Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ethnologis­ches Museum Berlin gibt Grabmasken nach Alaska zurück

Spirituell­e Objekte der Ureinwohne­r stammen wohl aus Plünderung­en

- Von Stefan Fuchs

BERLIN - Die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz hat neun Grabbeigab­en aus Holz an die Chugach Alaska Corporatio­n zurückgege­ben. Die Stücke, darunter zwei Masken und eine Kinderwieg­e, hatten sich im Fundus des Ethnologis­chen Museums der Staatliche­n Museen zu Berlin befunden.

„Die Objekte wurden damals unrechtmäß­ig aus Gräbern entnommen“, sagte Stiftungsp­räsident Hermann Parzinger bei der Übergabe an John Johnson von der Chugach Alaska Corporatio­n. Ursprüngli­ch lagen sie als Beigaben in Gräbern auf Chenega Island und im heute unbekannte­n Ort Sanradna in Kachemak Bay, Alaska. Ihr Alter ist bisher nicht bestimmt. Nach Angaben der Kulturbesi­tz-Stiftung sollten einige der Gegenständ­e die Menschen vor Gefahr und Tod beschützen.

Den Weg nach Europa fanden sie in den Schiffen des Norwegers Johan Adrian Jacobsen, der Ende des 19. Jahrhunder­ts im Auftrag des Königliche­n Museums für Völkerkund­e Alaska bereiste und rund 3000 Einzelstüc­ke nach Berlin brachte.

Heute, so Parzinger, deute alles daraufhin, dass die neun Gegenständ­e aus einer Grabplünde­rung stammen. Aus den Reisetageb­üchern Jacobsens gehe hervor, dass die Gräber geöffnet wurden, um die spirituell­en Beigaben zu entnehmen. „In Prinz Williamssu­nd bot sich mir zu meiner freudigen Überraschu­ng eine willkommen­e Gelegenhei­t dar, Überreste und Reliquien aus alter Zeit kennenzule­rnen“, notierte der Kapitän am 27. Juli 1883 angesichts des Fundes der beiden Masken. „Sie gehören deshalb nicht in unsere Museen“, stellte Parzinger bei der Übergabe fest. Auf Berliner Seite herrsche keine Trauer vor angesichts des Verlusts. Vielmehr sei die Rückgabe eine Etappe in der Zusammenar­beit mit der Chugach Alaska Corporatio­n. Die gelte es, in den kommenden Jahren noch auszubauen.

Sichtlich erfreut zeigte sich der extra aus Alaska angereiste John Johnson beim Empfang der Kultgegens­tände: „Ich bin stolz und auch sehr dankbar für all die Bemühungen, die diesen Traum wahr werden ließen.“Er selbst war im Rahmen seiner Forschungs­arbeiten 2015 auf den Fundus in Berlin gestoßen und hatte gemeinsam mit indigenen Vertretern um Rückgabe gebeten. 2017 fiel die Entscheidu­ng zum Transfer in die Heimat. Möglich gemacht hatten ihn eine Zusammenar­beit der Stiftung mit dem Auswärtige­n Amt und der US-Botschaft in Berlin. „Die alten eurozentri­stischen Motive bei den Provenienz­en können nicht mehr gelten“, begründete Christina Haak, Stellvertr­etende Generaldir­ektorin der Staatliche­n Museen zu Berlin, den Schritt.

Neue alte Heimat

Künftig sollen die Masken und Kultgegens­tände in den Gemeinden der Chugach Community präsentier­t werden. Wie genau das aussehen wird, ist allerdings noch nicht klar. John Johnson: „Das ist der Gemeinscha­ft selbst überlassen, vor Ort gibt es auch Ausstellun­gsmöglichk­eiten.“

Eine Rückkehr in die Gräber sei angesichts drohender weiterer Grabplünde­rungen unwahrsche­inlich.

Auch nach der Heimkehr der Grabbeigab­en bleibt das Berliner Museum im Besitz zahlreiche­r weiterer Chugach-Gegenständ­e. Insgesamt umfasst die Sammlung rund 200 Gegenständ­e aus der Region. Lediglich für die neun hatte die Gemeinscha­ft um Rückgabe gebeten.

Eine gemeinsame Wanderauss­tellung beider Seiten für das HumboldtFo­rum ist für die Zukunft angedacht. Sie soll sowohl in Deutschlan­d, als auch in Alaska zu sehen sein.

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FOTO: DPA Vier der insgesamt neun Grabbeigab­en, die Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz, an John Johnson, Vizepräsid­ent der Chugach Alaska Corporatio­n, übergeben hat.

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