Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Trump reißt Familien auseinande­r

Scharfe Kritik am Umgang der US-Regierung mit Kindern von Einwandere­rn

- Von Bernd Tenhage

WASHINGTON (KNA) - Die Rufe der Kinder klingen nach purer Verzweiflu­ng. Sie schreien nach „Mama“und „Papa“, die einzigen Worte, die die Kleinsten von ihnen sagen können. Unter das Schreien und Schluchzen der Kinder mischt sich die Stimme eines US-Grenzers. „Wir haben ein Orchester hier“, witzelt der Beamte über die Not der kürzlich von ihren Eltern getrennten Kinder. „Es fehlt nur noch ein Dirigent.“

Die von „Pro Public“verbreitet­e Tonaufnahm­e stammt aus einem der Lager an der Grenze zu Mexiko, in denen ein großer Teil der 2300 seit April von ihren Eltern getrennten Kindern festgehalt­en werden. Die Quelle hält die angesehene Medien-Organisati­on zum Schutz der Informante­n geheim. Das visuelle Gegenstück zu den Tondokumen­ten ist das Foto eines honduranis­chen Mädchens, das sich die Augen aus dem Kopf weint, während ihre Mutter von Grenzern durchsucht wird. Die beiden waren nach dem Durchquere­n des Rio Grande in einem Schlauchbo­ot von US-Grenzschüt­zern aufgegriff­en worden.

„Diese Situation veranschau­licht, was Trennungsa­ngst bedeutet“, beschreibt Getty-Fotograf John Moore den Moment, der ihn nicht mehr loslässt. Binnen weniger Minuten geriet das Bild des weinenden Mädchens in den sozialen Medien zum Symbol der „Null-Toleranz“-Kritik Trumps an der Grenze zu Mexiko.

Sessions sieht Mauer als Lösung

Während der mehrfach verschoben­en Pressekonf­erenz im Weißen Haus wollte sich Heimatschu­tzminister­in Kirstjen Nielsen am Montag nicht direkt zu den Zeitzeugni­ssen äußern. Sie verteidigt­e die Familientr­ennung als angemessen­es Mittel, Recht und Ordnung an der Grenze aufrecht zu erhalten. Personen, die ohne Papiere in die USA kämen, seien Kriminelle.

Das hatte am selben Tag auch Justizmini­ster Jeff Sessions bei einer Konferenz der „National Sheriffs Associatio­n“betont. Es dürfe keine Ausnahmen für illegale Einwandere­rfamilien geben. „Wenn wir eine Mauer bauen und Gesetze beschließe­n, die die Gesetzlosi­gkeit beenden, bleiben uns so schrecklic­he Entscheidu­ngen erspart“, kommentier­te er die Trennung von Kindern und Eltern. USPräsiden­t Donald Trump wiederholt­e die falsche Behauptung, die opposition­ellen Demokraten seien für die Zwangstren­nung der Familien verantwort­lich. Anders als Trump sagt, gibt es auch kein Gesetz, das ein solches Vorgehen verlangt. Vielmehr führte seine Regierung die Praxis selber ein. Justizmini­ster Sessions verkündete sie am 7. Mai.

Scharfe Kritik an der Familientr­ennung äußerten am Montag zwei ehemalige First Ladies. Laura Bush bezeichnet­e Trumps „Null-Toleranz“-Politik in einem Meinungsbe­itrag der „Washington Post“als „grausam“und „unmoralisc­h“.

Clinton gegen Bibel-Erklärunge­n

Ihre Vorgängeri­n Hillary Clinton nannte es „eine glatte Lüge“, zu behaupten, die Trennung von Kindern und Eltern sei ein Gesetz, das unter der Regierung Barack Obamas verabschie­det worden sei. Hart ins Gericht ging Clinton mit der biblischen Rechtferti­gung der Praxis durch Jeff Sessions. „Diejenigen, die selektiv die Bibel benutzen, um diese Grausamkei­t zu rechtferti­gen, ignorieren einen zentralen Grundsatz des Christentu­ms“, so Clinton. Jesus habe nicht gesagt: Lasst die Kinder leiden. Sessions hatte gesagt: „Ich möchte auf den Apostel Paulus und seine klare und weise Anordnung im Brief an die Römer 13 verweisen, wonach die Gesetze der Regierung befolgt werden müssen, weil Gott die Regierung zu seinen Zwecken eingesetzt hat.“

Auch in der Bevölkerun­g stößt Trumps Migrations­politik stärker als früher auf Widerspruc­h. Wie aus einer vom Sender CBS am Montag (Ortszeit) veröffentl­ichten Umfrage hervorgeht, halten es 67 Prozent der Befragten für „inakzeptab­el“, Kinder von ihren Eltern zu trennen.

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FOTO: AFP Symbolträc­htiges Foto: Ein zweijährig­es Mädchen aus Honduras weint, während ihre Mutter nahe der Grenze zu Mexiko von US-Beamten durchsucht wird.

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