Ulm rüstet auf
Neues Sicherheitskonzept berücksichtigt Drogenszene, Prostitution und sogar die Stadtreinigung
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ULM - Ein Auszug aus dem gestrigen Polizeibericht verdeutlicht die Problemlage: Zwei offenbar betrunkene junge Frauen Anfang 20 prügelten sich am Montagnachmittag gegenüber des Hauptbahnhofs. Eine auf frischer Tat kurze Zeit später ertappte Ladendiebin, die als aggressiv beschrieben wird und die Beamten beleidigte, entpuppte sich als die gesuchte Angreiferin.
Wie mehrfach berichtet, hat sich die für Großstädte typische Bahnhofs-Szene von Drogenabhängigen, Trinkern und Obdachlosen aufgrund zahlreicher Baustellen vom direkten Bahnhofsumfeld auf die Fußgängerzone in der Bahnhofsstraße verlagert. Trotz statistisch sinkender Kriminalitätsziffern und des von Polizei und Politik unisono beschworenen Rufs „Ulm ist sicher“, sehen sich das Rathaus und die Hüter von Sicherheit und Ordnung gezwungen, auf zunehmende öffentliche Empörung zu reagieren. „Es muss etwas geschehen“, forderte etwa, wie berichtet, Ulms Citymanager im Herbst vergangenen Jahres.
Nun geschieht etwas: Am Mittwoch ist ein unserer Zeitung vorliegendes Papier mit dem sperrigen Titel „Sicheres Ulm – Sicherheitskonzeption zwischen der Stadt und dem Polizeipräsidium Ulm“Thema im Gemeinderat. Darin ist die Rede von einer „Häufung der Ordnungsstörungen“in der Ulmer Innenstadt. Es seien aber bereits mit Erfolg „Maßnahde menpakete“geschnürt worden. Im Kern: Die Stadt Ulm werde den „Kommunalen Ordnungsdienst“, der mit polizeiähnlichen Befugnissen ausgestattet ist, für jährlich 146 000 Euro von sechs auf acht Stellen aufstocken.
Kampfansage an die offene Drogenszene
Grundlage der Konzeption ist unter anderem eine Begehung „sicherheitsrelevanter Plätze“im Innenstadtbereich. Es heißt in der Konzeption zwar, dass die Bildung offener Drogenszenen konsequent unterbunden werde. Allerdings wird in dem Papier auch konstatiert, dass die obere Bahnhofstraße durchaus mit Problemen zu kämpfen habe. So heißt es etwa, dass bekannt sei, dass die Heckenbepflanzung der Baumrondelle als Verstecke für Betäubungsmittel genutzt werde. Auch gebe es „zum Teil“einen offenen Handel mit Drogen.
Konsumiert würden die illegalen Stoffe auf der Toilette des nahen McDonalds. Außerdem sei die Bahnhofstraße Aufenthaltsort von Substitutionspatienten in teilweise berauschtem Zustand. Polizei und Stadt wollen laut den im Papier festgeschriebenen „möglichen Maßnahmen“die Kontrolldichte erhöhen und die Ausleuchtung weiter verbessern. Auch der Bereich hinter dem Deutschhaus, also dem Parkhaus zwischen Kaufhof Galeria und C&A, sei als Treffpunkt problematischer Gruppen bekannt. Der Innenhof wer- häufiger von Drogenhändlenr und Drogenkonsumenten besucht. Auch hier würden Betäubungsmittel in den Bepflanzungen gebunkert.
Ein anderer Brennpunkt, der im Herbst bei einem Sicherheitsgipfel mit Vertretern aus dem Rathaus, der Polizei und dem Gemeinderat beklagt wurde, ist offenbar keiner mehr: Im Bereich des Personaleingangs von Peek & Cloppenburg in der Mühlengasse wurden Ansammlungen von teilweise aggressiv auftretenden Jugendlichen beklagt. Dank der Installation von Überwachungskameras habe sich die Situation deutlich entspannt. In der Sitzungsvorlage der Verwaltung heißt es, Sauberkeit sei eine „Vorstufe von Sicherheit“. In den nächsten Monaten soll ein bestehendes Konzept unter dem Titel „Ulm ist sauber“fortgeschrieben werden. Die Begehung sicherheitsrelevanter Plätze legt nahe, wo die Stadt ansetzen wird: So wird darüber geklagt, dass auf dem kleinen Plätzchen an der Dreikönigsgasse „osteuropäische Trinker“und Drogenkonsumenten ihre „große und kleine Notdurft“verrichten. Beklagt würde auch das vermehrte Auftreten von großen Ratten an der Kleinen Blau am Deutschhaus. Im Visier der Saubermänner ist zudem der Bahnhofssteg, der künftig per kürzerer Reinigungsintervalle von seinem „hohen Verschmutzungsgrad“befreit werden soll.
Auch das Thema Prostitution ist Teil des Sicherheitskonzepts. Wie es seitens der Verwaltung heißt, wurden durch das neue Prostituiertenschutzgesetz Anmeldebescheinigungen an 140 Prostituierte ausgestellt. Die Prostituierten stammen demnach vornehmlich aus Südosteuropa, hauptsächlich aus Rumänien. Die bestehenden Bordellbetriebe müssen aufgrund der neuen Gesetzgebung einen erneuten Antrag auf Konzessionierung ihres Betriebes stellen. 22 Anträge liegen der Verwaltung vor. Laut Sicherheitskonzept wollen Polizei und Stadt Ulm durch ein „abgestimmtes Vorgehen“schwerste Straftaten wie Menschenhandel oder Zwangsprostitution unterbinden. Eine bedeutende Rolle kommt hier auch Ela, einer relativ neuen Beratungsstelle der Aidshilfe, zu.