Essener Tafel wieder für alle
Verein beendet Aufnahmestopp für Ausländer
ESSEN (dpa) - Bundesweit sorgte die Essener Tafel für teils scharfe Debatten, nun hat sie ihren Aufnahmestopp für Ausländer nach knapp drei Monaten wieder aufgehoben. Der Vorstand des Trägervereins beschloss am Dienstag einstimmig, dass Berechtigungskarten künftig wieder unabhängig von der Nationalität vergeben werden sollen. Der Beschluss trete am Mittwochnachmittag in Kraft, sagte der Vereinschef Jörg Sartor. Weil die Ausgabe neuer Ausweise nur mittwochmorgens stattfindet, wird der Beschluss damit erst kommende Woche wirksam.
Seit dem 10. Januar hatte die Hilfsorganisation Ausländer als Neukunden bei der Essensausgabe abgelehnt und damit eine Diskussion über Armut in Deutschland ausgelöst. Die Tafel hatte den Schritt mit einem 75Prozent-Anteil an Ausländern begründet. Der Anteil sei mittlerweile auf etwa 45 Prozent gesunken, erklärte Vereinschef Sartor.
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Für die Entscheidung, keine Ausländer mehr als Neukunden aufzunehmen, hatte die Essener Tafel heftige Schelte bezogen, und Applaus von unerwünschter Seite erhalten. Selbst die Kanzlerin meinte Kritik üben zu müssen. Das hätte sie besser gelassen – wie überhaupt Politiker, Funktionäre und andere Außenstehende sich mit mehr oder weniger wohlmeinenden Tipps zurückhalten sollten, solange sie die Ehrenamtlichen im Alltag mit ihren Problemen alleine lassen.
Die inzwischen gefundene Formulierung, Familien, Alleinerziehende und Senioren bevorzugt zu bedienen, klingt geschmeidiger als der plakative Ausländerstopp. In der Sache wird sie dieselbe Wirkung erzielen. Denn die offenkundige Problemgruppe – junge, ausländische Männer – bleibt weiterhin ausgeschlossen, wenngleich mithilfe von Kriterien, die weniger Angriffsfläche bieten als bisher.
Diese Freiheit muss einer Organisation zugestanden werden, die von Spenden und vom Einsatz freiwilliger Helfer lebt. Denn wenn aufgrund untragbarer Zustände das Engagement der Ehrenamtlichen erlahmt, ist niemandem geholfen. Nicht den Armen – und schon gar nicht dem Staat, für den die Freiwilligen Woche für Woche in die Bresche springen.