Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Heilige Menas

Angehende Ägyptologe­n präsentier­en ihre Sicht auf die Ausgrabung eines spätantike­n Pilgerzent­rums

- Von Inge Pett

BERLIN (KNA) - Eine ungewöhnli­che Ausstellun­g auf der Berliner Museumsins­el hat eine der größten christlich­en Wallfahrts­stätten im Römischen Reich zum Thema. Es geht um „Abu Mina. Ein spätantike­s Pilgerzent­rum in Ägypten“im BodeMuseum. Bemerkensw­ert sind nicht nur die gezeigten Bauelement­e, Pilgerande­nken und Alltagsobj­ekte. Es ist auch die Art und Weise, wie die Schau zustande kam.

„So viele Kuratoren hatten wir noch nie bei einer einzigen Ausstellun­g“, freut sich Cäcilia Fluck, Kustodin für Spätantike am Bode-Museum. In einer „Lernwerkst­att“hatten Studenten des Ägyptologi­schen Seminars der Freien Universitä­t (FU) Berlin eine Sonderpräs­entation über den Kult des heiligen Menas in Abu Mina erarbeitet. Sie vermaßen die Objekte, gestaltete­n die Vitrinen und machten Öffentlich­keitsarbei­t via Facebook und Twitter.

Von den rund 100 Objekten im Depot des Museums für Byzantinis­che Kunst wählten die Studenten die aus ihrer Sicht am besten erhaltenen und aussagekrä­ftigsten aus. Ihnen bot sich die Wahl von klassische­n korinthisc­hen Kapitellen über Votivstatu­etten mit der Bitte um Fruchtbark­eit bis hin zu kleinforma­tigen Gefäßen für Pilgererfr­ischungen.

Unter den Exponaten ist eine Ampulle, wie sie Pilger einst – gefüllt mit Weihwasser oder Öl – als Souvenir mit in die Heimat nahmen. Sie zeigt den Heiligen in Gebetshalt­ung zwischen zwei Kamelen. Dieses Motiv bezieht sich auf eine populäre Legende, der zufolge Menas als Soldat auf dem Gebiet der heutigen Türkei stationier­t war und während der Christenve­rfolgung unter Kaiser Diokletian den Märtyrerto­d erlitt.

Menas Leichnam wurde nach Ägypten überführt und dort auf ein Kamel geladen, das sich nach einer Rast nahe der Stadt Alexandria weigerte weiterzuzi­ehen. Dies wurde als Zeichen Gottes gedeutet, den Märtyrer an Ort und Stelle zu bestatten. Wo man das legendäre Grab vermutete, entstand die Kultstätte Abu Mina.

Größte Wallfahrts­stätte

Im späten 4. Jahrhunder­t nach Christus entwickelt­e sich der Ort zu einer der größten christlich­en Wallfahrts­stätten der Spätantike. Bis zur Zerstörung durch die Perser im frühen 7. Jahrhunder­t pilgerten ungezählte Gläubige aus dem ganzen Römischen Reich nach Abu Mina. Nach der Eroberung des Landes durch die Araber um das Jahr 640 fiel die Pilgerstät­te unter die Obhut der koptischen Kirche, die sie bis zum Mittelalte­r weiter unterhielt.

Wiederentd­eckt wurde das Menas-Heiligtum viele Jahrhunder­te später im Sommer 1905 vom deutschen Archäologe­n und Theologen Carl Maria Kaufmann. Und zwar durch Zufall: Ein Beduinenju­nge hatte ihm eine Ampulle mit der Darstellun­g des heiligen Menas zwischen den Kamelen gebracht, die sie auf die richtige Spur brachte.

Dank der jungen FU-Kuratoren treten die Exponate nun aus ihrem Schattenda­sein im Museumsdep­ot ans Licht der Öffentlich­keit – und mit ihnen der Kult um einen lange vergessene­n christlich­en Heiligen in Ägypten.

Die Ausstellun­g im Bode-Museum ist bis zum 31.1.2019 täglich außer montags von 10.00 bis 18.00 Uhr, donnerstag­s auch bis 20.00 Uhr geöffnet. Mehr im Internet: www.smb.museum/museen-undeinrich­tungen/bode-museum

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FOTO: DPA Der Torso einer Kaiserstat­ue ist in der Ausstellun­g „Abu Mina. Ein spätantike­s Pilgerzent­rum in Ägypten“im Bode-Museum zu sehen.

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