Seehofer fehlt bei Integrationsgipfel
Verärgert über Kommentar Atamans – Merkel nimmt Begriff Heimat in Schutz
BERLIN (sal) - Einer fehlt. Innenminister Horst Seehofer (CSU) ist, während 500 Meter entfernt im Kanzleramt der zehnte Integrationsgipfel läuft, im Gespräch mit Sebastian Kurz (ÖVP). Er lässt sich von einem Staatssekretär vertreten. Doch Seehofer hat den Gipfel nicht wegen seines konservativen Freundes Kurz abgesagt, sondern er wollte nicht auf Ferda Ataman treffen, erklärt er, weil er sich durch diese Politologin und Journalistin diskreditiert sieht.
Er sei ein Verfechter gelingender Integration, und halte es für nicht zumutbar, von Frau Ataman mit Nazibegriffen von Blut und Boden in Verbindung gebracht zu werden. Angela Merkel wiederum dachte nicht daran, Ataman auszuladen. Eher im Gegenteil: Bei der abschließenden Pressekonferenz gewährt sie Ataman den Platz an ihrer Seite. Aber sie nennt den Artikel Atamans einen sehr prononcierten, vielleicht auch als Provokation gemeinten Kommentar, der nicht widerspiegele, was sich die Bundesregierung als Aufgabe des Heimatministeriums überlegt habe.
Ataman bedauert, dass Seehofer die Prioritäten anders gesetzt hat. „Es wäre schön gewesen, wenn wir gemeinsam hätten diskutieren können.“Horst Seehofer ist der erste Innenminister, der nicht an dem von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufenen Integrationsgipfel teilnimmt. Ziel der regelmäßigen Treffen von Vertretern von Migrantenverbänden und Repräsentanten von Bund und Ländern ist es, mit den Betroffenen über Fragen der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland zu diskutieren.
Die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), kündigte einen nationalen Aktionsplan zur Integration an. „Seit dem Jahr 2015 steht unser Land vor neuen Herausforderungen“, erklärte die Staatsministerin. Viele Menschen seien ins Land gekommen, „und auf der anderen Seite sind Ängste entstanden“. Deshalb sei es Zeit, „der Integrationspolitik neue Impulse zu geben und den Zusammenhalt in Deutschland mit einem nationalen Aktionsplan zu stärken“. Deutschland steht mit seiner Position ziemlich allein. Normalerweise ist es so, dass die anderen EU-Partner das europäische Recht großzügiger auslegen, während wir das europäische Recht strenger auslegen. In der Frage der Zurückweisung und der Flüchtlingspolitik ist es umgekehrt. Deutschland verfolgt als einziges EU-Land eine weiche Linie. Der Europäische Gerichtshof hat die deutsche Praxis weitgehend abgesegnet, Flüchtlinge nicht an der Grenze zurückzuweisen. Auf der anderen Seite haben der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio und andere erklärt, dass es ein klarer Rechtsbruch ist.
Welche Position vertreten Sie in dem Streit?
Meine Position ist anders: Das Selbsteintrittsrecht kann ausnahmsweise vorübergehend gelten. Aber Migranten, die bereits in anderen sicheren EU-Ländern waren, können nicht auf Dauer zu uns kommen. Man darf die Ausnahmeregelung nicht zu einer ständigen Regelung machen.