Recht zur Rückkehr in Vollzeit ab 2019
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legt Gesetzentwurf vor
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BERLIN - Zum 1. Januar 2019 sollen Teilzeitbeschäftigte ein Rückkehrrecht auf Vollzeit erhalten – allerdings nicht in allen Betrieben. Für Arbeitnehmer in kleineren Unternehmen sind Einschränkungen geplant. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) legte einen Gesetzentwurf vor. Die SPD und die Gewerkschaften wollen damit Frauen stärken. Arbeitgeber warnen, der Anspruch auf Vollzeit-Rückkehr koste sie notwendige Flexibilität.
Ist dieser Eingriff ins Arbeitsrecht notwendig?
„Wir wollen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Teilzeit eine Brücke bauen zurück in Vollzeit-Beschäftigung“, begründet Arbeitsminister Heil das Vorhaben. Denn Menschen in Teilzeit verdienen weniger, haben schlechtere Karrierechancen und sind besonders häufig von Altersarmut bedroht, weil am Ende die Rente nicht ausreicht. Bundesweit arbeiten 15 Millionen Menschen in Teilzeit, die meisten sind Frauen. Das Recht auf Teilzeit gibt es schon lange, es wird immer häufiger in Anspruch genommen, zum Beispiel zur Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen. Wer in die Vollzeit zurück will, wenn die Kinder größer geworden sind, muss oft in Warteschleifen oder bleibt in Teilzeit hängen. Damit will die SPD Schluss machen. „Das ist ein Gesetz, auf das wir nicht nur lange gewartet haben, sondern das die Teilzeitfalle in Deutschland beendet“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles.
Warum kommt die Reform jetzt?
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In der letzten Legislaturperiode scheiterte das Vorhaben vor allem am Widerstand des Unionswirtschaftsflügels. Auch die Arbeitgeberverbände hatten massiv Druck gemacht und vor der Überforderung kleinerer Unternehmen gewarnt. Die SPD ist auf die Bedenken eingegangen. Der nun vorliegende Gesetzentwurf sieht das Rückkehrrecht in Vollzeit nur noch für Betriebe ab 45 Mitarbeitern vor, ursprünglich sollte es schon ab 15 Mitarbeitern greifen. Für Unternehmen mit 45 bis 200 Mitarbeitern wurde überdies eine „Zumutbarkeitsgrenze“eingezogen: Lediglich einer von 15 Angestellten soll dort das Recht in Anspruch nehmen können. Weitere Änderung: Nach der Rückkehr in Vollzeit darf frühestens ein Jahr später wieder ein Antrag auf Teilzeit gestellt werden.
Bleibt der Anspruch nicht vielen Beschäftigten verwehrt?
Genau das kritisieren die Gewerkschaften und die Linkspartei. Denn Millionen Frauen in Teilzeit arbeiten in Betrieben mit weniger als 45 Mitarbeitern. 39 Prozent aller sozialversicherungspflichtig oder geringfügig Beschäftigten in Firmen sind unterhalb der 45-Mitarbeiter-Grenze angestellt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die „Zumutbarkeitsgrenze“für problematisch. Es sei unklar, „wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgewählt werden, die den Anspruch geltend machen sollen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
Was sagen die Arbeitgeber?
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Über einen „schwerwiegenden Eingriff in die betriebliche Gestaltung der Arbeitsabläufe und die unternehmerische Freiheit“beklagte sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Dieser Vorschlag ist für die deutsche Wirtschaft nicht akzeptabel und verletzt die Planungssicherheit der Betriebe massiv.“Die Arbeitgeber spielen den Ball an die Regierung zurück. Wenn jemand ungewollt in Teilzeit arbeite, liege das fast immer an fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. „Höchste Priorität“der Politik müsse deswegen der Ganztagsausbau haben.