Revolution im Kinderzimmer
„Wohne lieber ungewöhnlich“: Warmherzige Komödie aus Frankreich über Scheidungskinder und ihre Nöte
Z● u Beginn der französichen Komödie „Wohne lieber ungewöhnlich“gibt sich Bastien (Teilo Azaïs) alle Mühe, dem Zuschauer die Zusammensetzung seiner Patchworkfamilie zu erklären. Dank seiner lebensfrohen Mutter Sophie (Julie Gayet) und ihrer diversen Ehemänner hat er sechs Halbgeschwister, acht Erwachsene bestimmen sein Leben mit. Die Kinderschar pendelt zwischen den verschiedenen Haushalten hin und her.
Die Schule inspiriert Bastien zu einer genialen Idee: Warum müssen die Schüler eigentlich nach jeder Stunde in ein anderes Klassenzimmer umziehen? Warum können sich die Lehrer nicht in einem Klassenraum die Klinke in die Hand geben? Und ist dieses einfache Prinzip nicht auch in einer Großfamilie praktikabel? Bastien und seine Geschwister quartieren sich heimlich in der großen Wohnung einer verstorbenen Großmutter ein und spiegeln ihrem jeweiligen Elternpaar vor, sich gerade bei den anderen Verwandten aufzuhalten. Natürlich fliegt das chaotische Kinderparadies trotz des komplizierten Ausredengeflechts schon nach kurzer Zeit auf. Erwachsene und Kids finden sich am Verhandlungstisch wieder, wo das neue Konzept – die Eltern kümmern sich abwechselnd um die komplette Rasselbande – diskutiert wird. Detaillierte Dienstpläne hat der Nachwuchs auch schon geschmiedet. Die Eltern, gefangen in selbstauferlegten Lebensentwürfen voller Verpflichtungen, bleiben skeptisch. Sie fürchten eine Signalwirkung, die andere Kinder anstecken könnte.
„Wohne lieber ungewöhnlich“ist ein warmherziger Film voller lustiger Einfälle, der authentisch und weit weniger überdreht daher kommt, als man vermuten mag. Nur einmal betritt man kurz alberne „Kevin – Allein zu Haus“-Gefilde. Ansonsten könnte sich alles genau so ereignen, wie es Regisseur Gabriel Julien-Laferrière beschreibt. Die Kinderdarsteller lassen ihre erwachsenen Kollegen übrigens nicht nur im Rahmen ihrer Rollen ziemlich alt aussehen.
Wohne lieber ungewöhnlich. Regie: Gabriel Julien-Laferrière. Mit Julie Gayet, Thierry Neuvic, Julie Depardieu. Frankreich 2016. 95 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.