Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Konsequent­er Einsatz rettet alte Bäume

Naturschüt­zer: Stadt lässt Gehölze zu oft und zu schnell fällen

- Von Theresa Moosmann

ULM - Als Beweis flattert ein Turmfalke über den Schreberga­rten. Dass der Vogel seinen Horst in der Kleingarte­nanlage Braunland auf dem Ulmer Safranberg behalten hat, liegt am Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND). Die Freunde der Erde, wie sich die Mitgliedes des Verbands selbst nennen, haben eine 90 Jahre alte Fichte gerettet, in der die Vögel hausen.

Die Geschichte begann im Juli vergangene­n Jahres, als Schreberga­rtenbesitz­er den BUND alarmierte­n. Die Stadt Ulm hatte vor, die Fichte abzusägen, die auf einem gepachtete­n Grundstück steht. Die Begründung: Wenn Äste herabfalle­n haftet der Grundstück­seigentüme­r, in diesem Fall die Stadt. Bei alten Exemplaren kommt das häufiger vor. Dieses Risiko war der Stadt offenbar zu groß: Nach einem Gutachten wurde der Baum als krank und nicht mehr verkehrssi­cher eingestuft.

Der BUND sah das anders und gab ein eigenes Gutachten in Auftrag. Dabei kam heraus, dass die Fichte kerngesund ist. Und vor allem: wichtig für den Artenschut­z. Das berichtet BUND-Regionalge­schäftsfüh­rerin Daniela Fischer. Die artenschut­zfachliche Überprüfun­g ergab, dass in dem Baum unter anderem zwei Fledermaus­arten leben, und Turmfalken dort ihren Horst haben. Damit hatte der BUND Handlungss­pielraum gewonnen – mehr als ein halbes Jahr lang waren die Naturschüt­zer im Gespräch mit der Stadt, um eine Patenschaf­t und damit die Verkehrssi­cherungspf­licht für den Baum übernehmen zu dürfen. Im März unterzeich­nete Fischer schließlic­h den Vertrag.

Doch warum hat sich die Stadt so lange geweigert? Und ist die Pflege von alten Bäumen wirklich so teuer? Fragen, auf die Fischer eine klare Antwort hat. „Der Stadt ist die Erhaltung der alten Bäume vor allem zu viel Arbeit“, sagt sie. Dabei sei die Pflege nicht allzu aufwendig. „Um die Fichte zu pflegen, muss ein Mal im Jahr jemand nach ihr sehen“, erklärt die Regionalge­schäftsfüh­rerin. Wenn Arbeiten nötig sind, wie zum Beispiel im vergangene­n Jahr das Absägen der Baumkrone, koste dies lediglich einige hundert Euro. Natürlich stellten alte Bäume ein größeres Risiko dar, allerdings hätten sie auch einen größeren ökologisch­en Wert. Denn: Erst wenn Äste abbrechen, können sich Hohlräume in Bäumen bilden, in denen Tiere hausen können.

Die Fichte auf dem Safranberg ist kein Einzelfall. Fischer berichtet, dass im Zuge des Straßenbah­nbaus in Ulm deutlich mehr Bäume gefällt wurden als nötig, so auch am Theater. Dort wurden bei der Einrichtun­g einer Baustelle viele Blutbuchen abgeholzt. „Uns ist bewusst dass Fällungen Gründe haben und manchmal nicht zu vermeiden sind.“, sagt Fischer. Doch die Selbstvers­tändlichke­it, mit der Bäume entfernt werden, schockiere sie. „Wenn die Stadt es anders gewollt hätte, wäre es auch anders gegangen“, meint die Naturschüt­zerin.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Die Analyse der Baumkrone, die wegen eines Blitzeinsc­hlags entfernt werden musste, dient Daniela Fischer und Bernd Kurus-Nägele als Beweis: Die Fichte, im Hintergrun­d zu sehen, ist gesund und damit ungefährli­ch.

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