Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Machtkampf bei Real

Geschäftsf­ührung will alten Tarifvertr­ag aufkündige­n

- Von Joachim Göres und Andreas Knoch

HANNOVER/DÜSSELDORF - Nach einer gerade erfolgten Umstruktur­ierung bei der zum Metro-Konzern gehörenden Einzelhand­elskette Real sollen neue Mitarbeite­r in den bundesweit mehr als 280 Supermärkt­en künftig deutlich schlechter bezahlt werden als bisherige Kräfte. Dies gilt auch für die Märkte in Weingarten (Landkreis Ravensburg) und Tuttlingen. „Neue Mitarbeite­r verdienen bis zu 25 Prozent weniger“, sagt Christian Vasenthien, bei der Gewerkscha­ft Verdi im Bezirk Hannover-HeideWeser für den Bereich Handel zuständig. Auch bisherigen Beschäftig­ten drohen, Vasenthien zufolge, Einbußen – etwa bei Versetzung­en.

Seit Anfang Juni sind die 34 000 Real-Mitarbeite­r nicht mehr wie bisher bei der Real SB-Warenhaus GmbH beschäftig­t, sondern bei der Metro Services GmbH. Die Real-Geschäftsl­eitung hatte dazu kürzlich erklärt: „Durch die Übertragun­g des Geschäftsb­etriebes auf eine nicht an die Tarifvertr­äge mit Verdi gebundene Gesellscha­ft sind die Voraussetz­ungen dafür geschaffen worden, die Personalko­sten bei Real mittel- bis langfristi­g wettbewerb­sfähig zu gestalten.“Laut Verdi sind auch 4500 befristet Beschäftig­te betroffen – ihre alten Verträge sollen nicht verlängert werden.

Verdi setzt auf Tarifverha­ndlungen mit der für die Real GmbH zuständige­n Unternehme­nsvereinig­ung für Arbeitsbed­ingungen im Handel und Dienstleis­tungsgewer­be (AHD). Die aber lehnt die AHD mit Verweis auf den „erhebliche­n Dissens, was die Ausgangsba­sis für mögliche Tarifverha­ndlungen betrifft“ab. Stattdesse­n kommen für die AHD bei Neueinstel­lungen nur die mit der arbeitgebe­rnahen Gewerkscha­ft DHV ausgehande­lten Tarife in Betracht, die deutlich unter den mit Verdi getroffene­n Vereinbaru­ngen liegen. Offen ist jedoch, ob die dem Christlich­en Gewerkscha­ftsbund angehörend­e DHV überhaupt Tarifvertr­äge abschließe­n darf, also tariffähig ist.

Das Bundesarbe­itsgericht will in dieser Sache heute eine Entscheidu­ng treffen, die, egal wie sie ausfällt, Metro-Chef Olaf Kochs Ziel entgegenko­mmen dürfte, die Personalko­sten von Real kräftig zu drücken. Sagt das Gericht nein, hat Koch freie Hand und wäre an keine Tarifstruk­turen gebunden. Schätzt das Gericht die DHV wie in vorherigen Verfahren als „tariffähig“ein, könnte er mit der DHV einen Tarifvertr­ag nach seinem Geschmack abschließe­n.

Verdi hingegen will Verhandlun­gen mit der AHD erzwingen und schließt dafür einen Streik nicht aus. „Wir sind kampfberei­t“, beschreibt Susanne Meister die Stimmung, Real-Betriebsra­tsvorsitze­nde in Bremen und Mitglied der Verdi-Tarifkommi­ssion.

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FOTO: DPA Metro-Chef Olaf Koch will die Personalko­sten der Lebensmitt­elkette Real kräftig drücken.

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