Heeresmusikkorps überzeugt mit jiddischen Klängen
280 Personen im Publikum lassen Konzert zum Erfolg werden – Schelklinger Dieter Vogel spielt Saxophon
● SCHELKLINGEN - Mit einem Paukenschlag und Trompetensolo startete das Heeresmusikkorps Ulm sein Benefizkonzert in Schelklingen. Richtig schmissig wurde es nach der Pause. Dann trat Stabsfeldwebel Frank Gutewort als Sänger und Unterhalter an den Bühnenrand. Seine Uniform hatte er abgestreift und war in einen Frack geschlüpft. Mit Gesang und Witz sowie Klarinettenspiel sorgte er für sehr viel Auflockerung. Gutewort gab den Conferencier, der zuerst allerhand gute Wünsche verteilte und diese humoristisch aufpeppte. So gratulierte er einer angeblich 100-Jährigen im Publikum – verbunden mit besten Wünschen ihrer Eltern, was die 280 Personen im Publikum mit fröhlichem Lachen quittierten. Ein Geburtstagskind in den Reihen der 50 Musikanten wurde beglückwünscht und ein am Konzerttag frisch gebackener Vater von zwei Söhnen. Frech fügte der Sprecher hinzu: „Beide Mütter sind wohlauf.“
Publikumsbeteiligung
Für alle Frauen sang der Stabsfeldwebel unter seinem Zylinder das Solo „Bei mir bistu shein“– ursprünglich für ein jiddisches Musical in den 1930er-Jahren geschrieben. Dirigent, Oberstleutnant Matthias Prock, der das Heeresmusikkorps Ulm wie vor fünf Jahren beim vormaligen Besuch in der Achstadt versiert leitete, stellte sich derweil zur Seite und wartete. Vielfältig und mit Publikumsbeteiligung ging es weiter. Den Walzer „Wiener Praterleben“von Siegfried Translateur wertete Musikvereinsvize Thomas Tonnier mit passenden Pfiffen aus der letzten Reihe passgenau auf. Mit Auszügen aus „A Chorus Line“von Marvin Hamlish kam abermals ein bekanntes Musical zum Vorspiel. Aus der Oper „Die Hugenotten“folgte ein Marsch. Als Zugaben hatten die Musiker – mit einem Viertel Frauenanteil – noch Billy Joels modernes, flottes Stück „Root Beer Rag“auf der Pfanne.
Wer unvorbereitet das neueste Konzert des Heeresmusikkorps‘ in Schelklingen besuchte und reine Heeresmusik mit Märschen erwartet hatte, konnte vielleicht im ersten Teil enttäuscht sein. Doch der Musikverein Stadtkapelle Schelklingen hatte vorab mitgeteilt, dass es ein thematisches Konzert sein würde. Alles drehte sich um Kompositionen von Musikern und Arrangeuren mit jüdischen Wurzeln, was bei den Stücken zum Auftakt noch nicht deutlich hörbar war, zum Beispiel bei der „Fanfare for the Common Man“, der Ouvertüre für Harmoniemusik und vier Tänzen aus dem Musical „Westsidestory“, geschaffen von Aaron Copland, Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen Eltern zum Christentum konvertiert waren, und Leonard Bernstein. Voll zur Geltung kam das Jüdische bei „Jiddischen Tänzen“von Adam Gorb. Das dreisätzige Stück bildete sich laut Ansager aus chassidischen, dann eher türkischen und zum Abschluss rumänischen Klängen. Beim zweiten Satz dürfe man an einen tanzenden Derwisch denken, hieß es, wobei der Zuhörer doch insgesamt den Einfluss jüdischer Musikmacher auf die Filmindustrie Hollywoods zu hören vernehmen konnte.
New York, London, Amsterdam
Zwischendurch gab es Aufklärung über jiddische Musik und die jiddische Sprache, auch als „JiddischDeitsch“bekannt. Die größten jiddisch-deitschen Gruppen, was von Orthodoxen gesprochen wird, gebe es heute noch in New York, London und Amsterdam, also noch vor Jerusalem. „Kleszmer“sei eine Wortschöpfung aus Krug und Melodien, während also im Deutschen gerne ein Strauß von Melodien serviert ist, ist es dort ein Krug voll Melodien. Frank Gutewort präsentierte Auszüge aus einem 27-strophigen Gedicht über das Madele, das Margeriten suchte und ein lockiges Bubele fand, was Mammele nicht erfahren sollte.
Ein Schelklinger, gar Musikvereinsmitglied, gehört zum Heeresmusikkorps Ulm. Es ist Saxophonist und Stabsfeldwebel Dieter Vogel. Rund zehn ähnlich Musikkorps hat die Bundeswehr derzeit in Deutschland: unter anderem ein Marine-, zwei Luftwaffen-, ein Ausbildungsmusikkorps und die Bundeswehr Bigband, wusste Vogel auf Nachfrage zu berichten. Zu den eher seltenen Instrumenten im Heeresmusikkorps Ulm gehörten am Mittwochabend in Schelklingen, ein Kontrabass, zwei Fagotte, eine Tuba mit Schalldämpfer, und für die typisch jiddischen Klänge eine Es-Klarinette, mit hellem, hohem Flötenklang. Der Erlös soll Kindereinrichtungen in der Kernstadt und der Jungmusikerausbildung zugutekommen.