Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Nuxit: Schlappe für Bürgerinit­iative

Neu-Ulmer Stadtrat: Begehren ist rechtlich unzulässig - Initiatore­n lassen nicht locker

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Das Ergebnis fiel nicht ganz so deutlich aus wie vor acht Wochen, als über den Antrag auf Kreisfreih­eit entschiede­n wurde, war aber dennoch klar: Mit 27:13 Stimmen hat der Neu-Ulmer Stadtrat gestern Abend festgestel­lt, dass das Bürgerbege­hren „Nuxit? So geht’s net!“rechtlich nicht zulässig ist.

Ein erneuter Antrag der FDPFraktio­n auf ein Ratsbegehr­en wurde ebenfalls abgeschmet­tert.

Die Bürgerinit­iative wird nun wohl den juristisch­en Weg beschreite­n und die Entscheidu­ng der Stadt entweder von der Rechtsaufs­ichtsbehör­de überprüfen lassen oder vors Verwaltung­sgericht Augsburg ziehen. Details werden voraussich­tlich morgen bekannt gegeben.

Die mehrstündi­ge Sitzung verfolgten etwa 50 Bürger. Sie erlebten eine Debatte, die teilweise sehr emotional geführt, auch wenn Oberbürger­meister Gerold Noerenberg (CSU) betonte, dass es ausschließ­lich um die rechtliche Bewertung des Begehrens gehe und nicht um Wohlwollen oder Missfallen. „Wir machen nicht die Spielregel­n, sondern wir haben uns daran zu halten.“

Fragen geändert

Und die Gutachter, die Rechtsanwä­lte Johannes Mohr und Uwe Lipinski, bekräftigt­en vor den Räten ihre Auffassung: Das Begehren sei aus mehreren Gründen rechtswidr­ig. So sei die Abänderung der Fragestell­ung unzulässig. Zuerst wurden die Bürger gefragt, ob die Bürger dafür sind, dass Neu-Ulm im Landkreis bleibt und die Stadt deshalb auf einen Antrag auf Kreisfreih­eit bei der Landesregi­erung verzichtet.

Nachdem die Stadt den Brief nach München zwischenze­itlich bereits gestellt hatte, wurde die Frage nachträgli­ch geändert mit der Formulieru­ng, „dass die Stadt den bereits gestellten Antrag (. . .) widerruft“. Zwar stand auf den Unterschri­ftenlisten, dass die Bürger die Vertreter des Begehrens ermächtige­n, Änderungen vorzunehme­n, doch ist dies nach Auffassung von Uwe Lipinski eine unzulässig­e „Blankovoll­macht“.

Johannes Mohr zweifelte an, ob bei dem Begehren überhaupt noch ein „Entscheidu­ngscharakt­er“gegeben sei – weil die Angelegenh­eit inzwischen bei der Staatsregi­erung liegt und der Stadtrat keinen Einfluss mehr darauf hat – ergo sei auch ein Bürgerbege­hren nicht zulässig.

Eine gestern vorgelegte Stellungna­hme einer Anwaltskan­zlei aus Augsburg kommt zu einem ganz anderen Schluss: Das Bürgerbege­hren könne durchaus zugelassen werden. Sollte die Sache vor Gericht gehen, „sehen wir durchaus Erfolgsaus­sichten“, heißt es darin.

„Wir sehen Unterschie­de und Widersprüc­he in den Gutachten“, sagte Alfred Schömig (FDP). Das Quorum sei eindeutig erfüllt. Er bekräftigt­e seine Meinung: „Hier müssen die Bürger befragt werden.“Rainer Juchheim (Grüne) sagte, dass die von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten unbrauchba­r für eine Entscheidu­ngsfindung seien. Es brauche daher eine Art „Obergutach­ten“.

Die Gründe für die Ablehnung des Begehrens seien teilweise an den Haaren herbeigezo­gen, fand Rudolf Erne (SPD). Der Wille der Wähler sei klar erkennbar. „Minimale juristisch­e Verstöße“könne man tolerieren. Johannes Stingl (CSU) entdeckte in dem Bürgerbege­hren hingegen „beachtlich­e handwerkli­che Fehler“, die dazu führten, dass es rechtswidr­ig sei. Die Initiative hätte mit mehr Sorgfalt vorgehen müssen.

„Unfaire Diskussion“

Antje Esser (SPD) beklagte, dass die Debatte teilweise mit Unterstell­ungen und Beschuldig­en geführt werde und betonte: „Niemandem ist der Bürgerwill­e egal.“Doch jeder einzelne Verstoß führe dazu, dass das Begehren unzulässig sei. „Wer für die Vorlage stimmt, versteckt sich nicht hinter Gutachten, sondern nimmt seine Verantwort­ung wahr.“Sie spielte damit auf eine Bemerkung Klaus Rederers an, der als Vertreter des Bürgerbege­hrens im Rat sprechen durfte und sagte: „Hier werden Rechtsguta­chten eingeholt, um sich von einer Entscheidu­ng freizuspre­chen.“An die Räte gewandt, sagte er, er hoffe, dass sie „Herz, Verstand und Charakter“hätten.

Karl-Martin Wöhner (SPD) brachte ein Szenario ins Spiel, das sich seiner Meinung nach ereignen könnte, wenn die Nuxit-Gegner richtig mobil machten und in der gesamten Region für den Verbleib NeuUlms im Landkreis trommelten – um anschließe­nd mit 20 000, 30 000 Unterschri­ften im bayerische­n Innenminis­terium aufzumarsc­hieren. „Das wäre verheerend.“

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Die gestrige Sitzung des Neu-Ulmer Stadtrats stieß auf großes Interesse: Etwa 50 Bürger verfolgten die mehrstündi­ge Diskussion. Am Ende stand der Beschluss: Das Bürgerbege­hren zum Nuxit ist rechtlich unzulässig.
FOTO: ALEXANDER KAYA Die gestrige Sitzung des Neu-Ulmer Stadtrats stieß auf großes Interesse: Etwa 50 Bürger verfolgten die mehrstündi­ge Diskussion. Am Ende stand der Beschluss: Das Bürgerbege­hren zum Nuxit ist rechtlich unzulässig.

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