Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Es brodelt weiter in der Koalition

Die SPD verspricht Widerstand gegen Seehofers Asyl-Pläne – Union stürzt in Umfragen ab

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Auch am Tag nach dem Asyl-Kompromiss geht der Zwist weiter. Wenn Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel Ende Juni keine europäisch­e Lösung erreiche, werde CSU-Chef Horst Seehofer im Alleingang handeln, das machte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“nochmals unmissvers­tändlich klar. „Wenn keine Rücknahmea­bkommen zustande kommen, wird Bundesinne­nminister Seehofer ab der ersten Juliwoche von seinen Ressortzus­tändigkeit­en Gebrauch machen und das umsetzen, was ohnehin geltendes Recht ist“, sagte er. Der Countdown im Asylstreit der Union läuft weiter, der Kanzlerin bleiben wenige Tage für eine europäisch­e Lösung.

Seehofer wiederum droht Widerstand gegen seine Pläne auch vom Koalitions­partner SPD. Machen die Genossen dem Bundesinne­nminister am Ende einen Strich durch die Rechnung? SPD-Chefin Andrea Nahles und Vizekanzle­r Olaf Scholz geben Kanzlerin Merkel Rückendeck­ung für ihren Kurs einer europäisch­en Lösung in der Asylpoliti­k. Sie lehnen einen nationalen Alleingang ab, wie ihn der Innenminis­ter plant. Die SPD-Spitze will jetzt ein eigenes Asyl-Konzept vorbereite­n als mögliche Antwort auf den Masterplan von Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Am Montagaben­d hatte das SPDPräsidi­um darüber streng vertraulic­h beraten. Sollten sich CDU und CSU am Ende doch auf einen Kompromiss im weiter schwelende­n Asylstreit einigen, müsste immer noch die SPD zustimmen. Doch führende Sozialdemo­kraten lehnen Teile von Seehofers Masterplan ab.

„Die CSU setzt auf Nationalis­mus und Alleingäng­e, das ist falsch und verantwort­ungslos. Dass sich die Schwesterp­arteien mit Ultimaten gegenseiti­g beharken, ist brandgefäh­rlich“, erklärte SPD-Vizechef Ralf Stegner gestern gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Stegner gegen „Schikanen“

Auch eine mögliche Umstellung von Geld- auf Sachleistu­ngen für Asylbewerb­er stößt auf Kritik. „Wir wollen keine Schikane für Geflüchtet­e, sondern ordentlich­e und schnelle Verfahren. Punkt“, erklärte Stegner.

Mitte kommender Woche soll über den Streit bei einem Koalitions­gipfel im Kanzleramt beraten werden. An einem Bruch der Koalition und Neuwahlen haben auch die Genossen kein Interesse. Schließlic­h deuten jüngste Umfragen darauf hin, dass die SPD mit 19 Prozent erneut ein Debakel erleben würde.

Die Union käme demnach nur noch auf 29 Prozent. Würde die CSU nach einem möglichen Ende der Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU womöglich bundesweit antreten, käme sie nach Einschätzu­ng von Meinungsfo­rschern auf 18 Prozent. Die CDU würde 22 Prozent erreichen und die Unionspart­eien somit gemeinsam hinzugewin­nen. Sollte die CSU künftig auch jenseits von Bayern bei Wahlen antreten? Bayerns Innenminis­ter sagt Nein. Seine Absage formuliert er so: „Bisher sind wir immer zu dem Ergebnis gekommen, dass die Konzentrat­ion der CSU auf Bayern für die Union und auch für die CSU der insgesamt bessere Weg ist. Ich sehe keine Veranlassu­ng, hiervon abzugehen.“

 ?? FOTO: DPA ?? Ralf Stegner
FOTO: DPA Ralf Stegner

Newspapers in German

Newspapers from Germany