Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eine saugute Geschichte

Ulmer Zelt I: Michael Hatzius und Dorothee Carls kommen mit ihren familienta­uglichen „Drei Schweinen“bestens an

- Von Dagmar Hub

ULM - Mehrfach war der Puppenspie­ler Michael Hatzius im Ulmer Zelt – doch wie der 36-jährige Berliner aussieht, nahm man eigentlich kaum wahr. Denn wenn Hatzius mit seiner Echse auftritt und das überlebens­große Ur-Reptil über die Welt und ihre Geschichte philosophi­eren lässt, verschmelz­en beide zu einer Einheit.

Eine ganz andere Seite seiner selbst zeigte Hatzius beim Kinderprog­ramm des Ulmer Zelts gemeinsam mit seiner Partnerin Dorothee Carls: Ihr „Theater Urknall“amüsierte Kinder mit einem an das englische Märchen von den drei kleinen Schweinche­n angelehnte­n Stück köstlich. Bekannt ist die Geschichte auch durch die Verfilmung von Walt Disney. Carls und Hatzius präsentier­ten eine in der DDR erschienen­e Version, bei der der hungrige Wolf am Ende platzt. Für ganz Kleine allerdings waren die „Drei Schweine“angesichts mehrerer Handlungse­benen weniger geeignet.

Sie lassen es sich saugut gehen, die kleinen Schweinche­n im Stroh. Eigentlich vor allem das wollige helle Schweinche­n und das dunkle Ferkel vom Typ Wildschwei­n. Sie verhauen einander mit der Fliegenkla­tsche, sie spielen Verstecken, und sie imitieren Tiere; sie kriegen sich im besten Sächsisch gewaltig in die Wolle. Steffi, das dicke borstenlos­e Schwein mit Lebenserfa­hrung, das den Chef gibt, ist bei den beiden kleineren Schweinche­n weniger beliebt.

Aber da ist doch etwas, und das macht ungute Gefühle: Da sind Fußabdrück­e und Haare eines Wolfes. Wenn die kleinen Ferkel das Sandmännch­en im Fernsehen anschauen, sehen sie, wie Ernie und Bert Angst vor dem Wolf haben, wie aber der Wolf die beiden Figuren aus der Sesamstraß­e sogar küsst. Nein, Angst muss man keine haben. Oder doch? Man baut sich zur Sicherheit Häuschen – ein Ferkel versucht es mit Stroh, eines mit Holzkisten. Die misslaunig­e Steffi, die lange überlegt, baut ein Steinhaus. Der Wolf kommt tatsächlic­h, er ist hungrig und hat Junge, die ebenfalls Appetit haben. Der Wolf pustet und pustet gegen die Häuschen, und er entfacht einen Sturm, bei dem die Leichtbauw­eise-Häuschen umfallen. Steffi aber, lang beschimpft, rettet die beiden leichtfert­igeren Schweinche­n und gibt ihnen Unterschlu­pf in ihrem Steinhaus.

Dass Michael Hatzius und Dorothee Carls viel Wissenshin­tergrund haben, blitzt bisweilen in Zitaten durch. So im unterschwe­llig-dunklen Flüstern aus Rilkes „Herbsttag“: „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr ...“Hatzius und Carls gelingt es, mit den Figuren eins zu werden – und gleichzeit­ig so sichtbar zu bleiben, dass die jungen Zuschauer ohne Angst den Unterschie­d zwischen Mensch und Figur wahrnehmen können.

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FOTO: HUB Michael Hatzius mit zwei der „Drei Schweine“, mit denen er und seine Partnerin Dorothee Carls das Ulmer Zelt bestens unterhielt­en.

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