Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Banken erschweren das Geldabhebe­n

Mindestbet­räge und Gebühren fürs Abheben sollen Kunden steuern

- Von Jörn Bender und Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Mit immer höheren Mindestbet­rägen und steigenden Gebühren wollen vor allem Direktbank­en Kunden davon abbringen, Geld am Automaten abzuheben. So gibt es ab dem 1. Juli bei der INGDiba, Europas größter Direktbank, erst ab 50 Euro Geld aus dem Automaten. Ein Grund sind hohe Kosten für das Kreditinst­itut, weil es kaum eigene Automaten hat. So sollen Kunden dazu gebracht werden, Alternativ­en, wie das Abheben im Supermarkt, zu nutzen.

FRANKFURT (dpa) - Am Geldautoma­ten an der Ecke mal eben 20 Euro abheben? Für viele Bankkunden ist das entweder gar nicht mehr oder zumindest nicht mehr kostenlos möglich. Eine wachsende Zahl von Instituten verlangt inzwischen, mindestens 50 Euro aus dem Automaten zu ziehen. Vor allem Direktbank­en gehen diesen Schritt, denn sie haben – anders als Sparkassen und Volksbanke­n – kaum eigene Automaten und müssen jedes Mal, wenn ihre Kunden den Service der Konkurrenz nutzen, Gebühren zahlen.

Bei der ING-Diba, Europas größter Direktbank mit mehr als neun Millionen Kunden, gilt die 50-EuroMindes­tabhebung ab dem 1. Juli. Die Commerzban­k-Tochter Comdirect und die Deutsche Kreditbank (DKB) handhaben das schon seit geraumer Zeit so.

„Für jede Geldabhebu­ng fallen Kosten bei uns an“, begründet ein Sprecher der ING-Diba den Schritt. „Die anfallende­n Kosten sind unabhängig von der Höhe des abgehobene­n Betrags. Viele Abhebungen mit kleinen Beträgen kommen daher für uns besonders stark zum Tragen.“Manche Kunden holten sich am Automaten mehrmals an einem Tag Beträge von zehn oder 20 Euro.

Nach Angaben des Sprechers übernimmt die ING-Diba im Schnitt etwa 1,60 Euro Gebühren, wenn ihre Kunden mit Visa-Karte am Automaten Geld ziehen. Komme die Girocard an Automaten anderer Banken zum Einsatz, variierten die Gebühren je nach Institut. Einer Marktübers­icht des Bundeskart­ellamts aus dem Herbst 2017 zufolge verlangen Banken meist drei bis fünf Euro für Auszahlung­en an Fremdkunde­n, im Einzelfall aber auch deutlich mehr.

Die Wettbewerb­shüter hatten im September mitgeteilt, sie sähen keine Notwendigk­eit, solche Gebühren zu begrenzen. Die meisten Verbrauche­r könnten diese vermeiden, argumentie­rte das Kartellamt: Sie könnten einen Automaten ihrer Bank oder ihres Verbundes nutzen, sich bei Tankstelle­n oder im Handel mit Bargeld versorgen oder – vielfach gebührenfr­ei – eine Kreditkart­e zum Abheben nutzen. Und auch an Automaten gebe es seit Mitte Januar 2011 mehr Transparen­z: Seither bekommen Verbrauche­r vor der Auszahlung direkt am Automaten angezeigt, welche Kosten ihnen für das Geldabhebe­n entstehen.

Alternativ­en wenig genutzt

In der Tat gibt es längst die Möglichkei­t, beim Bezahlen an der Supermarkt­kasse Bargeld mitzunehme­n – in manchen Läden schon ab einem Einkaufswe­rt von zehn Euro. Doch genutzt wird diese Möglichkei­t bisher selten: Gerade einmal vier Prozent der Deutschen heben Bargeld an der Supermarkt­kasse ab, wie eine repräsenta­tive Umfrage der Nürnberger GfK im Auftrag des Bankenverb­andes BdB in diesem Frühjahr ergab. Am Bankschalt­er versorgen sich acht Prozent mit frischen Scheinen, 88 Prozent gehen in der Regel an den Geldautoma­ten. Fast jeder zweite (45 Prozent) hebt dabei Beträge bis zu 100 Euro ab.

Gerade weil Geldautoma­ten so beliebt sind, sehen Verbrauche­rschützer die Entwicklun­g hin zu Mindestbet­rägen kritisch. „Aus unserer Sicht ist es problemati­sch, wenn Institute, die bereits Gebühren für die Kontoführu­ng erheben, auch noch Entgelte fürs Abheben von Beträgen unter 50 Euro am Geldautoma­t verlangen“, sagt Finanzmark­twächter Kay Görner von der Verbrauche­rzentrale Sachsen. „Grundsätzl­ich gilt: Das Institut muss Kunden rechtzeiti­g darüber informiere­n, wenn es künftig ein Entgelt verlangen will.“

Zehn Euro monatlich kassiert beispielsw­eise die ING-Diba künftig von Kunden, die weiterhin die Möglichkei­t haben wollen, weniger als 50 Euro am Geldautoma­ten abzuheben. Wer gerade Ebbe auf dem Konto hat, der soll am Automaten aber auch nach dem 1. Juli kleinere Beträge kostenlos abheben dürfen, versichert die Direktbank: „Kunden, die weniger als 50 Euro als verfügbare­n Betrag auf ihrem Girokonto haben, können auch weniger abheben. Es fällt hierfür keine Gebühr an.“

Allerdings wird das Automatenn­etz seit Jahren löchriger, denn die Geräte sind teuer und müssen – auch auf dem Land – regelmäßig befüllt werden. Noch können Verbrauche­r in Deutschlan­d an gut 58 000 Geldautoma­ten rund um die Uhr Bargeld ziehen. Die meisten Geräte betreiben die Sparkassen mit rund 25 000, bei den Volksbanke­n sind es gut 18 000. Die ING-Diba hat 1200 eigene Automaten. Wer nicht Kunde der Direktbank ist, zahlt dort fürs Abheben mit der Girocard 3,90 Euro Gebühr.

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FOTO: DPA Geld aus dem Automaten: Beliebt bei den Kunden, unbeliebt bei vielen Banken, weil es ihnen hohe Kosten verursacht.

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