Profi-Schmiede wechselt das Donaufer
Tennis: Multikulturelles Leistungszentrum zieht nach Neu-Ulm – Der SSV hat derweil Großes vor
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ULM - Der Tennistrainer Fabian Donsbach hat einen Traum: Eines Tages soll seine vor zwei Jahren gegründete „Tennis Academy“einen Profi hervorbringen. Zusammen mit dem Inder Nikunj „Nick“Siwach trainiert er derzeit zwölf Talente, die alle mehr oder weniger von einer Karriere als Berufstennisspieler träumen. Die vergangenen Jahre war die bunte Truppe von 13- bis 21-Jährigen beim SSV Ulm 1846 untergebracht.
Durch die Kontakte von Donsbach nach Asien wagten viele junge Talente insbesondere aus Indien und Thailand über die Sommermonate den Sprung nach Ulm. Einige Umkleiden der Tennishalle wurden zu Aufenthaltsräumen umgebaut. Die Trainingsgruppe war im vergangenen Sommer sehr präsent auf der Tennisanlage – manchem Mitglied offenbar zu präsent. Selbst eine Regelung, dass die „Tennis Academy“nur in den Morgenstunden Plätze belegt und zu Stoßzeiten von „normalen Mitgliedern“jederzeit abgelöst werden konnten, vermochte eine gewisse Missstimmung nicht zu verhindern. „Es hat einfach nicht funktioniert“, sagt Walter Ziegler, Vorstand der SSV-Tennisabteilung. Donsbach sieht das anders, in den Morgenstunden stünden die 14 Freiplätze ja leer. Und dann, so beschreibt es Donsbach, sprachen sich Teile des Vorstands gegen eine weitere Zusammenarbeit aus.
Mehrwert für Verein nicht erkannt
Eine reguläre Mitgliedschaft sei den Spieler aus der Donsbach‘schen Academy plötzlich verwehrt worden. Nur eine Sondermitgliedschaft sei angeboten worden, die viel teurer gewesen wäre – zusätzlich zum Beitrag an den Hauptverein und einer Gebühr für das vereinseigene Sportstudio Halo. „Das ist nicht darstellbar“, sagt Donsbach. Der Mehrwert, den sein Projekt dem Verein gegeben habe, sei nicht erkannt worden. Durch mehrere Turniersiege seiner Schützlinge habe der SSV Zeichen im Leistungstennis gesetzt. Und es sei nicht so, dass nur Thailänder oder Inder bei ihm trainierten: Auch starke Spieler aus der Region trainieren in der multikulturellen Gruppe. Zudem hätten Jugendliche des SSV nicht nur sportlich, sondern auch sprachlich und kulturell von dem Projekt profitiert. So seien zehn Mitglieder, überwiegend Jugendliche, im vergangenen Jahr vom thailändischen Tennisverband eingeladen worden, um kostenfrei eine Woche im Leistungszentrum des Landes in Bangkok mit heimischen Top-Spielern zu trainieren und das Land zu entdecken.
Für den 32-jährigen Donsbach liegt auf der Hand, warum seine Tennisschule gerade in Asien beliebt ist. In Indien gibt es zwar eine Milliarde Menschen, aber Tennis ist – im Gegensatz zu Kricket – kein Breitensport. Für die kleinsten Turniere müssten aufgrund langer Distanzen Flugzeuge gebucht werden. Und so schickten wohlhabende Inder ihre Sprösslinge gern einen Sommer für intensives Training nach Deutschland. Zumal bei einer Rund-um-dieUhr-Betreuung das Lernen abseits des Platzes nicht zu kurz komme.
Aus Sicht von Ziegler, Vorstand der SSV-Tennisabteilung, hätten sich die Interessen der Mitglieder und der Academy nicht mehr unter einen Hut bringen lassen. „Die Stimmung war sehr angespannt.“Die Abteilung sei in den vergangenen vier oder fünf Jahren um 15 Prozent auf 560 Mitglieder gewachsen. Es gibt 32 Mannschaften. „Es gab schlicht ein Kapazitätsproblem.“Ein Nebeneffekt: Auch die leistungsorientierten Mannschaften des SSV haben einen engagierten Trainer weniger.
Nun hofft Donsbach mit seinem Mitstreiter Siwach beim in Sachen Mitgliederzahl weit kleinerem NTK Neu-Ulm heimisch zu werden. Hier gab es Anfang der Woche aber einen Führungswechsel: Der neue Vorsitzende heißt Norbert Schlegel und ist erst seit ein paar Tagen im Amt. Fakt ist, dass der NTK durch den Wechsel der multikulturellen Tennisschule zwölf neue Mitglieder hat, die bereits hier jeden Morgen trainieren.
Bei den großen Plänen der Tennisspieler des SSV spielt die „Tennis Academy“erst mal keine Rolle: Tennischef-Ziegler rechnet damit, dass die Vereinigung mit dem Nachbarverein TK Ulm im Zuge eines Neubauprojekts unter Dach und Fach gebracht wird. Mit fast 900 Mitgliedern wäre der vereinigte Verein einer der größten im Land und ein „Leuchtturm“, so Ziegler. 2020, so der erste Zeitplan, könnte der Einzug in ein neues, gemeinsames Klubheim erfolgen.
Blick Richtung Stuttgart
Ob Donsbach dann seine Talentschmiede noch in der Region betreibt, steht in den Sternen: Als Wahl-Geislinger blickt der Sportwissenschaftler immer Richtung Stuttgart. Doch vielleicht einigt sich seine Academy auf ein dauerhaftes Engagement in NeuUlm. Mit hochklassigen Tennis kannte man sich beim früheren TGC BlauWeiß Neu-Ulm einmal aus: Die Damen spielten 2001 in der Bundesliga.