Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tiefgefror­en, eingemauer­t und vergammelt

Deutsche horten noch immer Milliarden D-Mark – Geldverste­cke sehr kreativ – Umtausch in Euro weiter möglich

- Von Moritz Schildgen

● RAVENSBURG - Für die 5,91 Milliarden Deutsche Mark (umgerechne­t 3,02 Milliarden Euro), die laut Deutscher Bundesbank noch im Umlauf sind, könnte man mit Frankreich (1,08 Milliarden Euro), Spanien (1,03 Milliarden Euro) und Brasilien (981 Millionen Euro) die drei aktuell teuersten Fußball-Nationalma­nnschaften kaufen und hätte dann noch 100 Millionen Euro übrig für einen zehntägige­n Urlaub auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS.

Dass immer noch Kunden mit Mark und Pfennigen an den Bankschalt­er kommen, ist im Südwesten nicht unüblich, wie eine nicht repräsenta­tive Umfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“ergeben hat. In den Filialen der Volksbank Ulm-Biberach beispielsw­eise gebe es rund zwei Umtauschan­fragen pro Monat, gibt Sprecherin Sylvia Höhn Auskunft. Meist seien es Beträge zwischen 100 und 500 Mark, die häufig bei Haushaltsa­uflösungen und auffallend oft in Büchern gefunden werden.

Bei der Kreisspark­asse Tuttlingen sei es keine zwei Wochen her, dass ein Kunde D-Mark tauschen wollte, sagt Sprecher Christian Mayer. Das käme so zweimal im halben Jahr vor, schätzt er. An eine Kundin erinnere sich Mayer noch sehr gut. Die sei verzweifel­t gewesen, weil sie wegen der Umstellung auf den Euro 2002, Geld umtauschen musste. Es stellte sich heraus, dass es Schwarzgel­d war und dass die Frau es eingefrore­n hatte, damit es länger hält. Sie wollte wissen, welche Mengen sie auftauen sollte, um unter dem damals geltenden meldepflic­htigen Betrag zu bleiben. Natürlich habe man der Kundin gesagt, so Mayer, sie müsse das Geld beim Finanzamt anmelden – tiefgefror­en oder nicht.

Ebenfalls gut in Erinnerung geblieben ist einem Mitarbeite­r einer anderen Kreisspark­asse ein Kunde, der Anfang der 1990er-Jahre alte DMark-Scheine in neue umtauschen wollte. Der Kunde sei mit einer muffig und nach Keller riechenden Plastiktüt­e zum Schalter gekommen. Darin seinen über 100 000 Mark gewesen, teilweise vergammelt und angeschimm­elt, erinnert sich der Sparkassen­mitarbeite­r. Mit den neuen Scheinen in der Plastiktüt­e sei der Kunde dann wieder gegangen.

Keine drei Jahre sei es her, dass eine Kundin eine größere Menge an DMark von der Volksbank Bad Saulgau in Euro umtauschen lassen wollte, erzählt Sprecher Andreas Ostermaier. Die Frau habe das Geld bei der Renovierun­g ihres Bades gefunden. Ihr verstorben­er Mann hatte es hinter den Fliesen eingemauer­t. Sonst seien es in der Regel kleinere Beträge, die Kunden alle zwei bis drei Wochen in Euro umtauschen lassen wollen, so Ostermaier.

Wer selbst noch Mark und Pfennig zu Hause hat, kann diese unbegrenzt bei der Deutschen Bundesbank in Euro umtauschen. Allerdings bieten nicht alle Banken und Sparkassen ihren Kunden den Service an, alte D-Mark-Bestände an die Bundesbank zu schicken.

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