Mehr Geld für Familien
Finanzminister plant Entlastung um 9,8 Milliarden Euro
BERLIN (dpa) - Familien in Deutschland sollen von 2019 an um insgesamt 9,8 Milliarden Euro im Jahr entlastet werden. Das sieht ein Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, der am Montag in die Abstimmung mit den anderen Ministerien ging. Am 27. Juni soll das Familienpaket vom Kabinett beschlossen werden. Eine Familie mit einem Bruttojahresgehalt von 60 000 Euro wird im kommenden Jahr um 9,36 Prozent entlastet, das würde 251 Euro im Jahr mehr bedeuten.
Zu dem Paket gehört eine Kindergelderhöhung um zehn Euro im Monat ab Juli 2019, ein höherer SteuerGrundfreibetrag und zusätzlich ein höherer Kinderfreibetrag. Hinzu kommt eine Entlastung mittlerer und unterer Einkommen bei der sogenannten kalten Progression, wie am Montag aus Regierungskreisen in Berlin verlautete. ●
● BERLIN - Was wusste die Kanzlerin zu welchem Zeitpunkt über Versäumnisse beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)? Die Opposition erhöht den Druck auf Angela Merkel (CDU). Geht es nach den Grünen, soll die Regierungschefin im Innenausschuss des Deutschen Bundestages Rede und Antwort stehen. FDP und AfD wollen noch in dieser Woche die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Bamf-Affäre beantragen.
Allerdings fehlt dafür bisher die notwenige Zustimmung von einem Viertel der Abgeordneten. Grüne und Linkspartei lehnen den Schritt ab, halten die FDP-Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu Missständen im Bundesamt für Flüchtlinge für einen Vorwand, um die Asylpolitik allgemein an den Pranger zu stellen. „Da springt die FDP zwei Schritte zu weit, weil sie offensichtlich die aktuellen Fragen überhaupt nicht beantwortet haben will“, erklärte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Den Freidemokraten gehe es wie der AfD vor allem darum, die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 zu thematisieren. Die Linke fürchtet, dass die AfD ein solches Gremium instrumentalisieren würde. FDP-Chef Christian Lindner weist dies zurück:
„Nur Verdruckstheit und das Gefühl, es könnte etwas vertuscht werden, spielt der AfD in die Karten“, erklärte Lindner und forderte bei der Vorstellung des Antrags der Liberalen eine gründliche Ausleuchtung der Vorgänge beim Bamf bis hinein ins Kanzleramt.
Merkel weist Vorwürfe zurück
Die Regierungschefin ließ am Montag ihren Regierungssprecher Vorwürfe und Kritik an ihrer Rolle in der Bamf-Affäre zurückweisen. Auf Initiative der Kanzlerin habe der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit und Bamf-Chef, Frank-Jürgen Weise, ab September 2015 an Verbesserungen und Veränderungen in der Behörde gearbeitet und immer wieder auch Merkel über Reformen und Umstellungen informiert, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Vorgänge bei der Bremer BamfAußenstelle seien „nicht Gegenstand der Gespräche“zwischen Merkel und Weise gewesen, versicherte er. In der Berichterstattung über den Bamf-Skandal sei „manches durcheinandergegangen“.
Am Wochenende hatte es Berichte gegeben, nach denen Ex-BamfChef Weise die Bundesregierung für die Missstände der Behörde in der Flüchtlingskrise verantwortlich gemacht haben soll. Nach seinem Ausscheiden 2017 habe er in einem vertraulichen Papier vor allem das Bundesinnenministerium kritisiert. „Die Krise war vermeidbar“, urteilte er.
Am Mittwoch stellt sich Merkel erstmals einer Regierungsbefragung, die künftig dreimal im Jahr stattfinden soll. Im Mittelpunkt dürfte dabei der Bamf-Skandal stehen. Die Regierungschefin im Kreuzverhör – auch die SPD stellt die Frage nach der politischen Verantwortung des Kanzleramtes immer lauter. Kommt jetzt ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss oder nicht? Die erste Lesung steht für Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestags – dann wird in einem Ausschuss darüber beraten, bevor im Plenum abgestimmt wird. Voraussichtlich in der kommenden Woche soll eine weitere Sondersitzung des Innenausschusses für weitere Aufklärung sorgen. Neben den ehemaligen Bamf-Chefs Weise und Manfred Schmidt sollen auch der frühere Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier und der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) als Zeugen auftreten, fordert die Opposition.
FDP-Fraktionsvizechef Stephan Thomae sieht immer mehr Hinweise dafür, dass die Kanzlerin und ihr früherer Flüchtlingskoordinator Altmaier über die Zustände und Vorgänge im Bamf gewusst hätten. Man brauche jetzt einen Untersuchungsausschuss, „um restlos aufzuklären“.
Die Grünen wollen derzeit keinen Untersuchungsausschuss einsetzen. Ein U-Ausschuss habe den Nachteil, dass die wirkliche Arbeit vermutlich erst 2019 beginnen könne, sagte die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Das sei zu spät. Dies sei der Grund, warum die Grünen Sondersitzungen des Bundestags-Innenausschusses als schnellsten Weg wollen. ●