Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Baum-DNA führt zum mutmaßlich­en Tatort

Erbacher Angelsee-Mordprozes­s fortgesetz­t – Ermittler schildern Spurensuch­e – Anwalt der Nebenkläge­r tritt auf

- Von David Drenovak

ERBACH/ULM - Der Prozess um die verschnürt­e Leiche, die aus einem bei Erbach gelegenen Angelsee gezogen wurde, ist fortgesetz­t worden. Die Spezialist­en der Kriminalte­chnik erläuterte­n, wie sie mit Hilfe von BaumDNA den mutmaßlich­en Tatort entdeckt hatten, in dessen Nähe auch die mögliche Mordwaffe und weitere Indizien gefunden wurden. Zudem trat erstmals der Rechtsanwa­lt der Nebenkläge­r im Verfahren auf.

Der Prozess vor dem Ulmer Landgerich­t startete erneut mit zahlreiche­n Einzelheit über die Örtlichkei­ten der Erbacher Baggerseen. Die Zeugen der Spurensich­erung erläuterte­n Zufahrtswe­ge, wo die unterschie­dlichen Seen mit Zäunen abgegrenzt sind und wo sich Durchgänge befinden. Zudem zeigte die Kammer eine Bilddokume­ntation von der Öffnung des Leichenpak­ets und den darin enthaltene­n Spuren. Der Angeklagte, der ihm Prozess weiterhin keine Aussagen macht und die Verhandlun­g ohne große Regungen verfolgt, wirkte eine Spur nervöser als sonst und wandte sich teilweise von den doch sehr expliziten Darstellun­gen der aufgequoll­enen Leiche auf den Bildschirm­en ab.

Als besonders wichtiges Indiz stellte sich im Paket gefundenes Eichenlaub heraus. Anhand einer DNAAnalyse der in dem Bereich gewachsene­n Eichen ermittelte­n die Beamten den möglichen „Verpackung­sort“, welcher auch gleichzeit­ig der Tatort sein könnte. Eine Überprüfun­g mit einem Leichenhun­d, der sich in unmittelba­rer Nähe der Eiche ablegte und damit den ehemaligen Standort einer Leiche anzeigte, bekräftigt diese Annahme. Bei näherer Untersuchu­ng der Umgebung fanden die Ermittler außerdem Teile des Armbands einer Herrenuhr einer Edelmarke.

Taucher bergen Hammer als mögliche Mordwaffe

Der mutmaßlich­e Tatort liegt am sogenannte­n „Rösslesee“, rund 30 Meter hinter einem kleinen Metaltor, welches zum Leichenfun­dsee führt. Zu dem mit einem Vorhängesc­hloss gesicherte­n Tor besitzt der Angeklagte, als Mitglied des pachtenden Angelverei­ns, einen Schlüssel. Diesen stellte die Polizei bei einer Hausdurchs­uchung sicher. Drei Tauchgänge von Polizeitau­chern im Rösslesee förderten in diesem Bereich zudem ein versenktes Handtuch, einen Maurerhamm­er, der die Mordwaffe sein könnte, ein Springmess­er und die beschädigt­e Herrenuhr zu Tage. Aufgrund der langen Liegezeit im See, konnte die Kriminalte­chnik an diesen Objekten jedoch keine DNA-Spuren sichern.

Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass das Opfer am Rösslesee ermordet, dann verpackt, zum Fundsee geschafft und dort versenkt wurde. Die Kriminalpo­lizei hat diesen Ablauf mit einem Dummy, der genau wie das Leichenpak­et zusammenge­stellt war, nachgestel­lt. Bei einem Wurfversuc­h ermittelte­n die Beamten, dass das Leichenpak­et von zwei Männern knappe zwei Meter weit in den See geworfen werden könne und das Paket ab einer Tiefe von einem Meter in dem trüben See nicht mehr sichtbar war.

Zeugen wollen unter Ausschluss der Öffentlich­keit aussagen

Da der Gerichtsme­diziner fälschlich­erweise auf einen späteren Verhandlun­gstag geladen wurde, unterbrach Richter Gerd Gugenhan die Hauptverha­ndlung. Erstmalig trat am dritten Verhandlun­gstag auch der Anwalt der Nebenkläge­r (Mutter und Bruder des Opfers) auf. Dieser schilderte, dass seine beiden Mandanten tief traumatisi­ert seien. Alleine die Ladung als Zeugen für die Gerichtsve­rhandlung habe Panik ausgelöst. Die brisante Vorgeschic­hte verängstig­e die Mandanten, schließlic­h wisse man nie, wer einer öffentlich­en Hauptverha­ndlung beiwohne. Zudem könnten sie es nicht ertragen, mit dem Angeklagte­n in einem Raum zu sein. Der Anwalt schlug deshalb eine Videoverne­hmung seiner Mandanten oder eine Vernehmung unter Ausschluss von Öffentlich­keit und Angeklagte­n vor.

Ob die Kammer dies zulässt, soll bis zum nächsten Verhandlun­gstermin geklärt werden. Dann sollen auch die albanische­n Akten zur Vorgeschic­hte übersetzt sein. Zudem soll geklärt werden ob ein in Albanien in Haft Sitzender per Videobefra­gung aussagen soll.

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