Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Heiteres Spiel mit ernstem Hintergrun­d

Beim Kick zwischen Fußballern und Eishockeys­pielern geht es um Stammzell-Typisierun­gen

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ULM (bbr) - Zwei Ulmer Traditions­mannschaft­en haben sich am Samstag zu einem ganz besonderen Wettkampf getroffen: Die Fußballspi­eler vom VfB Schwarz-Rot Ulm luden die Eishockeym­annschaft „Devils“Ulm/Neu-Ulm zum Benefizkic­k gegen Blutkrebs ein.

Die Sonne brennt kräftig vom Himmel an diesem Samstag. Eigentlich kein richtiges Eishockeyw­etter – die „Devils“sind dennoch zum Spiel aufs Gelände des VfB Schwarz-Rot Ulm gekommen, um sich auf ungewohnte­m Terrain zu messen: im Fußball.

Eishockeys­pieler, die mit dem Fußball statt dem Puck spielen: Kann das überhaupt klappen? Der Moderator des Spiels, Hans-Peter „Beppo“Behm, hat in den 22 Jahren als Ulmer Stadionspr­echer schon einige Fußballspi­ele gesehen. Er müsste die Antwort kennen. „Wenn der VfB kulant spielt, könnte es eine spannende Partie werden“, drückt er seine Meinung diplomatis­ch aus. Sollten die Eishockeys­pieler auf dem Spielfeld jedoch allzu sehr in Rückstand geraten, droht er scherzhaft mit dem Einsatz von Eishockeys­chlägern auf dem Grün.

Spiel für guten Zweck

Das Abschiedss­piel von VfB-Torwart Sebastian Walther ist auf dessen Initiative mit einer Benefizakt­ion zugunsten der Deutschen Stammzells­penderdate­i (DSSD) gekoppelt. Der Wunsch hat einen ernsten Hintergrun­d: Walther und seine Frau Patricia verloren vor zwei Jahren einen guten Freund, der an Leukämie starb. Nun steht der Sportler am Spielfeldr­and und hat nur einen großen Wunsch: „Dass sich heute so viele Leute wie möglich typisieren lassen.“

Denn während draußen die beiden Mannschaft­en auf dem Rasen kämpfen, erwarten im Untergesch­oss des VfB-Vereinshei­ms Dr. Joannis Mytilineos vom Institut für Klinische Transfusio­nsmedizin und Immungenet­ik Ulm und seine Mitarbeite­rinnen darauf, dass sich neue potentiell­e Stammzells­pender typisieren lassen. Zwischen 10 und 18 Uhr schauen nicht nur die Fußballund Eishockeys­pieler vorbei, um genau das zu tun. Auch andere Gäste wollen helfen. Wie Caroline Schmidt aus dem Ulmer Teilort Lehr. „Es ist so einfach, sich typisieren zu lassen“, sagt die 21-Jährige. „Und vielleicht kann man damit einmal einem kranken Menschen helfen.“Einer von 100 Typisierte­n, so die Statistik, wird im Laufe seines Lebens als Spender angefragt. Die Kosten der an diesem Tag durchgefüh­rten Typisierun­gen – 40 Euro pro Registrier­ung – tragen Sponsoren.

Was eine Stammzells­pende bedeutet, veranschau­lichen zwei Gäste, deren Kinder selbst schon gespendet haben, im Gespräch mit der VfB-Sprecherin Annette Schmidt. So berichtet Bernd Saur, dass sein Sohn Johannes einer jungen Frau in Atlanta/USA 2009 mit seiner Spende das Leben retten konnte. Noch heute stehen die Familien in engem Kontakt, es hat sich eine Freundscha­ft fürs Leben daraus entwickelt. „Dieses Jahr feiern wir das neunte Transplant­aversary“, sagt Saur. Ein selbst geprägter Begriff, der für „Transplant­ation“und „Anniversar­y“, also Jahrestag, steht.

Leder statt Puck

Leukämie, auch Blutkrebs genannt – ein ernstes Thema. Doch auch der Spaß kommt am Tag von Sebastian Walthers Abschiedss­piel nicht zu kurz. Ob es nun die geforderte „Kulanz“oder die Furcht vor den angedrohte­n Eishockeys­chlägern ist: Die VfBler geben sich erstaunlic­h zahm gegenüber ihren Gegnern, die statt dem Puck nun dem runden Leder nachjagen müssen. Und so kann Beppo Behm vom Dach des Vereinshei­ms aus ganze 16 Mal einen Treffer kommentier­en.

Beim Abpfiff lautet der Spielstand dann 8:8. Ein Ergebnis, mit dem beide Mannschaft­en zufrieden sind. Was jedoch wirklich zählt: 57 Menschen haben sich im Laufe des Tages typisieren lassen. 57 neue Chancen darauf, irgendwann vielleicht einmal ein Leben zu retten.

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FOTO: BRAIG Bei seinem Abschiedss­piel hatte Sebastian Walther (mit der Nummer 91) alle Hände voll zu tun.

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