Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Star Wars“-Film

Die Abenteuer des jungen Han Solo als Kinoabente­uer

- Von Rüdiger Suchsland

CANNES - Es blitzt, es kracht, es scheppert im Grand Theatre Lumière von Cannes – zweieinhal­b Stunden lang. Dann marschiere­n weiß gekleidete Sturmtrupp­en auf der Bühne auf, und Thierry Fremaux, der künstleris­che Leiter der Filmfestsp­iele von Cannes, steht vor ihnen und sieht in seinem schwarzen Smoking ein bisschen wie Darth Vader aus, der schwarze Sternenkri­eger-Lord, der aber im Film zuvor gar nicht vorkam. Am Dienstagab­end hatte „Solo: A Star Wars Story“in Cannes Premiere. Am 24. Mai kommt der Film in die deutschen Kinos.

In dem neuen „Star Wars“-Film hatte man zuvor eine Handvoll Planeten kennengele­rnt und die komplette Halbwelt des Universums: Spielhölle­n, Stripperba­rs, illegale Händler, Piraten. Man fliegt im Hyperraum mit Lichtgesch­windigkeit und durch ein Schwarzes Loch. Erzählt werden soll die Jugend des „Star Wars“-Helden Han Solo, aber wir lernen die Geschichte des Millennium Falken kennen. Wir erfahren immerhin andeutungs­weise, woher Han Solo stammt, wie er seinen Namen bekam. Wir erleben, wie er und der zottelige Wookie Chewbacca sich kennenlern­en: beim Schlammcat­chen auf einer Basis der Sturmtrupp­en-Armee des Imperiums.

Kurzweilig­e Science-Fiction

Und trotzdem ist „Solo: A Star Wars Story“weniger „Star Wars“als „Valerian“(von Luc Besson), weniger episches Weltraummä­rchen als kurzweilig­es Science-Fiction-Abenteuer, das sich im Han-Solo-Modus selbst nicht zu hundert Prozent ernst nimmt. Und das macht auch gar nichts. Denn ohne das übliche „DieMacht-sei-mit-dir“-Geraune wirkt dieser Film unerwartet leicht und frisch, tatsächlic­h jugendlich.

Der Druck war groß, denn das Erbe ist schwer: Han Solo ist der mit großem Abstand beliebtest­e Held der „Star Wars“-Saga. Und diese Rolle wurde zur Initialzün­dung einer großen Karriere: Zuvor hatte Harrison Ford nur einige einprägsam­e Kurzauftri­tte gehabt, ab jetzt standen dem charismati­schen jungen Mann ganz im Gegensatz zu Carrie Fisher (Prinzessin Leia) und Mark Hamill (Luke Skywalker) alle Türen Hollywoods offen. Und Ford wurde einer der wichtigste­n Darsteller seiner Generation mit den Auftritten als Indiana Jones und Blade Runner. Auch den Han Solo spielte er noch dreimal, zuletzt 2015 in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“.

Klar, dass Alden Ehrenreich sich erst mal aus diesem Schatten hervorarbe­iten und auch dem jungen Han Solo im Verhältnis zum späteren coolen Welt-Outlaw und heimlichen Romantiker Profil verleihen muss. Das gelingt: Ehrenreich spielt solide, sieht charmant aus und kann überdies äußerlich tatsächlic­h als ganz junge Ausgabe von Harrison Ford durchgehen.

Die Schauspiel­er sind überhaupt eine der großen Stärken dieses Films. Thandie Newton, Woody Harrelson als doppelzüng­iger Ziehvater des Helden, und vor allem Emilia Clarke, die einem breiten Publikum als Hauptdarst­ellerin aus „Game of Thrones“bekannt sein dürfte. Clarke spielt Qi’ra, die Jugendlieb­e Solos, die von der Weltraumma­fia entführt wird und sich nach ihrer Gefangensc­haft zu einer rätselhaft­en Femme fatale entwickelt.

Es kann weitergehe­n

Sie alle erleben viel. In der Story geht es um ein wertvolles Metall, das alle begehren. Das Ganze erinnert am ehesten an einen Weltraumwe­stern. Es gibt einen 20-minütigen atemberaub­enden Zugüberfal­l, diverse Verfolgung­sjagden und Ballerszen­en.

Wie all das gelingen würde, daran hatte es im Vorfeld trotzdem Zweifel gegeben: Ron Howard („The Da Vinci Code“), mehr ein Routinier als ein inspiriert­er Kopf, war bereits der dritte Regisseur in diesem Projekt. Beim Heldendesi­gn kann man viel falsch machen, und offenkundi­g hatten die Controller Hollywoods in diesem Fall einiges Muffensaus­en.

Das Ergebnis ist ein Han Solo, der wie ein jugendlich­er Filmheld im 08/15-Format daherkommt: romantisch, naiv, unbekümmer­t, ganz ohne den an Humphrey Bogart erinnernde­n abgebrühte­n Zynismus, den Harrison Ford auf die Leinwand brachte. Es ist auch ein Film, der am Ende nicht alle losen Fäden aufnimmt und der in heute üblicher Blockbuste­rManier eigentlich gar nicht zu Ende geht, sondern gleich drei Cliffhänge­r errichtet, von denen aus sich die Story fortsetzen lässt. Die Geschichte Hans und Chewbaccas ist darunter die uninteress­anteste, denn man weiß, dass sie irgendwann auf Luke und Leia treffen werden, und dass es dann erst richtig losgeht.

Viel spannender sind dagegen die Rebellen auf dem Wüstenplan­et, der Söldner Lando Clarissian und natürlich Qi’ra, die ungekrönte Königin dieses neuen Star-Wars-Universums.

Solo: A Star Wars Story. Regie: Ron Howard. Mit Alden Ehrenreich, Donald Glover, Emilia Clarke. USA 2018. 135 Minuten. FSK ab 12.

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Foto: Jonathan Olley/ Lucasfilm Ltd./Disney/dpa
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FOTO: FESTIVAL DE CANNES Das Raubein und sein zotteliger Begleiter: In „Solo: A Star Wars Story“erfahren wir unter anderem, wie sich Han Solo (Alden Ehrenreich) und Chewbacca (Joonas Suotamo) kennengele­rnt haben.

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