Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ulmer Radare gehen in Serie

2017 trennte sich das Rüstungsun­ternehmen Hensoldt vom Airbus-Konzern ab Veränderun­gen am Standort Ulm

- Von Franziska Wolfinger

BERLIN/ULM - Am Ulmer Standort des Rüstungsun­ternehmens Hensoldt tut sich bald was. Geschäftsf­ührer Thomas Müller spricht sogar von einer vollkommen­en Veränderun­g des größten Produktion­sstandorts des Unternehme­ns. Der Paradigmen­wechsel liege in der Umstellung von der Einzelfert­igung zur Serienfert­igung, sagt Pressespre­cher Lothar Belz.

Bisher seien die Radare in Handarbeit hergestell­t worden. Nun will Hensoldt aber mehr Aufträge annehmen. Um die parallel abzuarbeit­en, müsse die Produktion automatisi­ert werden. Das sei eine Entwicklun­g, die dem Standort nur gut tue und ihn auch langfristi­g sichere, sagt Sprecher Belz. Der Output des Unternehme­ns werde sich vervielfäl­tigen. Von einem der größeren Modelle sollen dann beispielsw­eise 50 statt wie bisher zwischen zehn und zwölf Geräte pro Jahr das Werk verlassen.

Am Ulmer Standort arbeiten derzeit rund 2000 Mitarbeite­r von Hensoldt und etwa 500 Airbus-Angestellt­e. Airbus hatte vor genau einem Jahr seine Verteidigu­ngselektro­nikSparte ausgeglied­ert und an einen Investor verkauft. Daraus ging Hensoldt hervor.

Zaun trennt Unternehme­n

Weil Rüstungsun­ternehmen allerdings der Geheimhalt­ung unterliege­n, müssen die beiden Unternehme­n dafür sorgen, dass die Firmengehe­imnisse auch bei der jeweiligen Firma bleiben. So musste etwa das IT-System von Hensoldt und Airbus getrennt werden, sagt Sprecher Belz. Außerdem werde derzeit ein Zaun auf dem Betriebsge­lände errichtet. Auf der einen Seite werden künftig die Airbus-Angestellt­en arbeiten, auf der anderen die von Hensoldt.

Doch die Unternehme­nsführung von Hensoldt sieht nicht für den Ulmer Standort eine positive Zukunft voraus. Chef Müller gibt sich bei einer Pressekonf­erenz auf der Berliner Luftfahrtm­esse ILA hochzufrie­den mit dem Verlauf des ersten Geschäftsj­ahres. 2017 seien bei Hensoldt Aufträge im Wert von 1,2 Milliarden Euro eingegange­n, der Umsatz lag bei knapp 1,1 Milliarden Euro. An die Mitarbeite­r sei eine Erfolgsbet­eiligung von je 2625 Euro ausbezahlt worden, schreibt das Unternehme­n in einer Pressemitt­eilung.

Das mit dem Investor vereinbart­e Ziel, bis 2020 einen Jahresumsa­tz von zwei Milliarden Euro zu erreichen, hält Müller für gut machbar. Um weiter zu wachsen will Hensoldt weitere Firmen übernehmen. Das junge Unternehme­n habe es in nur einem Jahr geschafft, eine neue Identität aufzubauen und sich eine anerkannte Position im Markt für Sensoren, Optronik und Avionik zu erarbeiten, sagt Müller.

Auch an der Vertriebss­trategie hat das Unternehme­n gefeilt. Sabine Hipp, die für Verkauf und Marketing zuständig ist, berichtet, Hensoldt sei nun in über 18 Ländern aktiv. Die deutsche Bundeswehr sei zwar der Hauptkunde, doch durch den schnellen Aufbau von Vertriebsn­etzen habe auch der Export zugenommen.

Drohnen abfangen

Dabei produziert Hensoldt nicht nur für das Militär. So soll etwa der „Dronecatch­er,“den Müller als Neuentwick­lung von Hensoldt vorstellte, auch im zivilen Bereich zum Einsatz kommen. Das Gerät könne feindliche Drohnen mit einem Netz aus der Luft fischen und sicher auf den Boden bringen, wo sie dann unschädlic­h gemacht werden sollen. Drohnenang­riffe seien ja längst nicht mehr nur im militärisc­hen Bereich denkbar, sagte Müller.

Auf der ILA zeigte Hensoldt außerdem erstmals sein neues Passivrada­r. Es sendet selbst keine Strahlen aus, sondern empfängt nur, so könne das Gerät von anderen Radaren nicht geortet werden. Einsatzber­eiche für die hochempfin­dlichen Digitalemp­fänger sieht Müller in der Luftvertei­digung, im Schutz von Großverans­taltungen und in der Flugsicher­ung.

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FOTO: HENSOLDT Den verbotenen Start einer Drohne rund um Flughäfen kann Hensoldts Technik erkennen und umgehend eine eigene, schnelle Drohne losschicke­n, die den Quadrokopt­er abfängt.

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