Nicht alles auf einmal und breit streuen
Finanzexperten beantworten im Rahmen der SZ-Telefonaktion Fragen zur Geldanlage
RAVENSBURG (sz) - Die Deutschen sind wohlhabend wie nie zuvor. Doch viele Sparer sind verunsichert. Welche Anlagenformen sind noch attraktiv? Fragen zur Geld- und Vermögensanlage beantworteten im Rahmen der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“die vier Finanzexperten Jürgen Diemer, Oliver Möller, Stephan Radeke und Wolfgang Raichle vom Bundesverband deutscher Banken.
Bitcoin, was ist das? Lohnt sich das?
Bitcoin ist eine virtuelle Währung, hinter der keine Notenbank und kein Staat steht. Es handelt sich um ein hochspekulatives Finanzprodukt. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals lässt sich nicht ausschließen. Bitcoins oder andere Kryptowährungen sind als Anlage nicht zu empfehlen.
Ich habe 30 000 Euro, die ich für etwa fünf bis zehn Jahre anlegen möchte. Neben diesem Geld besitze ich bereits etwa 20 000 Euro in Aktien sowie eine Rücklage für Notfälle. Was schlagen Sie vor?
Wenn Sie Wert legen auf Renditechancen und mit Aktien gute Erfahrungen gemacht haben, könnten Sie die Aktienanlage beispielsweise durch Mischfonds oder internationale Aktienfonds ergänzen. Legen Sie die 30 000 Euro nicht auf einmal an, sondern nach und nach in Teilbeträgen. So minimieren Sie das Schwankungsrisiko und vermeiden es, möglicherweise zu Höchstkursen einzusteigen.
Wie können junge Menschen am besten für die Altersvorsorge sparen?
Für die Altersvorsorge sollte man mehrere Bausteine nutzen. Zum einen gibt es staatlich geförderte Angebote wie Riesterverträge und die vermögenswirksamen Leistungen. Weiterhin ist an eine betriebliche Altersvorsorge zu denken. Und zum Dritten lohnen sich langfristig Fondssparpläne für den Vermögensaufbau. Vor allem Sparpläne mit Aktienfonds oder ETFs (Exchange Traded Funds, das sind börsengehandelte Indexfonds) sind auf lange Sicht lukrativ. Fondssparpläne haben darüber hinaus den Vorteil, dass der Anleger sehr flexibel damit sparen kann. Er muss sich auf keine Laufzeit festlegen, das Kapital bleibt jederzeit verfügbar und die Sparrate kann jederzeit verändert werden. Außerdem sind zwischendurch Sondereinzahlungen möglich.
Ein Geldbetrag von 250 000 Euro soll für einen Immobilienkauf der Tochter verwendet werden. Allerdings ist noch kein Objekt in Sicht, ein Termin für einen Immobilienkauf also noch nicht bekannt. Wie legt man in der Zwischenzeit sinnvoll an?
Wenn das Geld liquide gehalten werden soll, gibt es dafür keine Rendite. Die Verzinsung für ein Tagesgeldkonto tendiert gegen null. Ihre Tochter könnte aber beispielsweise zwei Drittel der Summe liquide halten für einen Immobilienkauf und ein Drit- tel in gemischten Aktien- und Rentenfonds anlegen, um wenigstens etwas Rendite zu erzielen. Dafür müssen jedoch Wertschwankungen hingenommen werden.
Gibt es bald wieder höhere Zinsen?
In den USA hat die Notenbank die Zinsen bereits mehrfach angehoben. Dort ist auch der Zins für Staatsanleihen bis auf annähernd drei Prozent für zehnjährige Papiere gestiegen. In Europa und damit auch in Deutschland hält die Europäische Zentralbank dagegen an ihrer Nullzinspolitik fest. Mit einer Leitzinserhöhung ist aus heutiger Sicht wohl erst 2019 zu rechnen. Mit etwa 0,6 Prozent ist die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen in den letzten zwei Jahren zwar leicht gestiegen, aber deutlich unter dem Zinsniveau in den USA.
Wie schätzen Sie die Perspektiven für den Aktienmarkt ein? Soll man Aktien nach den Kurssteige- rungen der letzten Jahre lieber verkaufen?
Natürlich kann es nicht schaden, nach neun Jahren Kurssteigerungen einen Teil der Aktien zu verkaufen, um Gewinne mitzunehmen. Doch was wollen Sie dann mit dem Geld machen? Im verzinsten Bereich gibt es nach wie vor keine nennenswerte Rendite. Ein Rückschlag an den Aktienmärkten ist jederzeit möglich. Doch solange die Wirtschaft weiter wächst, bleiben die fundamentalen Aussichten für Aktien gut.
Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Gold zu kaufen, wenn man Geld sicher anlegen möchte?
Gold ist keine wertstabile Anlage. Gold ist eher spekulativ, da man nur von steigenden Goldpreisen profitieren könnte. Ansonsten bringt Gold keine Erträge. Die künftige Entwicklung des Goldpreises lässt sich nicht abschätzen. Gold eignet sich als Beimischung zu einem breit gestreuten Vermögen mit etwa fünf bis zehn Prozent.
Ich bin 56, alleinstehend und berufstätig. Neben meiner Rücklage für Notfälle möchte ich 75 000 Euro anlegen. Möglicherweise soll das Geld für den Kauf einer Eigentumswohnung in fünf bis zehn Jahren dienen. Dann müsste das Geld verfügbar sein. Was raten Sie mir?
Wenn Sie das Geld auf dem Sparkonto lassen würden, müssten Sie aufgrund der Inflation mit einem schleichenden Kapitalverlust rechnen. Die Lösung könnte eine Anlage breit gestreut in Fonds sein. So ist eine Rendite möglich, die über die Inflationsrate hinausgeht. Bei Bedarf könnten Sie Fondsanteile jederzeit verkaufen. Lassen Sie sich von zwei oder drei Anbietern beraten, um ein individuelles Anlagekonzept zu erhalten.
Ist eine Geldanlage bei einer niederländischen Bank sicher?
Die europäische Einlagensicherung gilt für Banken, die in Europa ihre Zulassung haben. Sie schützt europaeinheitlich bis zu 100 000 Euro pro Einleger. Geschützt sind Guthaben auf Giro- und Sparkonten, Tagesgeldund Festgeldkonten. Hinzu kommen gegebenenfalls noch nationale Einlagensicherungssysteme.
Unser dreijähriger Sohn hat 35 000 Euro vom Großvater geerbt. Fünf bis zehntausend möchten wir flexibel für unseren Sohn anlegen, der Rest kann langfristig investiert werden. Wie würden Sie es machen?
Den flexiblen Teil auf ein Tagesgeldkonto zur laufenden Verfügung. Etwa je 10 000 Euro beispielsweise in Immobilienfonds und Aktienfonds. Darüber hinaus könnte eine Kinderunfallpolice mit Beitragsrückgewähr eine Möglichkeit sein.
Soll ich mich von Aktienanlagen trennen? Ich bin jetzt im Ruhestand, die Schwankungen sind mir zu hoch …
Wenn Sie in Aktien investieren, müssen Sie immer mit Schwankungen rechnen. Da es kaum eine Verzinsung für alternative Anlagen gibt, würde ich solange in Aktien beziehungsweise Aktienfonds bleiben, wie es geht. Sie könnten ja immer mal wieder Teilbeträge von 15 bis 20 Prozent aus der Anlage verkaufen, um die Aktiengewichtung zu reduzieren.
Stimmt es, dass bei Altbeständen von Investmentfonds die Steuerregeln zum 1. Januar 2018 geändert wurden?
Ja, die Kursgewinne von Altbeständen, die bis zum 31. Dezember 2017 anfielen, sind steuerfrei. Ab dem 1. Januar 2018 anfallende Kursgewinne von Fonds sind dagegen grundsätzlich steuerpflichtig. Hierfür gibt es allerdings einen Freibetrag von 100 000 Euro pro Anleger. Erst wenn dieser Freibetrag aufgebraucht wird, sind Erträge zu versteuern.
Wir sind Rentner, haben 260 000 Euro auf dem Girokonto, zwei Sparbücher mit je 100 000 Euro, für 170 000 Euro Fonds und Lebensversicherungen über 150 000 Euro, die in wenigen Jahren fällig werden. Die Rente reicht für die täglichen Ausgaben. Sollen wir etwas ändern?
Auf den Sparbüchern frisst die Inflation das Geld nach und nach auf, weil es dort kaum noch eine Verzinsung gibt. Das Gleiche gilt für das Girokonto. Sie sollten ein Beratungsgespräch mit Ihrer Bank vereinbaren, um ein maßgeschneidertes Anlagekonzept zu entwickeln, das auf Ihre persönlichen Verhältnisse zugeschnitten ist. Wenn Ihnen das nicht zusagt, holen Sie sich bei einem weiteren Geldinstitut ein zusätzliches Angebot ein.