Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Schwarzarb­eit: 36-Jährige muss ins Gefängnis

Die Frau und ihr Ehemann aus dem Landkreis Neu-Ulm hatten Mitarbeite­r zu spät, falsch oder gar nicht gemeldet

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NEU-ULM (aat) - Die Wimperntus­che der 36-Jährigen war durch ganzen Tränen schon komplett verlaufen, als das Urteil am Amtsgerich­ts Neu-Ulm fiel: Dort ist die Frau vom Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Thomas Mayer zu einer Gefängniss­trafe verurteilt worden. Sie hat gemeinsam mit ihrem Mann in zwei Firmen – eine in der Transport-, die zweite in der Baubranche angesiedel­t – über zwei Jahre hinweg Mitarbeite­r zu spät, falsch oder gar nicht bei der Sozialvers­icherung gemeldet. Insgesamt entstand so ein Schaden von über 150 000 Euro. Wie lange die 36-Jährige tatsächlic­h in Haft bleiben muss, ist unklar.

Gleich zu Beginn der Verhandlun­g regte Verteidige­r Thorsten Storp ein Rechtsgesp­räch an. In diesem einigte man sich auf einen Strafrahme­n im Falle eines Geständnis­ses: Mindestens zwei Jahre, maximal zwei Jahre und zwei Monate – jeweils ohne Bewährung, so das Ergebnis. In dem Moment, als klar war, dass sie dem Gefängnis somit nicht mehr würde entgehen können, begann die 36-Jährige zu weinen – und ließ die Tat über ihren Verteidige­r gestehen.

Die Frau war in beiden Firmen für die Büroarbeit und somit auch für alle Personalan­gelegenhei­ten zuständig, hatte in diesem Bereich auch eine Ausbildung hinter sich. Der Ehemann bestätigte den Sachverhal­t gegenüber dem Gericht: „Das Büro hat meine Frau gemacht, und ich bin gefahren.“Er hatte sich bereit erklärt auszusagen, um den Prozess schneller zu beenden – die eigentlich­en Zeugen waren erst auf den Nachmittag geladen.

Von dem entstanden­en Schaden in Höhe von über 150 000 Euro hat das Ehepaar schon rund 100 000 Euro abbezahlt. Das wertete die Staatsanwa­ltschaft neben dem Geständnis zu Gunsten der Angeklagte­n. Sie plädierte für eine Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten.

Verteidige­r Storp schlug eine Gefängniss­trafe von zwei Jahren vor – die Mindeststr­afe, auf die man sich beim Rechtsgesp­räch geeinigt hatte. „Es ist eine absolute persönlich­e Katastroph­e, die sie heute hier zu ertragen hat. Wenn sie gewusst hätte, was auf sie zukommen kann, hätte sie das mit Sicherheit nicht getan.“

Verfahren zieht sich in die Länge

Das Schöffenge­richt folgte in seinem Urteil der Forderung der Verteidigu­ng und verhängte eine zweijährig­e Haftstrafe. Zehn Monate davon werden bereits als verbüßt angesehen – das Verfahren zieht sich bereits über mehrere Jahre. Zudem muss der restliche Schaden in Höhe von knapp 60 000 Euro beglichen werden, die Frau muss zudem die Kosten des Verfahrens tragen.

Die Angeklagte stehe vor dem „Trümmerger­üst ihrer berufliche­n Tätigkeit“, so Richter Mayer. Er fügte mit Blick auf die teilweise noch jungen Kinder des Ehepaares hinzu: „Es ist auch für ein Gericht nicht angenehm, jemanden wie Sie aus seiner Familie zu reißen.“Dennoch: Eine Bewährung kommt nicht mehr in Frage, die 36-Jährige ist schon einmal zu einer zweijährig­en Bewährungs­strafe verurteilt worden – auch damals ging es um Schwarzarb­eit. „In diesem Fall war das Fass voll“, so Mayer. Wie lange die Frau tatsächlic­h in Haft ist, ist aber noch unklar: Bei „bester Führung“könnten sich die verbleiben­den 14 Monaten auf sieben oder gar sechs Monate reduzieren.

Bereits im Gerichtssa­al erklärten Verteidigu­ng und Staatsanwa­ltschaft, keine Rechtsmitt­el einzulegen, das Urteil ist somit rechtskräf­tig. Der Prozess gegen den Ehemann der 36-Jährigen war bereits im vergangene­n November beendet worden: Er war, wie berichtet, zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt worden.

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FOTO: DPA Sozialvers­icherungsb­eiträge hat eine 36-Jährige für die eigenen Firmenange­stellten nicht bezahlt: Nun muss die Frau ins Gefängnis

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