Machtkampf bei Real
Geschäftsführung will alten Tarifvertrag aufkündigen
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HANNOVER/DÜSSELDORF - Nach einer gerade erfolgten Umstrukturierung bei der zum Metro-Konzern gehörenden Einzelhandelskette Real sollen neue Mitarbeiter in den bundesweit mehr als 280 Supermärkten künftig deutlich schlechter bezahlt werden als bisherige Kräfte. Dies gilt auch für die Märkte in Weingarten (Landkreis Ravensburg) und Tuttlingen. „Neue Mitarbeiter verdienen bis zu 25 Prozent weniger“, sagt Christian Vasenthien, bei der Gewerkschaft Verdi im Bezirk Hannover-HeideWeser für den Bereich Handel zuständig. Auch bisherigen Beschäftigten drohen, Vasenthien zufolge, Einbußen – etwa bei Versetzungen.
Seit Anfang Juni sind die 34 000 Real-Mitarbeiter nicht mehr wie bisher bei der Real SB-Warenhaus GmbH beschäftigt, sondern bei der Metro Services GmbH. Die Real-Geschäftsleitung hatte dazu kürzlich erklärt: „Durch die Übertragung des Geschäftsbetriebes auf eine nicht an die Tarifverträge mit Verdi gebundene Gesellschaft sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, die Personalkosten bei Real mittel- bis langfristig wettbewerbsfähig zu gestalten.“Laut Verdi sind auch 4500 befristet Beschäftigte betroffen – ihre alten Verträge sollen nicht verlängert werden.
Verdi setzt auf Tarifverhandlungen mit der für die Real GmbH zuständigen Unternehmensvereinigung für Arbeitsbedingungen im Handel und Dienstleistungsgewerbe (AHD). Die aber lehnt die AHD mit Verweis auf den „erheblichen Dissens, was die Ausgangsbasis für mögliche Tarifverhandlungen betrifft“ab. Stattdessen kommen für die AHD bei Neueinstellungen nur die mit der arbeitgebernahen Gewerkschaft DHV ausgehandelten Tarife in Betracht, die deutlich unter den mit Verdi getroffenen Vereinbarungen liegen. Offen ist jedoch, ob die dem Christlichen Gewerkschaftsbund angehörende DHV überhaupt Tarifverträge abschließen darf, also tariffähig ist.
Das Bundesarbeitsgericht will in dieser Sache heute eine Entscheidung treffen, die, egal wie sie ausfällt, Metro-Chef Olaf Kochs Ziel entgegenkommen dürfte, die Personalkosten von Real kräftig zu drücken. Sagt das Gericht nein, hat Koch freie Hand und wäre an keine Tarifstrukturen gebunden. Schätzt das Gericht die DHV wie in vorherigen Verfahren als „tariffähig“ein, könnte er mit der DHV einen Tarifvertrag nach seinem Geschmack abschließen.
Verdi hingegen will Verhandlungen mit der AHD erzwingen und schließt dafür einen Streik nicht aus. „Wir sind kampfbereit“, beschreibt Susanne Meister die Stimmung, Real-Betriebsratsvorsitzende in Bremen und Mitglied der Verdi-Tarifkommission.