Munderkinger im Krematorium
Wie eine Verbrennung abläuft, haben Interessierte bei einer Führung in Ulm erfahren
MUNDERKINGEN (sz) - Auf Einladung der VHS haben sich Interessierte im Krematorium in Ulm umgeschaut und mehr über die Kremation erfahren.
●
● MUNDERKINGEN - Wie eine Verbrennung abläuft, das haben sich 44 Munderkinger auf Einladung der örtlichen Volkshochschule und Munderkingens Bürgermeister Michael Lohner im Krematorium in Ulm angeschaut. Bei diesem besonderen Blick hinter die Kulissen sollten Ängste und Vorurteile abgebaut werden.
Im vergangenen Sommer hatte Bürgermeister Michael Lohner zahlreiche Interessierte über den Munderkinger Friedhof geführt und dabei die neuen Urnen-Bestattungsfelder in der Anlage vorgestellt. Weil während der Führung einige Fragen aber auch Bedenken gegenüber der Feuerbestattung aufkamen, bot Lohner bei dieser Gelegenheit an, einen Besuch im Krematorium in Ulm zu organisieren.
44 Interessierte, darunter zwei Drittel Frauen, haben nun die Gelegenheit wahrgenommen und einen Blick ins Ulmer Krematorium geworfen. Worum es bei dem Besuch gehen würde, wurde den Munderkinger spätestens bei der Ankunft am Krematorium klar. Denn bevor die Besucher selbst das Gebäude betreten konnten, mussten sie einem Leichenwagen Platz machen. Ein Bestattungsunternehmen lieferte einen Verstorbenen zur Kremation an.
Den Weg, den dieser in den folgenden Tagen gehen würde, verfolgten die Besucher gemeinsam mit Michael Weigelt vom Krematorium nach. Sie erfuhren, dass in Ulm 2300 Verstorbene im Jahr verbrannt werden. „Die Urnenbestattungen machen inzwischen 60 Prozent aus, nur 40 Prozent wählen eine Erdbestattung“, erklärte Elmar Baur vom Ehinger Bestattungsunternehmen, der die Gruppe ins Krematorium begleitet hatte. Er fügte hinzu, dass in Deutschland Friedhofszwang herrsche, weswegen Asche nicht einfach auf einem See oder in der Luft verstreut werden dürfe.
Die Angst, dass vielleicht eine Verwechslung geschieht oder durch eine Verbrennung ein eventuelles Verbrechen vertuscht werden könne, nahm Michael Weigelt den Besuchern. „Bevor der Verstorbene verbrannt wird, wird alles nochmal geprüft, wenn irgendetwas nicht stimmt, lassen wir die Leichen auch schon mal wieder abholen“, erklärte er. In einem Kühlraum warten die Särge mit den Verstorbenen auf die Verbrennung. „Ich habe noch nie so einfache Särge gesehen“, bemerkte Bürgermeister Lohner.
Wenn die Särge ganz naturbelassen sind, gab es keine Aussegnungsfeier, erklärte der Fachmann vom Krematorium. Der den Munderkingern dabei auch erklärte, dass die Särge nicht nur zur Aufbewahrung der Verstorbenen dienen, sondern auch als Energiequelle für die Verbrennung. „Im Ofen entzünden sich die Särge allein durch die Hitze, sie werden nicht extra angezündet“, berichtete Michael Weigelt. Um Verwechslungen auszuschließen, wird dem Sarg vor der Verbrennung ein Schamottstein beigelegt, auf dem eine Nummer eingraviert ist. „Der Stein bleibt bei der Asche, bis sie in eine Aschekapsel für die Urne kommt“, erklärte Weigelt. Dieselbe Nummer wird auch auf dem Verschluss der Aschekapsel eingraviert.
Temperaturen bis zu 1200 Grad herrschen in den beiden Öfen. Als Michael Weigelt die Ofentür für einen kurzen Blick öffnet, staunen die Besucher aus Munderkingen, wie heiß es tatsächlich im Innern ist. Rund anderthalb Stunden vergehen, bis die erste Verbrennung abgeschlossen ist. Auf sie folgt eine zweite genauso lange Verbrennung im hinteren Teil des Ofens, bis letztlich nur noch grobe Asche zurückbleibt. Bevor diese in die Aschekapsel gefüllt wird, werden ihr Metallteile entnommen und sie wird noch feiner zermahlen.
Im Zweischichtbetrieb wird im Ulmer Krematorium gearbeitet. „Ob gerade eine Verbrennung läuft oder nicht, kann man von außen nicht sehen, es qualmt nicht etwa ein Schornstein“, sagte Michael Weigelt, der erklärt, dass das Gebäude einem Schiff nachempfunden sei, mit dem die Verstorbenen auf die andere Seite segeln. Deshalb werde jedes Mal, wenn ein Sarg in einen der Ofen fahre, eine Glocke im Krematorium geläutet. Als Zeichen, dass die Überfahrt beginnt.