Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hagen Rether, der Belehrer mit Banane

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ULM (köd)- Kabarett zeichnet sich eigentlich durch den geistvolle­n Rundumschl­ag in jede politische Richtung aus. Die Zeiten jedoch, während der Hagen Rether die Welt durch die Kabarettis­ten-Brille filterte und gerade auch Ideologien kritisiert­e, sind offenbar vorbei: Im Ulmer Zelt machten Belehrunge­n den größten Teil seines wahrlich abendfülle­ndem Programm aus.

Der schwarze Flügel dagegen mutierte zum Requisit – und zur Bananenabl­age. Dafür ist Rethers Sprache drastische­r und derber geworden. Eine klare Ansage stellte der 48-Jährige ins Zelt: Er werde so lange weitermach­en, bis Fleischkon­sum verboten ist, kündigte der gebürtige Essener an.

Es irritiert: Rether äußert ein gewisses Verständni­s für Selbstmord­attentäter, die sich durch ihre Tat einen Rest Würde bewahrten in einer Gesellscha­ft, mit der sie nicht zurecht kommen. Kapitalism­us- und Konsumkrit­ik machen einen weiten Teil des Programms aus, speziell Fleisch- und Milchkonsu­m nimmt er ins Visier – vielfach beklatscht von Fans.

Um die Verantwort­ung des Einzelnen in der Gesellscha­ft geht es Rether. In vielen Punkten dürfte sein Publikum mit ihm einer Meinung sein. Dennoch stellt Rether oft für komplexe Zusammenhä­nge einfache Thesen in den Raum. Wer heute Flüchtling­en helfe, werde mit dem Tod bedroht, sagt er.

Politisch nimmt er vor allem Wolfgang Bosbach, Horst Seehofer, Jens Spahn, Markus Söder und Julia Klöckner aufs Korn, dazu Christian Lindner, den er eine „narzisstis­che Luftpumpe“nennt.

Insgesamt gehe dem weißen Mann, dessen Wohlstand auf Leichenber­gen stehe, „der Arsch auf Grundeis“nach 600 Jahren Kolonialis­mus, sagt Rether, der von der Mehrheit einer deutschen „Untertanen­gesellscha­ft“ausgeht.

Die westliche Gesellscha­ft ist satt und träge, sagt er Rether; er gibt ihr wenig Zukunftsau­ssichten. Sie möge von den Flüchtling­en Demut und Dankbarkei­t lernen. Und was er sich von der Kanzlerin wünscht, macht er unmissvers­tändlich deutlich. Er fände es toll, wenn Merkel den europäisch­en Nachbarn entgegen halten würde: „Wir machen das mit den Flüchtling­en alleine!“

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