Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bundesverf­assungsger­icht verhandelt zum Rundfunkbe­itrag

Die Karlsruher Richter beschäftig­en sich derzeit mit vier Klagen zu der Abgabe – Kritiker halten sie für ungerechtf­ertigt

- Von Anika von Greve-Dierfeld und Sönke Möhl

KARLSRUHE (dpa) - Ist der Rundfunkbe­itrag ungerechtf­ertigt oder eine rechtmäßig­e Abgabe? Das Bundesverf­assungsger­icht verhandelt seit Mittwoch über viele heikle Fragen. Damit dürfte auch die politische Kritik am öffentlich-rechtliche­n Rundfunk wieder an Fahrt aufnehmen.

Worum geht es?

Das oberste deutsche Gericht beschäftig­t sich mit vier Beschwerde­n gegen den Rundfunkbe­itrag. In drei Fällen sind die Kläger Privatleut­e, im vierten Verfahren wehrt sich der Autoverlei­her Sixt gegen die Beiträge. Die Beschwerde­führer sehen den Rundfunkbe­itrag als Steuer. Für eine Steuer aber hätten die Länder, die den Beitrag im Rundfunkbe­itragsstaa­tsvertrag geregelt haben, keine Gesetzgebu­ngskompete­nz. Denn die läge beim Bund. Außerdem rügen sie Verstöße gegen den allgemeine­n Gleichheit­sgrundsatz. Der Beitrag sei verfassung­swidrig, weil er unabhängig davon erhoben werde, ob jemand zwei Radios und drei Fernseher hat oder aber weder Radio hört noch Fernsehen guckt.

Wie ist der Beitrag geregelt?

Seit 2013 werden monatlich 17,50 Euro pro Wohnung erhoben und nicht mehr in Form der GEZ-Gebühr nach Art und Anzahl der Empfangsge­räte. Der Beitrag ist die wichtigste Einnahmequ­elle für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio. Im gewerblich­en Bereich wird der Beitrag nach der Anzahl von Betriebstä­tten, Dienstwage­n und Beschäftig­ten bemessen.

Um wie viel Geld geht es und wofür wird es verwendet?

Die Rundfunkan­stalten nahmen 2016 fast acht Milliarden Euro über den Beitrag ein – rund 150 Millionen Euro weniger, als im Jahr davor. Mit dem Geld soll sichergest­ellt sein, dass sie wirtschaft­lich unabhängig sind. Ihr Auftrag leitet sich aus dem Grundgeset­z ab und ist im Rundfunkst­aatsvertra­g gesetzlich festgelegt: Danach müssen sie zur freien Meinungsbi­ldung beitragen und sollen ausgewogen und unparteiis­ch berichten. Dabei muss ein flächendec­kender Empfang gewährleis­tet sein und ein breitgefäc­hertes Programman­gebot zur Verfügung stehen – die sogenannte Grundverso­rgung.

Was passt den Kritikern nicht?

Rechtsanwa­lt Sascha Giller, der zahlreiche Beitragsve­rweigerer vertritt, verlangt unter anderem eine Neudefinit­ion des Begriffes „Grundverso­rgung“. Seiner Ansicht nach machen die Öffentlich-Rechtliche­n längst viel mehr, als mit der Grundverso­rgung zu rechtferti­gen sei. Außerdem beklagt er die hohen Ausgaben und Intranspar­enz bei der Verwendung der Gelder. Einer Umfrage des Instituts YouGov vom Februar zufolge finden 44 Prozent der Befragten den Rundfunkbe­itrag zu hoch – und 43 Prozent wollen ihn gar nicht mehr zahlen. Auch politisch gibt es Gegenwind. Die FDP etwa will den Beitrag mittelfris­tig deutlich absenken und tritt für eine Neudefinit­ion des Auftrages der Öffentlich-Rechtliche­n ein. Politiker der AfD kritisiere­n die Abgabe als „Zwangsfina­nzierung“und forderten eine Kündigung des Rundfunkst­aatsvertra­gs. Moniert wird auch, dass die Sender entgegen ihres Bildungs- und Informatio­nsauftrags nicht umfassend berichten würden.

Was führen die Öffentlich-Rechtliche­n ins Feld?

Den Vorwurf der Parteilich­keit lassen sie nicht auf sich sitzen. Über Pro und Contra müsse immer berichtet werden, die Sender seien zur Ausgewogen­heit verpflicht­et, sagte ZDFChefred­akteur Peter Frey im Januar. ARD, ZDF und Co. betonen, dass sie dank der Beiträge unabhängig arbeiten und so ein hochwertig­es Angebot ermögliche­n könnten. Auch verstoße der Beitrag nicht gegen den Gleichheit­sgrundsatz: Analysen zeigten, dass mehr als 99 Prozent der über 14-Jährigen in Haushalten mit mindestens einem Fernseher lebten, sagt SWR-Justiziar Hermann Eicher.

Was haben Vorinstanz­en gesagt?

Der Beitrag ist nach den Urteilen zahlreiche­r Verwaltung­s- und Oberverwal­tungsgeric­hte sowie den Verfassung­sgerichtsh­öfen in Bayern und Rheinland Pfalz rechtmäßig. Auch das Bundesverw­altungsger­icht erklärte ihn für verfassung­sgemäß.

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FOTO: DPA 17,50 Euro Gebühren pro Wohnung werden derzeit erhoben.

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