Andreas Englisch ist vom jetzigen Papst fasziniert
LangjährigerVatikankorrespondent spricht in Öpfingen über den Wandel im Zentrum der katholischen Kirche
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ÖPFINGEN - Es gibt Veranstaltungen in der Reihe „Christsein bewegt“der katholischen Seelsorgeeinheit Donau-Riß und der evangelischen Kirchengemeinde Ersingen, die stärker besucht sind als andere. Eine davon war am Dienstag der Vortrag des langjährigen deutschen Vatikankorrespondenten Andreas Englisch über seine Begegnung mit Päpsten.
Für den Andrang bei den meisten Vorträgen zu christlichen Themen reicht der Platz im Rißtissener Gemeindehaus Arche völlig aus. Nicht so, wenn Pikantes aus dem Zentrum der katholischen Kirche angesagt ist. 300 Stühle hatte das Organisationsteam in der Öpfinger Mehrzweckhalle bereitgestellt und bis auf ganz wenige waren alle besetzt.
Andreas Englisch ist ein deutscher Journalist, der sich auf die Berichterstattung aus dem Vatikan spezialisiert hat. Um Italienisch zu lernen, begab er sich nach eigener Aussage im Alter von 24 Jahren nach Rom, suchte einen Job und wurde Vatikankorrespondent, weil die angesparten 4000 Mark nach zwei Monaten aufgebraucht waren und eine amerikanische Agentur jemanden suchte, der sich im Vatikan auskannte. Das tat der junge Mann damals keineswegs. „Ich hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung“, beschrieb er in Öpfingen den Beginn seiner journalistischen Karriere auf einem Terrain, dem er innerlich fern stand. Gottesdienste habe er nicht besucht und der Papst habe ihn nicht interessiert. Dennoch kam es schon im April 1988 zur ersten Begegnung mit ihm, als Johannes Paul II. die Vatikankorrespondenten in die Sommerresidenz Castelgandolfo geladen hatte. Der Papst sprach ihn italienisch an, und Englisch verstand kein Wort. Auf Deutsch wurde der Dialog fortgesetzt, und der bekennende Fußballfan erfuhr, von einer gewissen Abneigung seiner Heiligkeit gegenüber dem Sport, weil er als kleiner Junge in der Rolle des zweiten Torpfostens scheinbar nicht sehr glücklich gewesen war. „Karol, du bist doch der Junge, der den zweiten Torpfosten spielte“, habe ihn beim Besuch seiner Heimatstadt Wadowice eine Frau angesprochen, lieferte der Papst eine Erweiterung der druckreifen Anekdote dazu.
Das Pontifikat von Papst Franziskus schildert Andreas Englisch als Kampf hinter den Kulissen. Dem Papst stehe ein Kurienapparat gegenüber, dem der Pontifex spirituellen Alzheimer, Hochmut, Verschwendung und Niedertracht bescheinigt. Der Papst mit dem bürgerlichen Namen Jorge Mario Bergoglio ist scheinbar immer irgendwo, wo sich andere Leute auch aufhalten. An Armen hat er seine Freude, Reichtum hasst er. „In so ein protziges Auto steige ich nicht ein“, habe er sich geweigert, nach seiner Wahl die ihm zustehende Limousine zu benutzen. Bekanntlich zieht er eine kleine Wohnung im Gästehaus des Vatikans dem Aufenthalt im Apostolischen Palast vor. „Als ich anfing, über Päpste zu schreiben, war ich kein gläubiger Christ, sondern ein rebellischer junger Mann“, sagt Andreas Englisch über seinen Wandel zum Fan der faszinierenden Führungsfigur in Rom.