Ulmer Rettungsflieger begrüßen neuen „Christoph 22“
Vier bis fünf Einsätze am Tag sind die Regel - Erfolgreiche Aufgabenteilung
- Über einen neuen Hubschrauber freut sich die am Bundeswehrkrankenhaus stationierte Crew des Rettungshubschraubers „Christoph 22“. 15 Jahre lang flogen die Luftretter mit einer Maschine vom Typ MBB/ Kawasaki BK 117 und kümmerten sich um 20 921 Patienten. Zu durchschnittlich vier bis fünf Einsätzen pro Tag startet der Ulmer Rettungshubschrauber, im vergangenen Jahr zählte die Crew 1629 Alarmierungen: Einsatzgebiete sind schwerpunktmäßig die Region Ulm/Neu-Ulm, die Schwäbische Alb sowie Teile von Oberschwaben und BayerischSchwaben.
Am Montag wurde die neue Maschine vom Typ Airbus H 145, die wie das Vorgängermodell unter dem Rufnamen „Christoph 22“unterwegs ist, vorgestellt: „Der Umstieg ist wie von einem VW Käfer auf einen Mercedes“, lobte Generalarzt Dr. Ralf Hoffmann, Chefarzt und Kommandeur des Bundeswehrkrankenhauses, während der Feierstunde.
Zusammenarbeit von Bundeswehr und ADAC
Die Crew würde den neuen Hubschrauber gerne en détail zeigen. Doch der Einsatzalltag nimmt keine Rücksicht: Noch während des Übergabetermins muss „Christoph 22“zu zwei Notfällen aufsteigen. Gelegenheit für Generalarzt Hoffmann und Frédéric Bruder, den Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, zurückzublicken. Denn in Ulm arbeiten die Bundeswehr und die ADAC Luftrettung seit 2003 gemeinsam: Das Bundeswehrkrankenhaus stellt Notärzte und Rettungsfachpersonal, der ADAC ist für die Hubschrauber und das fliegende Personal zuständig.
„Es war Anfang der 2000er-Jahre
keine Selbstverständlichkeit, dass sich Bundeswehr und ADAC Aufgaben teilen könnten“, erinnert sich Hoffmann, der seinerzeit im Bundesverteidigungsministerium für die Konzeption der Luftrettung zuständig war. Von 1971 bis 2003 hatte die Bundeswehr die Ulmer Station alleine betrieben, gab danach angesichts neuer Aufgaben vor allem in Auslandseinsätzen die Verantwortung für die Flugrettung ab. Hoffmann: „Im Ministerium gab es Offiziere, die sagten: Der Bund muss alle Aufgabe alleine stemmen können, ohne Zivilisten.“Die andere Fraktion habe sich durchgesetzt: „Und so entstand das Ulmer Modell der zivil-militärischen Zusammenarbeit.“
ADAC mit Millionen-Defizit
Auch Bruder blickt zufrieden zurück: „Die ADAC Luftrettung ist
froh, in Ulm einen starken und zuverlässigen Partner wie die Bundeswehr an der Seite zu haben“, sagt der Geschäftsführer und bedankt sich für die „langjährige, erfolgreiche und beispielhafte Kooperation“. Freilich habe der ADAC ein Defizit von insgesamt fünf Millionen Euro über die vergangenen 15 Jahre zu verzeichnen.
Bruder berichtet weiter, dass der ADAC die Luftrettung als „Daseinsvorsorge“betrachte, „damit wir in Deutschland auch Chancengerechtigkeit auf dem Land haben.“Es sei nicht einzusehen, warum Stadtbewohner, zu denen ein Notarzt nur wenige Minuten Anfahrzeit benötigt, bessere Chancen auf Überleben nach einem Unfall oder einem schweren internistischen Notfall wie einem Herzinfarkt haben sollen: „Wer auf dem Land lebt, muss die
gleichen Chancen haben“, sagt Bruder und ergänzt: „Daher ist uns das Qualitätsniveau wichtig.“Die acht bis zehn Millionen Euro teuren Rettungshubschrauber bieten nach seinen Worten „das, was der Patient braucht, aber keinen Luxus“.
53 Prozent internistische Notfälle
In den vergangenen Jahren haben sich die Gründe für den Einsatz der Rettungshubschrauber geändert: Standen in den Anfangsjahren schwere Unfälle in der Statistik weit vorne, so handelt es sich heute in rund 53 Prozent der Fälle um internistische Notfälle. Verkehrsunfälle (13 Prozent), neurologische Notfälle und häusliche Unfälle (beide acht Prozent) sind weitere Anforderungsgründe. Jeweils in sechs Prozent der Einsätze wurden die Luftretter wegen Kindernotfällen sowie Arbeits- oder Schulunfällen gerufen.
Mittlerweile ist „Christoph 22“wieder gelandet, die Crew kann das neue Fluggerät vorstellen: „Die neue H145 hat deutliche Vorteile für Patienten, Crew und Umwelt“, weiß Stabsfeldwebel Tom Schneider, Leitender Notfallsanitäter und während des Einsatzes „Verbindungsmann zwischen Pilot und Notarzt“. Er lobt: „Sie ist leistungsstärker, hat mehr Platz, mehr Reichweite und sie ist leiser als ihre Vorgänger.“Bei guten Bedingungen kann „Christoph 22“651 Kilometer weit fliegen: „Das erspart so manche Zwischenlandung“, sagt Schneider.
Trotz Hightech-Navi: Landkarte immer an Bord
Zudem bietet der ummantelte Heckrotor erhöhte Sicherheit für Passagiere und Einsatzkräfte. Neue medizinische Ausstattung und mehr Platz für Equipment sind weitere Pluspunkte. In dem hochmodernen Cockpit ist ein optimiertes Navigationssystem installiert. Bei allem Vertrauen in die Technik: Eine Landkarte ist immer dabei: „Wir verfolgen die Route stets mit“, begründet Schneider, „allein auf die Elektronik wollen wir nicht vertrauen“.
Ende der Vorstellung: „Alarm für ,Christoph 22’, bitte vom Fluggerät wegtreten“, heißt es militärisch. Wenig später sind die „Gelben Engel“in der Luft.