Bürger beteiligen und Prozesse gestalten
Bürgermeisterwahl in Blaubeuren: Stadtoberhaupt Jörg Seibold möchte im Amt bleiben
● BLAUBEUREN - Jörg Seibold (parteilos) erinnert sich noch an seinen ersten Tag im Amt des Bürgermeisters in Blaubeuren zurück. „Es war ein schöner Sommertag“, sagt er. Genauer gesagt: Es war der 3. Juli 2002. Seither ist der heute 49-Jährige Stadtoberhaupt am Blautopf. Das will er auch bleiben und tritt bei der Wahl zum Bürgermeister am Sonntag,
15. April, erneut an.
Sein Wunsch nach einer weiteren Amtszeit sei für ihn keine Frage des Alters. Es gehe um Leidenschaft und Motivation. Das Amt koste viel Zeit und Kraft. Doch er wolle das ernst nehmen. Als Bürgermeister, so Seibold, muss er im Marathon- als auch im Sprint-Tempo zurecht kommen. Einen „Verschleiß“könne er bei sich noch nicht feststellen. Sportlich gesehen: Die tägliche Fahrt ins Rathaus nimmt er mit dem Fahrrad in Angriff.
Diskussionsfreudige Familie
Jörg Seibold ist ausgebildeter Diplomverwaltungswirt und studierter Diplomverwaltungswissenschaftler. Der Vater einer Tochter war schon immer „diskussionsfreudig“. „Meine Eltern waren politisch aktiv und es hat mich einfach interessiert. Ich komme also aus einer diskussionsfreudigen Runde“, erklärt er. Das Auslösemoment für seine politische Neugierde habe es nicht gegeben. An der Universität Konstanz habe er politikvertiefend gelernt. Innenpolitik gehörte zu einem seiner Schwerpunkte. „Ich fand Prozesse immer spannend. Damals hatte ich aber noch nicht die Idee, Bürgermeister zu werden“, erinnert sich der 49-Jährige zurück.
Gefördert und gefordert
Dieser Gedanke sei ihm erst gekommen, als er als Referent des Bürgermeisters Klaus-Peter Waldenberger in Lauffen am Neckar tätig war. „Er hat mich machen lassen; mich gefördert“, zeigt Seibold auf. Eine Klausurtagung sei dann das Schlüsselerlebnis und der „Durchbruch“gewesen: „Ich habe gemerkt, dass mir zugehört wird und mir das Spaß machen würde“, erzählt das Blaubeurer Stadtoberhaupt weiter. So sei der Gedanke an ein Bürgermeisteramt gereift.
Die Frage nach dem „Wo“stand im Raum. Seibold wollte direkten Kontakt zu den Menschen, interessierte sich deswegen mehr für die Arbeit in einer Kleinstadt. „Blaubeuren ist eine herrliche Stadt“, sagt er. Mit den gut 12 100 Einwohnern möchte er im „Dreiklang“leben und wirken. Es gehe also nicht nur darum, über Themen zu sprechen, sondern gemeinsam zu schauen, wo eine Idee herkommt und wie es weitergehen kann. „Ich werde mich jetzt für die Wahl nicht neu erfinden. Eigentlich geht es ja um Blaubeuren“, sagt Seibold. Heißt: Ihm geht es um die Bürgerbeteiligung. Seit seiner ersten Amtszeit habe er bereits mahr als 50 Bürgerversammlungen abgehalten. „Das ist einfach meine innere Haltung. Es geht darum, alle Betroffenen an einen Tisch zu holen“, so der 49Jährige.
Gemeinsam entscheiden
Er treffe die Entscheidungen nicht alleine, sondern gemeinsam mit dem Gemeinderat. „Bürger sollen verstehen, was passiert und teilhaben – sei es mit Blick auf die damalige Hallenbadschließung, den Umgang mit Flüchtlingen oder die Strukturierung der Innenstadt“, macht der amtierende Bürgermeister der Stadt Blaubeuren klar.
Wichtig sei ihm außerdem, dass Prioritäten gesetzt und dadurch auch Projekte finanziert werden können. Viele Themen würden sich um das Leben im ländlichen Raum drehen. Beispielsweise die Kinderbetreuung. 75 Erzieherinnen gebe es in Blaubeuren derzeit. „Die Kinderbetreuung oder auch ein starker Schulstandort sind Schlüsselfaktoren dafür, dass sich Menschen entscheiden, hier zu leben“, so Seibold. Hinzu komme die Infrastruktur. Wohn- und Lebensqualität seien genauso wichtig wie Raum für einen Wirtschaftsstandort. Beiningen sei ein gutes Beispiel. Mit der Erschließung eines kleinen Gewerbegebietes konnten 50 Arbeitsplätze geschaffen werden. Perspektivisch könnte das ein kleines Stück sein, das wiederum einen positiven Effekt bewirke. „Es ist einfach wichtig, dass die Menschen hier, wo sie wohnen, auch Arbeit finden“, sagt das Stadtoberhaupt. Hallenbad, Mobilität, Breitbandversorgung: Bürgerschaft brauche darüber hinaus Räume. So auch das Ehrenamt. „Was wären wir beispielsweise ohne eine Feuerwehr oder auch die Ortschaftsund Gemeinderäte?“, fragt Seibold.
Jörg Seibold weiß: Kommunale Prozesse sind nicht immer schnell. Sie sollen aber nachvollziehbar sein und zum Ziel führen. Das bedeutet, dass man sie angehen muss. Wichtige Teile seien die Innenentwicklung und der Innenstadtprozess. Projekte, wie beispielsweise die Hüle in Asch, würden je nach Priorität mit rot, gelb und grünen Punkten versehen. Alle mit und durch die Bürger erarbeiteten Vorhaben – ob kurz- oder langfristig – sind in einem gesammelten Werk festgehalten. Ein Mal im Jahr gibt Seibold einen Zwischenstand. Um die richtige Strategie geht es auch bei der Entwicklung des Zentrums. Ziel ist die Belebung. Auch dabei können sich Bürger einbringen, was sie in der Vergangenheit auch schon getan haben, um das Konzept für den Prozess zu entwickeln.
Entwicklung sei das Stichwort. Jörg Seibold betont im Gespräch mit dieser Zeitung noch einmal die Gemeinsamkeit. „Ich identifiziere mich mit Blaubeuren. Ich würde mich über eine gute Wahlbeteiligung freuen“, sagt er und gibt zu bedenken: „Eine Wahl ist auch eine Form der Bürgerbeteiligung“.