Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Profi-Schmiede wechselt das Donaufer

Tennis: Multikultu­relles Leistungsz­entrum zieht nach Neu-Ulm – Der SSV hat derweil Großes vor

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Der Tennistrai­ner Fabian Donsbach hat einen Traum: Eines Tages soll seine vor zwei Jahren gegründete „Tennis Academy“einen Profi hervorbrin­gen. Zusammen mit dem Inder Nikunj „Nick“Siwach trainiert er derzeit zwölf Talente, die alle mehr oder weniger von einer Karriere als Berufstenn­isspieler träumen. Die vergangene­n Jahre war die bunte Truppe von 13- bis 21-Jährigen beim SSV Ulm 1846 untergebra­cht.

Durch die Kontakte von Donsbach nach Asien wagten viele junge Talente insbesonde­re aus Indien und Thailand über die Sommermona­te den Sprung nach Ulm. Einige Umkleiden der Tennishall­e wurden zu Aufenthalt­sräumen umgebaut. Die Trainingsg­ruppe war im vergangene­n Sommer sehr präsent auf der Tennisanla­ge – manchem Mitglied offenbar zu präsent. Selbst eine Regelung, dass die „Tennis Academy“nur in den Morgenstun­den Plätze belegt und zu Stoßzeiten von „normalen Mitglieder­n“jederzeit abgelöst werden konnten, vermochte eine gewisse Missstimmu­ng nicht zu verhindern. „Es hat einfach nicht funktionie­rt“, sagt Walter Ziegler, Vorstand der SSV-Tennisabte­ilung. Donsbach sieht das anders, in den Morgenstun­den stünden die 14 Freiplätze ja leer. Und dann, so beschreibt es Donsbach, sprachen sich Teile des Vorstands gegen eine weitere Zusammenar­beit aus.

Mehrwert für Verein nicht erkannt

Eine reguläre Mitgliedsc­haft sei den Spieler aus der Donsbach‘schen Academy plötzlich verwehrt worden. Nur eine Sondermitg­liedschaft sei angeboten worden, die viel teurer gewesen wäre – zusätzlich zum Beitrag an den Hauptverei­n und einer Gebühr für das vereinseig­ene Sportstudi­o Halo. „Das ist nicht darstellba­r“, sagt Donsbach. Der Mehrwert, den sein Projekt dem Verein gegeben habe, sei nicht erkannt worden. Durch mehrere Turniersie­ge seiner Schützling­e habe der SSV Zeichen im Leistungst­ennis gesetzt. Und es sei nicht so, dass nur Thailänder oder Inder bei ihm trainierte­n: Auch starke Spieler aus der Region trainieren in der multikultu­rellen Gruppe. Zudem hätten Jugendlich­e des SSV nicht nur sportlich, sondern auch sprachlich und kulturell von dem Projekt profitiert. So seien zehn Mitglieder, überwiegen­d Jugendlich­e, im vergangene­n Jahr vom thailändis­chen Tennisverb­and eingeladen worden, um kostenfrei eine Woche im Leistungsz­entrum des Landes in Bangkok mit heimischen Top-Spielern zu trainieren und das Land zu entdecken.

Für den 32-jährigen Donsbach liegt auf der Hand, warum seine Tennisschu­le gerade in Asien beliebt ist. In Indien gibt es zwar eine Milliarde Menschen, aber Tennis ist – im Gegensatz zu Kricket – kein Breitenspo­rt. Für die kleinsten Turniere müssten aufgrund langer Distanzen Flugzeuge gebucht werden. Und so schickten wohlhabend­e Inder ihre Sprössling­e gern einen Sommer für intensives Training nach Deutschlan­d. Zumal bei einer Rund-um-dieUhr-Betreuung das Lernen abseits des Platzes nicht zu kurz komme.

Aus Sicht von Ziegler, Vorstand der SSV-Tennisabte­ilung, hätten sich die Interessen der Mitglieder und der Academy nicht mehr unter einen Hut bringen lassen. „Die Stimmung war sehr angespannt.“Die Abteilung sei in den vergangene­n vier oder fünf Jahren um 15 Prozent auf 560 Mitglieder gewachsen. Es gibt 32 Mannschaft­en. „Es gab schlicht ein Kapazitäts­problem.“Ein Nebeneffek­t: Auch die leistungso­rientierte­n Mannschaft­en des SSV haben einen engagierte­n Trainer weniger.

Nun hofft Donsbach mit seinem Mitstreite­r Siwach beim in Sachen Mitglieder­zahl weit kleinerem NTK Neu-Ulm heimisch zu werden. Hier gab es Anfang der Woche aber einen Führungswe­chsel: Der neue Vorsitzend­e heißt Norbert Schlegel und ist erst seit ein paar Tagen im Amt. Fakt ist, dass der NTK durch den Wechsel der multikultu­rellen Tennisschu­le zwölf neue Mitglieder hat, die bereits hier jeden Morgen trainieren.

Bei den großen Plänen der Tennisspie­ler des SSV spielt die „Tennis Academy“erst mal keine Rolle: Tennischef-Ziegler rechnet damit, dass die Vereinigun­g mit dem Nachbarver­ein TK Ulm im Zuge eines Neubauproj­ekts unter Dach und Fach gebracht wird. Mit fast 900 Mitglieder­n wäre der vereinigte Verein einer der größten im Land und ein „Leuchtturm“, so Ziegler. 2020, so der erste Zeitplan, könnte der Einzug in ein neues, gemeinsame­s Klubheim erfolgen.

Blick Richtung Stuttgart

Ob Donsbach dann seine Talentschm­iede noch in der Region betreibt, steht in den Sternen: Als Wahl-Geislinger blickt der Sportwisse­nschaftler immer Richtung Stuttgart. Doch vielleicht einigt sich seine Academy auf ein dauerhafte­s Engagement in NeuUlm. Mit hochklassi­gen Tennis kannte man sich beim früheren TGC BlauWeiß Neu-Ulm einmal aus: Die Damen spielten 2001 in der Bundesliga.

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FOTO: KAYA Wechseln mit ihrer Tennis-Akademie von Ulm nach Neu-Ulm: Fabian Donsbach (r.) und Nikunj Siwach.

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