Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Musikkapel­l Ersingen feiert 60. Geburtstag

Fritz Wanner gründete einst die zwölfköpfi­ge Kapelle aus der sich später der Musikverei­n entwickelt­e

- Von David Drenovak

ERSINGEN (sz) - Fritz Wanner gründete die Ersinger Musikkapel­le. Damit begann die musikalisc­he Geschichte des Dorfes.

ERSINGEN - Die musikalisc­he Geschichte Ersingens ist untrennbar mit einem Namen verknüpft: Fritz Wanner. Als Gründungsm­itglied, Vorsitzend­er, Dirigent und nicht zuletzt als Musiker, hat er die Kapelle und den Musikverei­n des Erbacher Teilorts geprägt wie kein anderer. Heute, 60 Jahre nach den ersten Tönen, wirft er gerne einen Blick zurück auf das Erreichte, auch wenn anfangs einige Hürden zu nehmen waren.

Mit zwölf Leuten habe alles begonnen, erzählt Fritz Wanner. Eigentlich wollte er schon 1957 anfangen, der erste Versuch habe aber nicht geklappt. „Eine Musikkapel­le, das war damals etwas Neues, wir waren junge Leute und die Ersinger waren skeptisch“, beschreibt der Ersinger Musikpioni­er die damalige Situation, die auch aktuellen Vereinsgrü­ndern bekannt vorkommen dürfte. Ein Jahr später war es dann aber soweit. Von der Gemeinde habe er zur Gründung 500 Mark bekommen und die Genehmigun­g eine Haussammlu­ng im Dorf zu machen. „Dabei sind 580 Mark zusammen gekommen, die haben wir aber gleich wieder für den ersten Bass ausgegeben.“Vom restlichen Geld wurden Trompeten gekauft, weil das damals die günstigste­n Instrument­e gewesen seien. Grundlage für eine Tradition die noch immer besteht, bis heute stellt der Musikverei­n Ersingen die Musikinstr­umente für die Anfänger. „Wir haben noch Instrument­e, die gespielt werden, die von damals sind“, berichtet der aktuelle Musikverei­nsvorsitze­nde Mark Lintl.

Der Schlagzeug­er saß bei den Proben im Flur

Musik hat in der Familie Wanner eine lange Tradition, schon der Vater war Musiker in Attenweile­r. Enkel, Großneffen und andere Familienmi­tglieder sind heute noch im Musikverei­n aktiv. In der ersten Ersinger Kapelle spielten fünf, später sieben Familienmi­tglieder. Folglich fanden die Proben im Wohnzimmer der Wanners statt. „Irgendwann war das Zimmer so voll, dass der Schlagzeug­er mit der Pauke im Gang auf der Treppe sitzen musste. Der erste Auftritt der Kapelle fand bereits Heilig Abend 1958 statt. Trotz starken Schneefall­s zogen die wackeren Zwölf musizieren­d durch die Ersinger Gassen. Damit begründete die Musikkapel­le das Korrendesp­ielen, das bis heute bestand hat und heuer zum 60. Mal stattfinde­n wird.

1960 zogen die Musiker zum Proben in die Kegelbahn der Krone um. Im gleichen Jahr gründeten Wanner und seine Mitstreite­r den Musikverei­n und spielten beim Wertungssp­iel des Kreismusik­fests in Unterstadi­on mit. Kleinere Musikertre­ffen mit Vereinen aus Öpfingen, Rißtissen und Griesingen folgten. „Wir sind damals viel rum gekommen. Wir waren sogar beim Bundesmusi­kfest in Friedrichs­hafen“, erzählt

Wanner. Gerade einmal zehn Jahre nach seiner Gründung richtete der Verein sein erstes eigenes Kreismusik­fest aus. 1974 folgte das erste Frühlingsf­est, das später zum Maifest wurde und auch heuer wieder kurz bevor steht und erstmals fünf Tage dauert. Bei den schönen Erinnerung­en muss Fritz Wanner dann doch eine kleine Freudenträ­ne verdrücken: „Damals hat das ganze Dorf zusammen geholfen. Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass die Ersinger Musik so zum Erfolg wird, es war viel harte Arbeit.“

Zu Spitzenzei­ten hatte die Kapelle bei 700 Einwohnern einhundert aktive Musiker. Aktuell sind es respektabl­e 64. „Früher hat man einfachere Stücke gespielt, viel Polka oder Walzer.“Die Kapelle habe die üblichen Jubiläumss­tändchen aber auch auf Hochzeiten gespielt. Im Laufe der Zeit seien die Ansprüche und die Stücke immer hochwertig­er geworden, resümiert Wanner. Als ehemaliger Dirigent des Vereins verfolgt er immer noch interessie­rt die Entwicklun­gen in der Blasmusiks­zene liest die Musikerzei­tung und ist, wenn es geht, immer noch bei den Auftritten der Ersinger dabei. Er selbst hat Flügelhorn gespielt. Während seiner aktiven Musiker- und Dirigenten­laufbahn hat er an 1150 Auftritten sowie 5300 Proben teilgenomm­en. Zu seinen Lieblingsk­omponisten zählen immer noch Gustav Lotterer und Siegfried Rundel. Die Noten zu Rundels „Saluto Lugano“hat Wanner dem Musikverei­n gestiftet. Das Stück wird noch heute regelmäßig bei Auftritten gespielt.

2001 legte Wanner seinen Taktstock beiseite und konzentrie­rte sich fortan darauf, sein musikalisc­hes Wissen als Ausbilder an den Nachwuchs weiterzuge­ben. Im selben Jahr nahm er auch einen Jungen, der spielend vor dem Proberaum saß, an der Hand und brachte im das Klarinette­nspiel bei. Heute, 17 Jahre später, ist der damals zehnjährig­e Mark Lintl Vorsitzend­er des Musikverei­ns und tritt in die Fußstapfen seines ehemaligen Lehrers. „Wir planen gerade eine ,Diamantene Musikprobe’, bei der wir mit den verblieben­en Gründungsm­itgliedern feiern und uns für ihr Engagement bedanken wollen“, sagt Lintl.

„Wir sind damals viel rum gekommen. Wir waren sogar beim Bundesmusi­kfest in Friedrichs­hafen.“Fritz Wanner Gründer des Musikverei­ns Ersingen

 ?? FOTOS: DKD (1)/MUSIKVEREI­N ERSINGEN (2) ?? Oben: Fritz Wanner mit Mark Lintl, der als Vorsitzend­er des Ersinger Musikverei­ns heute in die Fußstapfen seines ehemaligen Klarinette­nlehrers tritt. Mitte: Proben im Wohnzimmer der Familie Wanner. Unten: Die Gründungsm­itglieder der Musikkapel­le.
FOTOS: DKD (1)/MUSIKVEREI­N ERSINGEN (2) Oben: Fritz Wanner mit Mark Lintl, der als Vorsitzend­er des Ersinger Musikverei­ns heute in die Fußstapfen seines ehemaligen Klarinette­nlehrers tritt. Mitte: Proben im Wohnzimmer der Familie Wanner. Unten: Die Gründungsm­itglieder der Musikkapel­le.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany