Streit wegen Mercedes-Stern landet vor Gericht
Ein 61-Jähriger soll das Zeichen abgebrochen haben - Danach will er flüchten – anscheinend um jeden Preis
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NEU-ULM - Er soll versehentlich den Stern eines Mercedes-Benz abgebrochen haben. D doch das was danach geschah, brachte einen 61-Jährigen am Ende vor das Neu-Ulmer Amtsgericht: Denn statt dem Besitzer des beschädigten Wagens seine Personalien zu geben, habe sich der Mann aus dem Staub machen wollen – und dabei seinen Kontrahenten angefahren. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung landete der 61-Jährige deshalb vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Thomas Mayer.
Der Vorfall ereignete sich im vergangenen Jahr, einen Tag vor Heiligabend. Der 61-Jährige holte bei einer Neu-Ulmer Bäckerei Brötchen, sein Auto hatte er in einer Parkbuch abgestellt. Laut Anklage verstaute er die Brötchentüte im Kofferraum, und setzte sich dabei unbeabsichtigt auf die Motorhaube des Wagens hinter ihm. Dabei brach an jenem Auto der Mercedes-Stern. Der Fahrer wollte für die Klärung des Schadens die Personalien des 61-Jährigen erfahren – doch daran soll der kein Interesse gehabt haben: Er stieg in seinen Wagen und wollte wegfahren , heißt es in der Anklage.
Der 36-Jährige, dem der beschädigte Mercedes gehört, wollte das verhindern, in dem er sich vor das Auto des Angeklagten stellte. Den 61Jährigen soll das nicht sonderlich gestört haben: Er fuhr schließlich los – und dabei gegen die Knie seines Kontrahenten. Zudem soll der Angeklagte noch noch wenige Meter gefahren sein, während der Jüngere auf der Motorhaube lag. Als sich dieser abrollte, machte sich der 61-Jährige schließlich mit quietschenden Reifen aus dem Staub.
Im Laufe der Verhandlung zeigte sich, dass der Vorfall wohl nicht ganz so dramatisch war wie in der Anklageschrift beschrieben: Der 61-Jährige berichtet, er habe sich beim Wegfahren „Zentimeter für Zentimeter vorgetastet“, dass er nicht schnell unterwegs war, bestätigt auch ein neutraler Zeuge. Der Angeklagte habe überhaupt nicht mitbekommen, dass der Mann mit ihm reden wollte – ebenso wenig, wie den kaputten Stern. „Plötzlich stand er vor meinem Fahrzeug“, so der 61-Jährige. Der 36-Jährige, der als Nebenkläger auftrat, legte jedoch Fotos vor, die den Angeklagten noch vor dem Einsteigen zeigen. „Da habe ich ihn schon angesprochen“, sagte der Mann.
Der Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der gefährlicher Körperverletzung konnte nicht aufrecht erhalten werden, stellte das Gericht schließlich fest: Dafür war der Angeklagte noch zu langsam und eine zu kurze Strecke gefahren, die Verletzungen seien zudem nicht ganz so schlimm gewesen. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro sowie ein zweimonatiges Fahrverbot, dem schloss sich die Nebenklage an. Die Verteidigung – sowohl Wahl- als Pflichtverteidiger – hielten einen Monat Fahrverbot für genug und legten die Entscheidung über die Höhe einer Geldstrafe ins Ermessen des Gerichts.
Am Ende verurteilte das Schöffengericht den Angeklagten wegen Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen von je 50 Euro – insgesamt 4000 Euro. Zudem darf er einen Monat kein Auto fahren. „Der Nebenkläger hat sich durchaus berechtigt vor das Auto gestellt“, stellte Richter Mayer klar. Um die Personalien zu erfragen, habe er ihn am Wegfahren hindern dürfen. Beim Angeklagten habe nur der „Fluchtgedanke“im Vordergrund gestanden. Das Urteil ist rechtskräftig.