„Canto e Tromba“ist hinreißende Musik
Ehinger Musiksommer entfaltet in St. Blasius vitale Blütenpracht barocker Musik
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EHINGEN - Wie außerordentlich aktuell barocke Musik sein kann, hat sich am Sonntag bei der dritten Veranstaltung des diesjährigen Ehinger Musiksommers erwiesen. Annähernd 100 begeisterte Zuhörer kamen in St. Blasius in den Genuss einer erstklassigen vokalen und instrumentalen Wiedergabe von Werken aus einer einst in vitaler Blütenpracht prangenden Epoche.
Zum Vorläufer der Wiener Klassik degradiert gilt in der Zeit des Barock entstandene Musik vielfach als leicht angestaubt, wenn nicht gar antiquiert. Als ob das nicht genügte, wird sie gelegentlich gar als „Alte Musik“bezeichnet. Dabei hat manches, was in heutiger Zeit zusammengeschrieben wird, schon nach wenigen Jahren die Runzeln, die man beim Programm „Canto e Tromba“vergeblich sucht. Modern ist eigentlich keine Frage der Entstehungszeit, sondern des Ergriffenseins von der nicht alternden Schönheit des ästhetischen Empfindens jeder Stilepoche. Nicht nur das Freiburger Barockorchester schafft perfekte Stilpflege. Die in der polnischen Stadt Olsztyn geborene und jetzt in NeuUlm lebende Sopranistin Katarzyna Jagiello, die Barocktrompeten blasenden Musiker Marc Lentz und Frank Zuckschwerdt sowie der in allen Stilen versierte Ehinger Organist Volker Linz verstehen es ebenso, die den von ihnen musizierten Werken eigene Originalität in ihrem ursprünglichen Glanz neu aufscheinen zu lassen. Sie sollten es mit Canto, Tromba e Organo öfters tun.
Schon beim Einstieg mit der aus Händels Wassermusik zusammengestellten Suite D-Dur zeigte sich die klangliche Überlegenheit der von den Trompetern geblasenen ventillosen Barockinstrumente. Die Barocktrompete ist als Langtrompete gestreckt bügelförmig. Ihr Rohr ist zylindrisch, zweimal gebogen und nahezu doppelt so lang wie das einer modernen Trompete in entsprechender Stimmung. Im Klang unvergleichlich weicher ist sie jeder modernen Minitrompete klanglich überlegen. Katarzyna Jagiellos Sopranstimme ist von enormem Umfang des in jeder Lage kultivierten und modulationsfähigen Tons. Mit extremer Sorgfalt formt sie Klangfärbung, Ausdruck und Dynamik in der Melodik und verbindet sie mit präziser Artikulation konsonantischer Feinheiten des Textes. Vor 15 Jahren wurde ihr Bühnendebüt als Susanna in Mozarts „Hochzeit des Figaro“im Stadttheater von Lodz und von Stettin von Fachpresse und Publikum zurecht außerordentlich gelobt. Mühelos scheinbar schafft sie in einer Motette von Leonardo Leo einen ungewöhnlich hohen Ton. Volker Linz beeindruckte mit einfühlsamem und impulsivem Spiel auf Kirchen- und Truhenorgel zugleich. Der Applaus des vom perfekten Zusammenspiel beeindruckten Publikums hielt an.