Tödliches Familiendrama wird verhandelt
Gutachter diagnostiziert beim 17-jährigen Verdächtigen eine paranoide Schizophrenie
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BIRKENHARD - Bei dem tödlichen Familiendrama vom November 2017 in Birkenhard deutet ein vorläufiges Gutachten auf eine psychische Erkrankung des damals 17-jährigen Tatverdächtigen hin. In einem Sicherungsverfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts Ravensburg wird es um eine mögliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gehen, sagte der Gerichtssprecher. Der Beginn des Verfahrens ist auf 16. Mai terminiert, es sind elf Verhandlungstage hinter verschlossenen Türen anberaumt.
Nach Erkenntnissen der Ermittler soll der zur Tatzeit 17-Jährige seine 79-Jährige Großmutter in der gemeinsamen Wohnung durch zahlreiche Stiche mit einem Küchenmesser getötet haben. Anschließend soll der Jugendliche versucht haben, seinen Vater umzubringen. Inzwischen liegt ein forensisch-psychiatrisches Gutachten vor, das die Staatsanwaltschaft Ravensburg in Auftrag gegeben hatte. Den ersten Ergebnissen zufolge leidet der Verdächtige unter einer paranoiden Schizophrenie, die in einem akuten Schub aufgetreten sein soll. Die Fachleute sprechen von einer exazerbierten Erkrankung; der für Presseauskünfte zuständige Richter am Landgericht, Franz Bernhard, übersetzt dies mit einem „ausbruchsartigen“Verlauf. Dadurch könnte die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen und der Tatverdächtige somit schuldunfähig sein.
Gutachter bei Verhandlung dabei
Davon geht die Staatsanwaltschaft aus und hat deshalb keine Anklage erhoben, sondern ein Sicherungsverfahren beantragt. Statt einer Strafe kommt im Falle einer Schuldunfähigkeit die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht. Dies kann zum Schutz der Allgemeinheit erfolgen, sofern von einer Person eine Gefahr ausgeht; außerdem erfolgt in derartigen Fällen eine Therapie, sofern medizinisch möglich. Voraussetzung für eine solche Maßregel der Sicherung und Besserung ist freilich, dass das Gericht einem Verdächtigen eine rechtswidrige Tat nachweist. Das Sicherungsverfahren folgt den üblichen Regeln der Strafprozessordnung und wie in einem Strafprozess wird eine Beweisaufnahme zum Tathergang erfolgen, sagte Gerichtssprecher Bernhard. Er wies weiter darauf hin, dass das vorliegende rechtsmedizinische Gutachten vorläufig ist. Der Gutachter müsse die Hauptverhandlung die ganze Zeit über verfolgen, die Erkenntnisse daraus flössen dann in das endgültige Gutachten vor Gericht ein. Dass hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, liegt allein daran, dass der Verdächtige zur Tatzeit minderjährig war.
Das Familiendrama hatte für große Bestürzung gesorgt. Enkel und Oma hatten unter einem Dach gewohnt. Der damals 52-jährige Vater hatte nach dem Tod seiner Frau wieder geheiratet und wohnte mit der neuen Familie woanders. Als er die getötete 79-Jährige in ihrer Wohnung fand, wurde er von seinem Sohn mit dem Messer in der Hand empfangen. Der Jugendliche verletzte damaligen Polizeiangaben zufolge den Vater und sich selbst. Der Vater konnte flüchten und alarmierte die Polizei.