Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Frau stirbt bei Familienst­reit

Bregenz wird am Montag Schauplatz eines Dramas im Milieu von Bettelband­en

- Von Uwe Jauß

BREGENZ - Familiendr­ama in der Vorarlberg­er Hauptstadt Bregenz: Eine 27-jährige Rumänin stirbt am Montag infolge eines Streites mit ihrem 30-jährigen, ebenfalls aus Rumänien stammenden Mann. Sie stürzt aus dem zweiten Stock eines Hauses. Wie Nachbarn aussagen, sei die Frau schwanger gewesen. Ob sie gesprungen ist oder von ihrem Mann gestoßen wurde, muss die Polizei noch ermitteln. Möglicherw­eise ist ihr auch eine Schussverl­etzung zugefügt worden. Der Streit hat sich in der Wohnung der Familie abgespielt.

Das jüngste, vier Jahre alte Kind ist offenbar Zeuge des Dramas. Als die Polizei eintrifft, wird es von seinem Vater als Geisel genommen. Nach rund vier Stunden Verhandlun­gen mit den Beamten spitzt sich das Drama nochmals zu: Der Mann springt aus dem zweiten Stock. Schwer verletzt kommt er in ein Krankenhau­s und wird festgenomm­en.

Anwohner haben gegen 10.15 Uhr einen lauten Streit in der Wohnung des Paares gehört. Wie es heißt, sei es bereits öfters zu solchen Konflikten gekommen. Eine Nachbarin alarmiert die Polizei. „Als sie gerade mit einer Beamtin spricht, habe diese im Hintergrun­d einen Schuss gehört“, wird am späten Nachmittag auf einer Pressekonf­erenz der Polizei bekannt gegeben. Jedenfalls rückt die Polizei nach der Alarmierun­g sofort aus. Die erste Streife entdeckt das Opfer auf dem Boden liegend vor dem Haus. Eine Kopfverlet­zung ist sichtbar. Vorerst ist aber das Bergen des Opfer nicht möglich. Im Polizeiber­icht heißt es, der mutmaßlich­e Täter habe am Fenster im zweiten Stock mit einer Pistole gewedelt. Zudem seien von ihm Drohungen ausgestoße­n worden.

Kinder waren in der Schule

Die Polizei riegelt daraufhin das Wohngebiet an der Bregenzer Ach komplett ab. Anlieger müssen vorsichtsh­alber aus ihren Häusern. Das Viertel ist von Sozialwohn­ungen geprägt. Im Haus des Dramas ist eine Pizzakneip­e untergebra­cht. Früher war sie eine berüchtigt­e Kaschemme. Eigentlich will dort niemand wohnen, der nicht muss. Die Familie ist erst vergangene­n September zugezogen. Neben dem Kleinkind hat das Paar noch drei weitere Kinder. Sie sind während der Tat jedoch in der Schule. Ihr Vater wie ihre Mutter haben bereits Eintragung­en bei der Polizei. Sie gehören zu Bettelband­en rumänische­r Roma, die seit Jahren am östlichen Bodensee aktiv sind. Der 30-Jährige ist laut Polizei-Angaben im Weiteren auch bereits durch kleinkrimi­nelle Delikte aufgefalle­n. Nach Eintreffen der Beamten hält sich der mutmaßlich­e Täter verschanzt. Er hat inzwischen außer seinem vierjährig­en Kind noch eine schwangere Frau in der Wohnung als Geisel genommen. Neben der Vorarlberg­er Landespoli­zei treffen nun auch Mitglieder des Sonderkomm­andos Cobra ein. Es entspricht in etwa den deutschen SEKs. Mit ihrer Hilfe kann endlich das Opfer geborgen werden. „Der Notarzt hat aber nur noch den Tod feststelle­n können“, sagt der stellvertr­etende Landespoli­zeidirekto­r Gerhard Ellensohn.

Nun kommt es zu langen Verhandlun­gen mit dem mutmaßlich­en Täter. Entspreche­nd dafür geschulte Polizisten sind vor Ort. Erst gelingt es ihnen, das Freilassen der Geiseln zu erreichen. Dann naht die Entscheidu­ng. Cobra-Mitglieder können im Haus in die Nähe des Mannes kommen. Kurz vor 14 Uhr versuchen sie den Zugriff. „Mit der Hilfe einer überreicht­en Zigaretten­schachtel“, wird die Situation auf der Pressekonf­erenz beschriebe­n. Der Zugriff misslingt. Der Mann kann sich offenbar losreißen, rennt zum Fenster und springt. Bei den folgenden Ermittlung­en entdecken Beamte eine Handfeuerw­affe. Philipp Stadler, ein Kriminaler, der die Untersuchu­ngen leitet, meint: „Es ist wohl eher eine Schrecksch­usspistole.“Genauere Erkenntnis­se stünden aber noch aus. Dies gilt ebenso für den Zustand und die Todesursac­he des Opfers. Für weitere Angaben möchte die Polizei die Obduktion am Dienstag abwarten. Auch der Grund der familiären Auseinande­rsetzung ist bisher ungeklärt.

Nachbarn: Familie war unauffälli­g

Aus der Nachbarsch­aft wird berichtet, dass die Familie abgesehen von den genannten Streiterei­en unauffälli­g gewesen sei. So hätten die Eltern etwa darauf geachtet, dass ihre schulpflic­htigen Kinder zum Unterricht gehen.

Dass das Haus an der Bregenzer Ach zum Domizil der Familie geworden ist, hat mit einem Pfarrer aus Alberschwe­nde im Bregenzerw­ald zu tun. Er empfahl sie dem Vermieter, einem älteren Mann, der aus Bosnien stammt. In gebrochene­m Deutsch meint er: „Der Pfarrer hat gesagt, es sei eine ganz nette Familie.“Für ihn hätten die Leute aber einen Hang zum Asozialen gehabt. Verstehen kann er das Drama nicht. Der Bosnier wohnt zwar selber in dem Gebäude. Während der Tat sei er aber in der Stadt gewesen. „Meine Frau und ich sind jetzt völlig vor den Kopf geschlagen“, lauten seine Worte.

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FOTO: NEUE Polizeiein­heiten warten in der Nähe des Tatortes in Bregenz.

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