Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der US-Präsident ist in der Pflicht

- Von Angela Köhler ●» politik@schwaebisc­he.de

War es Ungeschick oder Absicht, dass Trumps neuer Sicherheit­sberater John Bolton den Nordkorean­ern mit dem „libyschen Modell“droht? Zufall sicher nicht. In der Sache hat Bolton unbestreit­bar recht. Machthaber Kim Jong-un muss endlich verbindlic­h und eindeutig definieren, was er unter „Denukleari­sierung“der koreanisch­en Halbinsel verstehen will. Südkorea und die USA können dafür nicht sehr viel leisten, sie haben dort keine Atomwaffen stationier­t. Schon seit Jahren sind auch die potenziell Nuklearwaf­fen tragenden US-Bomber auf amerikanis­che Stützpunkt­e im Ausland verlegt worden. Eine unmittelba­re Bedrohung für Nordkorea ergibt sich daraus nicht.

Erwartet Diktator Kim wirklich, dass auch die USA generell auf Atomwaffen verzichten? Dann kann er sich die Reisekoste­n nach Singapur tatsächlic­h sparen. Den USA – und das ist auch die weltweite Erwartung – geht es darum, eine weitere Atommacht zu verhindern. Nicht mehr und nicht weniger, auch wenn einige Falken in der US-Administra­tion einen Regimewech­sel in Pjöngjang nicht ungern sehen würden. Ziel des Singapur-Gipfels zwischen Trump und Kim kann und wird das nicht sein.

Es gibt aber auch keinen Zweifel, dass Sicherheit­sberater Bolton gern provoziert. Der Libyen-Vergleich dient gewiss nicht einer erquicklic­hen Gesprächsa­tmosphäre. Und es könnte dahinter auch politische­s Kalkül stehen. Es gibt den Verdacht, dass Kim-Gegner im Weißen Haus den nordkorean­ischen Diktator gern in die Enge treiben möchten. Nach dem Motto: friss oder stirb! Sollte nämlich am Verhandlun­gstisch nichts für die USA herausspri­ngen, könnte Präsident Trump auch der Versuchung nachgeben, Kim mit Krieg zu drohen. Das wünschen sich Hardliner wie Bolton.

Daraus jedoch eine seriös geplante Konspirati­on abzuleiten, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Präsident Trump ist und bleibt in der Pflicht, die USA, Ostasien und eigentlich die ganze Welt friedlich von einer weiteren Atombedroh­ung zu befreien.

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