28 Milliarden aus Versehen überwiesen
Anleger reagieren verstört auf Fehler des kriselnden Geldhauses – Hoffnung ruht auf Sewing
FRANKFURT (dpa) - Bei der Deutschen Bank knirscht es derzeit nicht nur im Vorstand. Im täglichen Geschäft hat das größte deutsche Geldhaus vor Ostern aus Versehen 28 Milliarden Euro überwiesen, wie ein Unternehmenssprecher am Freitag in Frankfurt bestätigte. Das Geld ging auf ein Konto der Deutschen Bank bei der Terminbörse Eurex und nicht an einen Kunden.
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FRANKFURT - An schlechten Nachrichten mangelt es für die Deutsche Bank derzeit nicht. Im täglichen Geschäft hat das größte deutsche Geldhaus nun auch noch kurz vor Ostern aus Versehen 28 Milliarden Euro überwiesen, wie ein Unternehmenssprecher am Freitag in Frankfurt bestätigte. Das Geld ging auf ein Konto der Deutschen Bank bei der Terminbörse Eurex und nicht an einen Kunden. Ursprünglich sollte eine weit geringere Summe auf das Konto fließen, deren Höhe der Sprecher aber nicht nennen wollte.
Erst ein Chefwechsel, dann verlässt die IT-Chefin das Unternehmen, nachdem sie die Bank als quasi unfähigstes Unternehmen der Welt bezeichnet hatte. Nun auch noch eine Fehlüberweisung von 28 Milliarden Euro. Noch peinlicher ist: Fehlüberweisungen sind der Bank nicht zum ersten Mal passiert. Der neue Chef der Deutschen Bank konnte aufatmen: Die Fehlüberweisung in Höhe von 28 Milliarden Euro ist offenbar haarscharf noch in die Amtszeit seines Vorgängers, John Cryan, gefallen. Der musste vor zwei Wochen seinen Hut nehmen.
Die Höhe der Fehlüberweisung dürfte alle Rekorde schlagen, die in dieser peinlichen Disziplin jemals aufgestellt worden sind. Zum Vergleich: Der Börsenwert der Deutschen Bank beträgt 24 Milliarden Euro. „Wenn solches Geld bei einem Empfänger landet, der möglicherweise unmittelbar vor der Insolvenz steht und dann auch Insolvenz anmeldet“, gibt der Aktionärsschützer Klaus Niedring von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitzer zu bedenken, „dann ist ‚Holland in Not’ – das kann dann in der Tat böse Folgen haben.“
In diesem Fall hatte es – zum Glück für das kriselnde Geldhaus – keine bösen Folgen. Denn die Überweisung erfolgte aus Sicht der Bank quasi hausintern: Von einem Konto des eigenen Hauses auf ein Deutsche-Bank-Kundenkonto bei der Terminbörse Eurex, einer Tochter der Deutschen Börse.
Die Zahlung sollte als Sicherheit für Wertpapiergeschäfte fließen. Im Handel mit abgeleiteten Wertpapieren – sogenannten Derivaten – sind Banken verpflichtet, für die jeweiligen Handelspartner Sicherheiten zu hinterlegen. Der Fehler der zu hoch ausgefallenen Überweisung sei nach wenigen Minuten entdeckt und behoben worden, teilte die Bank mit: „Wir haben die Ursachen sofort gewissenhaft untersucht und geeignete Maßnahmen ergriffen, damit sich ein solcher Fehler nicht wiederholt.“Ein finanzieller Schaden sei durch den Fehler weder der Bank noch ihren Kunden entstanden.
Nicht die erste Fehlüberweisung
Allerdings wirft die Überweisung die Frage auf, wie es um interne Kontrollen und Sicherheitssysteme bei der Bank bestellt ist. Es war eines der Chefprojekte des ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs John Cryan, die veralteten und ineffizienten IT-Systeme auf Vordermann zu bringen.
Bereits im Sommer 2015 flossen irrtümlicherweise umgerechnet rund 5,3 Milliarden Euro der Deutschen Bank an einen US-Amerikanischen Hedgefonds. Damals machte die Bank einen neuen und jungen Mitarbeiter verantwortlich, dessen Vorgesetzter gerade im Urlaub verweilte. „Ich frage mich in der Tat: Warum gehen da nicht interne Alarmsysteme an, bei einer solchen Größenordnung? Wir sprechen hier aktuell von einer Summe, die die Marktkapitalisierung der gesamten Bank übersteigt“, sagt Klaus Nieding. Liquide Mittel allerdings hat die Bank weitaus mehr als 28 Milliarden Euro, sodass solche Zahlungen grundsätzlich möglich sind.
Fehlüberweisungen geschehen im Bankwesen immer wieder – auch in der Größenordnung von mehreren Milliarden Euro. So hatte auch die staatliche KfW im vergangenen Jahr versehentlich 7,6 Milliarden Euro angewiesen, konnte das Geld aber wieder zurückholen.
Pikant ist das Ganze angesichts der aktuellen Situation der Deutschen Bank: In den vergangenen drei Jahren standen unter dem Strich der Bank jeweils Milliardenverluste; zuletzt häufte sich für das vergangene Jahr ein Verlust von rund einer dreiviertel Milliarde Euro an. Auch am Freitag reagierten Anleger verstört auf die Meldung, die Titel gehörten an der Börse unter den Dax-Werten zu den größten Verlierern. Christian Sewing, der neue Chef, soll die Bank nun wieder profitabel machen.
Erst kürzlich geriet die aus der Bank scheidende IT-Chefin Kim Hammonds in ein ungutes Licht für die Bank. Sie hatte die Bank als das „dysfunktionalste“Unternehmen der Welt bezeichnet. Hammonds wird das Kreditinstitut zur Hauptversammlung Ende Mai verlassen.