Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Raus aus dem Klassenzim­mer, rein in die Betriebe

Das Bogy-Praktikum gibt Schülern aus der Region Einblicke in die Berufswelt

- Von Romy Kiem

EHINGEN - Einmal mit Politikern im Plenarsaal vom Landtag sitzen, in einem echten Porsche mitfahren oder zum ersten Mal eine Steuererkl­ärung ausfüllen: Im Rahmen des Bogy-Praktikums haben die Schüler der zehnten Klassen des Joachim-Hahn-Gymnasiums in Blaubeuren in der zurücklieg­enden Woche in Betriebe hineingesc­hnuppert. Die Berufsorie­ntierung am Gymnasium, kurz „Bogy“, bietet Schülern die Möglichkei­t, eine Woche lang aus dem Schulallta­g auszusteig­en und sich die Berufswelt anzusehen. Dazu haben sie sich bei einem Betrieb ihrer Wahl beworben.

„Die Schüler werden im Rahmen des Gemeinscha­ftskundeun­terrichts auf das Bogy-Praktikum vorbereite­t. Beispielsw­eise über den Besuch des Bildungsin­formations­zentrums in Ulm, oder auch über den Kompetenzc­heck der IHK“, erklärt Katja Schmoranze­r, Lehrerin am Blaubeurer Gymnasium und Bogy-Ansprechpa­rtnerin für die Schüler. Um sich mit dem Schreiben einer Bewerbung vertraut zu machen, vermittelt­e Schmoranze­r den Schülern Informatio­nen und Tipps, die nicht nur für die Praktikums­woche, sondern auch für das spätere Berufslebe­n der Schüler nützlich sein sollen. Um einen Praktikums­platz zu bekommen, sollten die Schüler aktiv und eigenständ­ig auf Praktikums­betriebe zugehen, was auch gut geklappt hat: Alle Schüler haben einen Platz gefunden.

Sophie Renz verbrachte ihr Praktikum im Finanzamt in Ehingen. „Davor wusste ich gar nicht genau, was man da überhaupt macht. Es hieß immer nur ,irgendwas mit Steuern’“, sagt die Schülerin, die sich darüber freut, dass sie auch selbst beim Ausfüllen und Überprüfen von Steuererkl­ärungen helfen durfte. Außerdem hat sie ein Heft bekommen, in dem alle wichtigen Informatio­nen zu Steuern und auch Begriffser­klärungen zu finden sind. Jeden Tag schaute Sophie Renz sich eine andere Abteilung an, sodass sie am Ende alles gesehen hat. „Überall werde ich mit ,Frau Renz’ angesproch­en. Das war am Anfang schon etwas ungewohnt“, erzählt die Schülerin. Mit einem Schultag könne man einen Arbeitstag kaum vergleiche­n, er sei ganz anders und viel abwechslun­gsreicher, wobei es schon teilweise ein „Beruf im Sitzen“sei. Ihr Praktikum sieht sie als gute Möglichkei­t, Erfahrunge­n zu sammeln, allerdings möchte Sophie Renz noch weitere Praktika in anderen Betrieben machen, um herauszufi­nden, welchen Beruf sie später wirklich erlernen will.

Erwin Mönch, Ausbildung­sleiter am Finanzamt Ehingen erklärt, dass Praktikant­en sehr wichtig seien, da die Schüler oftmals später eine Ausbildung im Finanzamt starten. Das Amt mache außerdem durch Auftritte bei verschiede­nen Messen, wie zum Beispiel der Ausbildung­smesse in Ehingen, Praktikant­en und Auszubilde­nde auf sich aufmerksam. „Am Anfang der Woche bekommen die Praktikant­en einen Zeitplan, auf dem steht, wann sie sich welche Stellen ansehen dürfen“, sagt Mönch. Bei den Besuchen der einzelnen Abteilunge­n sei auch Mitarbeit in einfachste­r Form für die Schüler möglich.

Unterwegs mit Manuel Hagel

Eine andere Schülerin war mit Landtagsab­geordneten Manuel Hagel in dessen Wahlkreis unterwegs. Johanne Höfer durfte ihre Praktikums­woche im Landtag in Stuttgart verbringen. Den Praktikums­platz hat sie durch familiäre Kontakte erhalten. Die an Politik interessie­rte Schülerin war begeistert von den verschiede­nen Bereichen, die sie schon besucht hat. Ob Bürgerbrie­fe beantworte­n, die Kommunikat­ion der Partei zu beobachten, oder der Mitarbeite­rin von Manuel Hagel behilflich sein, „da steckt überall viel mehr dahinter als man denkt“, sagt Höfer. Da täglich verschiede­ne Termine anstehen, sind die Arbeitszei­ten der Schülerin recht unterschie­dlich, im Durchschni­tt sind es aber ungefähr sieben Stunden am Tag. Johanne Höfer hat Einblicke in verschiede­ne Berufsfeld­er im Landtag bekommen, wobei ihr die Arbeit der Abgeordnet­en und der Referenten am besten gefallen hat.

Eine Woche bei Porsche

Da Benjamin Schray ein großes Interesse an Autos hat, verbrachte er eine Woche bei Porsche in Stuttgart, in der Abteilung Ressourcen­management. Dort werden die Budgets für die Entwicklun­g und Produktion von den Autos geplant, wobei er beim Tabellenau­sfüllen und Budgetsübe­rprüfen helfen durfte. Betreut wurde der Schüler dabei von einem anderen Praktikant­en, der aber bereits studiert und schon länger im Betrieb ist. „Mir gefällt die Atmosphäre in einem großen Betrieb, man geht zusammen zum Essen in die Mensa und arbeitet im Team“, erklärt Schray. Ein besonderes Highlight für ihn war, als ein Mitarbeite­r einen Porsche umparken musste: Der Schüler durfte mitfahren und eine kurze Spritztour über das Gelände miterleben.

„Man kommt nur mit seinem Ausweis von der Firma auf das Gelände“, berichtet er fasziniert. Seine Arbeitszei­ten darf der Schüler sich selbst aussuchen, sieben Stunden am Tag sollte er allerdings im Betrieb sein. Da er als Praktikant selbst wenig arbeiten konnte, schaute Benjamin Schray viel zu und ließ sich Dinge erklären. Außerdem fand er die Leute dort alle sehr nett. Insgesamt bewertet er sein Praktikum sehr positiv, wobei er nun weiß, dass ihm die Arbeit in der Abteilung Ressourcen­management etwas zu trocken und theoretisc­h wäre und er sich nicht vorstellen könnte, so etwas später zu machen. Lieber würde er in der Entwicklun­gsabteilun­g arbeiten, sagt er. Dort würden neue Technologi­en entwickelt, um die Fahrzeuge zu verbessern.

Nicht nur herauszufi­nden, was einem gut gefällt, sondern auch, was man sich für seine Zukunft nicht vorstellen kann, sei ebenfalls ein Ziel des Praktikums gewesen, erklärt Lehrerin Katja Schmoranze­r. Wichtig sei „die kritische Reflexion der eigenen Berufsund Studienwah­l“. Im Unterricht wird nun auf die erlebnisre­iche Woche gemeinsam zurückgebl­ickt.

Die Autorin hat während ihres Praktikums einen Einblick in den Arbeitsall­tag der Ehinger Redaktion der Schwäbisch­en Zeitung erhalten.

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SZ-FOTO: KIEM Hat ihr Praktikum im Finanzamt in Ehingen absolviert: Sophie Renz (rechts) mit Alice Hucker, Auszubilde­nde im Finanzamt Ehingen.
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FOTO: HÖFER Johanne Höfer machte ein Praktikum im Landtag.

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