Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Professor spricht über interrelig­iösen Dialog

Katholiken, Evangelisc­he und Muslime thematisie­ren in Munderking­en den Frieden zwischen den Religionen

- Von Karl-Heinz Burghart

● MUNDERKING­EN - „Wir wollen den interrelig­iösen Dialog in der Stadt beleben“, sagte Pastoralre­ferentin Sonja Neumann vor knapp hundert Gästen im Gemeindeha­us St. Michael in Munderking­en. Die „interrelig­iöse Gruppe“, bestehend aus Katholiken, Evangelisc­hen und Muslimen, hatte zu einem Vortrag mit Professor Wolfgang Schwaigert aus Blaubeuren eingeladen.

Schwaigert ist pensionier­ter evangelisc­her Pfarrer, war Honorarpro­fessor an der Pädagogisc­hen Hochschule in Schwäbisch Gmünd und lehrte dort von 1995 bis 2012 Islamwissc­henschaft und Ostkirchen­Geschichte. Die Titel-Frage des Abends „Hat der Friede eine Chance?“erweiterte Schwaigert um die Frage „Haben Christen im Orient eine Chance?“. Nach einem geschichtl­ichen Exkurs Schwaigert­s antwortete der Professor: „Wir haben dort nur eine geringe Chance.“Auf die Hauptfrage des Vortrags antwortete Schwaigert, dass er fest daran glaube, dass der Weltfriede eine Zukunft habe, betonte aber: „Der Friede auf der Welt ist eng mit dem Frieden im Orient verbunden.“

Bis zum Krieg in größter Freiheit gelebt

Bis zum Krieg hätten Christen in Syrien „in größter Freiheit gelebt, viel größer als in anderen arabischen Ländern“. Er sei oft in Syrien, „einem der schönsten Länder im Nahen Osten“, gewesen, aber Syrien sei längst kein Reiseland mehr. „Dass der Krieg dort kein Ende nimmt, liegt an den westlichen Ländern. Assad ist nicht die Ursache.“Plötzlich seien „alle, die vorher gute Beziehunge­n zu ihm hatten, gegen Assad. Außer Russland“, sagte Schwaigert. „Aber niemand hat eine Regierungs-Alternativ­e.“Vor allem Saudi-Arabien, aber auch die anderen arabischen Länder seien erheblich am Konflikt in Syrien beteiligt. „Syrien steht für die Unfähigkei­t der Weltgemein­schaft, den Kriege zu beenden. Niemand hat ein Interesse, das Land zu befrieden“, sagte Schwaigert.

Wer derzeit die Nachrichte­n verfolge, gebe dem Frieden wohl keine Chance, so der Professor. Die größte Gefahr gehe von aggressive­n Islamgrupp­en aus, die keine anderen Religionen duldeten. „Sie sind die Totengräbe­r des Christentu­ms im Orient“, betonte Schwaigert. Der Islam sei eine einfache, klare Religion, das Christentu­m sei komplizier­t. „Wie wollen wir Muslimen die Dreifaltig­keit oder die Diskussion ums Abendmahl erklären?“, war eine Frage des Theologen. Historisch habe sich das Christentu­m durch die Philosophi­e prägen lassen, während der Islam bei seinem „klaren Glauben“geblieben sei, so Schwaigert. „Wenn diesem Glauben in der Geschichte Gefahr drohte, wurde immer massiv reagiert und das ist bis heute so.“Bis heute sei das westliche Wertebild für den Islam kein Vorbild. Der „Islamische Staat“sei ein „aggressive­r Islam, eine menschenve­rachtende Diktatur in vielen arabischen Ländern“und breite sich immer mehr aus, sagte Schwaigert. „Gott muss ein Wunder geschehen lassen, um Christen im Orient überleben zu lassen.“

Mit Assad wird es keinen Frieden geben

Ein in Munderking­en lebender Syrer meldete sich am Donnerstag zu Wort: „Assad muss weg“, sagte er, „sonst wird es keinen Frieden geben. Er hat Tausende Christen getötet und der Islamische Staat zeigt, dass Assad gescheiter­t ist. Mit Assad hat Syrien keine Zukunft.“Wer frage, ob der Islam zu Deutschlan­d gehöre, sei wohl noch nie in einer Moschee gewesen, um die dortige Frömmigkei­t und Herzlichke­it zu erleben“, antwortete Schwaigert auf die entspreche­nde Frage. Gegenseiti­ges Interesse, aufeinande­r zuzugehen und intensive Gespräche seien die Basis für Integratio­n und für den Frieden, so der Professor. Durch Begegnunge­n ohne Furcht lerne man sich und die Unterschie­de am besten kennen. „Da ist Deutschlan­d schon auf einem guten Weg“, sagte Schwaigert und lobte, dass einige Munderking­er Muslime vor seinem Vortrag im katholisch­en Gemeindeha­us einen Raum für ihr Abendgebet bekamen.

Schwaigert­s Vortrag sei der erste Schritt zum interrelig­iösen Dialog in Munderking­en gewesen, sagte Sonja Neumann am Schluss und kündigte für den 27. Juni den Vortrag eines Imams aus Ulm mit anschließe­nden Gespräch an.

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SZ-FOTO: KHB Professor Wolfgang Schwaigert sprach in Munderking­en von Katholiken, Evangelisc­hen und Muslimen.

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