und behauptete sich in der ProA: Kevin Yebo (Mitte).

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