Klagen über Unsicherheit und Scham
Die Diagnose „Demenz“bedeutet Selbständigkeit verlieren und abhängig werden.
● OBERDISCHINGEN - Seine Selbstständigkeit verlieren, abhängig werden und angewiesen sein – das bedeutet die Diagnose Demenz. Viele Interessierte kamen am Dienstagabend zum Vortrag „Menschen mit Demenz“in das Altenheim St. Hildegard nach Oberdischingen. So viele, dass sogar weitere Stühle hergebracht werden mussten. Das Projekt Demenz Ulm der Diakonischen Bezirksstelle Ulm möchte mit diesem Vortrag Angehörigen von demenzkranken Menschen die vielen Fragen beantworten.
„Der Filter für neue Informationen funktioniert nicht mehr. Man ist überfordert mit der ganzen Informationsflut“, so beschrieb Alexandra Werkmann von der Bezirksstelle die Auswirkungen der Krankheit Demenz. Werkmann arbeitet nun schon seit achteinhalb Jahren dort. Davor war sie im ambulanten Pflegedienst tätig und sammelte auch stationäre Erfahrungen im Oberdischinger Altersheim. Daher kam auch die Kontaktaufnahme für jenen Vortrag über Demenz. Durch die vielen praktischen Erfahrungen konnte sie über den theoretischen Teil hinaus auch erlebte Beispiele schildern.
Das Wort Demenz setze sich aus den lateinischen Begriffen „de mens“zusammen und könne mit „ohne Geist“übersetzt werden, so Werkmann. „Die Symptome können ganz unterschiedliche Merkmale aufweisen, im Allgemeinen führt diese Krankheit zu kognitiven Beeinträchtigungen“, erklärte sie.
Trotzdem solle man bei auftretenden Anzeichen nicht gleich überreagieren, denn schnell könne die Demenz mit der Altersvergesslichkeit verwechselt werden. „Davon sollte man die Krankheit aber definitiv abgrenzen.“Dies sei eine altersgemäße Veränderung und Verlangsamung des Gehirns. „Im Alter kann ich es akzeptieren, dass meine sportliche Leistungsfähigkeit abnimmt, aber im Kopf soll es immer noch so schnell vorangehen wie Mitte zwanzig“, erklärte Werkmann die allgemeine Inakzeptanz der Altersvergesslichkeit. Treten jedoch gehäuft die Symptome der Demenz auf, sollte man zuerst einmal beobachten – mindestens sechs Monate. Danach gibt es die Möglichkeit, Kontakt mit der Beratungsstelle in Ulm, mit eigenen Hausarzt oder dem „Alzheimer Telefon“aufzunehmen.
Viele Betroffene mit der Diagnose Demenz klagen über Unsicherheit, Scham bis hin zur Depression und Aggression. Dies führe zu einer Persönlichkeitsveränderung, da man sich der Außenwelt immer noch gleich zeigen möchte. „Eine früher sehr offene und extrovertierte Person kann auf einmal quasi verstummen und nur noch in der eigenen Wohnung zu finden sein“, so Werkmann. Deshalb sei es wichtig, dass man diesen Menschen die nötige Akzeptanz, Wertschätzung und entgegenbringe. Eine gewisse Struktur im Alltag, sowie Regeln können eine große Hilfe sein. Stressarmut sei auch ein elementarer Faktor, um die Dinge auch einmal mit Humor sehen zu können.
Zum Schluss gab Werkmann den Teilnehmern einen Tipp mit: Jeder schaue nur auf das, was nicht der Norm entspricht. Keiner lobe das, was gut gemacht wurde. „Hätte ich jetzt einen roten Schuh an, würden sie nur davon reden“, so Werkmann, „keiner würde sehen, dass ich ansonsten mit meiner Kleidung alles richtig gemacht habe“. So könne auch nur ein kleiner Fehler im System eines demenzkranken Gehirns den kompletten Vorgang zunichtemachen. Dies sollte man alles im Hinterkopf bewahren, wenn man in Kontakt mit demenzkranken Menschen kommt.