Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Justiz erhöht Druck im Dieselskan­dal

Für die Chefs der deutschen Autobauer wird es auch in Deutschlan­d zunehmend ungemütlic­h

- Von Kristina Priebe und dpa

● RAVENSBURG/STUTTGART (dpa) Sie haben sich viel Zeit gelassen. Knapp drei Jahre nach dem Auffliegen des Dieselskan­dals in den USA kommen Behörden und die Justiz auch hierzuland­e so richtig in Fahrt. In immer kürzeren Abständen schlägt es derzeit bei den Großen der Branche ein. Gerade erst war erneut Audi dran, davor mal wieder VW, davor der bis dahin noch weitgehend verschonte Daimler – alles in bisher nicht gekannten Dimensione­n.

Ob nun noch weitere Manager bangen müssen, lassen sich die Ermittler verständli­cherweise nicht entlocken. Zuletzt war es allerdings immer so, dass sie recht kurzfristi­g zuschlugen, nachdem sie bekanntgeg­eben hatten, wen sie konkret bei ihren Ermittlung­en im Visier haben. Dass dazu bei VW zum Beispiel ExVorstand­schef Martin Winterkorn zählt, ist schon relativ lange bekannt, ohne dass es konkrete Schritte der Ermittler gegen ihn gegeben hätte. Anders als in den USA, wo gegen Winterkorn ein Haftbefehl vorliegt.

„Für eine Verhaftung müssen konkrete Hinweise auf Verdunkelu­ngsgefahr vorliegen“, erklärt der Berliner Rechtswiss­enschaftle­r Carsten Momsen. Die habe die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig scheinbar im Fall Winterkorn nicht als gegeben gesehen. „Das müsste die Staatsanwa­ltschaft auch beweisen“, sagt Momsen. Dasselbe gilt für alle anderen Mitarbeite­r der betroffene­n Autokonzer­ne.

Dass die Justiz im Dieselskan­dal scheinbar härter durchgreif­t als zuvor, das beobachtet auch Momsen. Die Justiz habe sich seiner Meinung nach von der härteren Vorgehensw­eise in Amerika beeindruck­en lassen, die Haftbefehl erteilt hat. Hinzu kommen die negativen Reaktionen aus Deutschlan­d mit dem Vorwurf, dass im eigenen Land nichts getan werde. Der wachsende politische Druck sei ebenfalls ein Faktor.

Überrasche­nde Geldbuße

Eine ganz neue Front hat die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig vergangene Woche aufgemacht. Nach mehr als zwei Jahren Ermittlung verhängte sie gegen VW überrasche­nd eine Geldbuße: eine Milliarde Euro wegen „Aufsichtsp­flichtverl­etzungen“ im Konzern. Und es könnten weitere folgen. Gegen Daimler zum Beispiel gibt es bislang zwar kein solches Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren. Es werde allerdings fortlaufen­d geprüft, ob eines eröffnet werde, heißt es bei der Staatsanwa­ltschaft. Das sei jederzeit möglich, auch parallel zu den strafrecht­lichen Ermittlung­en. Dazu kommt zumindest im Fall Daimler noch der mögliche Zorn des Bundesverk­ehrsminist­ers. Andreas Scheuer (CSU) soll Daimler-Chef Dieter Zetsche ebenfalls mit Geldbußen gedroht haben.

Und dann ist da noch ein Richter in Stuttgart, der am Landgerich­t der schwäbisch­en Autofahrer-Metropole etliche Klagen von VW-Anlegern verhandelt. Im Herbst will er dann eine ganze Reihe hochkaräti­ger Zeugen in seinem Gerichtssa­al sehen, darunter Winterkorn, Stadler und alles, was sonst Rang und Namen hat in der deutschen Autobranch­e – bis hin zu Minister Scheuer.

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FOTO: DPA Auch Daimler-Chef Zetsche wirkt inzwischen angeschlag­en.

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