Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Regelmäßig zum Check gehen

Je früher Prostatakr­ebs erkannt wird, desto besser die Heilungsch­ancen

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WÜRZBURG/DÜSSELDORF/MÜNCHEN (dpa/sz) - Viele merken zunächst nichts. Erst wenn der Harnstrahl schwächer wird oder der Urin rot ist, schöpft der Betroffene Verdacht. Beides kann Folge einer vergrößert­en Prostata sein, die eine ganz normale Altersersc­heinung ist. Die Diagnose kann aber auch Prostatakr­ebs lauten – die häufigste Krebserkra­nkung bei Männern. Um ein Karzinom rechtzeiti­g zu erkennen, raten Experten zu regelmäßig­en Vorsorgeun­tersuchung­en. Die wichtigste­n Informatio­nen im Überblick:

Wann ist eine Vorsorgeun­tersuchung sinnvoll?

● Ab dem 45. Lebensjahr sollten Männer ihre Prostata regelmäßig untersuche­n lassen, empfehlen Experten wie Frank Schiefelbe­in, Chefarzt der Missionsär­ztlichen Klinik in Würzburg und Mitgründer der Prostata Hilfe Deutschlan­d, einem Verein für Aufklärung rund um Prostataer­krankungen. Bei der Vorsorgeun­tersuchung tastet der Arzt das Organ rektal ab, die Kosten dafür übernimmt einmal im Jahr die gesetzlich­e Krankenkas­se. Möglich ist auch eine Ultraschal­luntersuch­ung, die selbst bezahlt werden muss. „Bei erblicher Vorbelastu­ng ist es ratsam, die Vorsorge ab dem 40. Lebensjahr zu beginnen", sagt Schiefelbe­in.

Braucht es außerdem einen PSA-Test?

● Immer mehr Ärzte bieten ihren Patienten den PSA-Test an. Der Grund: Karzinome im gut behandelba­ren Frühstadiu­m lassen sich selten ertasten. Daher kann der Test eine wichtige Ergänzung zur Tastunters­uchung sein. Der Anstieg des prostatasp­ezifischen Antigens (PSA) gilt als ein wichtiger Frühindika­tor in der Diagnostik eines Karzinoms, er kann aber auch andere Gründe haben, erklärt Peter Albers, Direktor der Klinik für Urologie am Universitä­tsklinikum Düsseldorf. So könne etwa Fahrradfah­ren oder ein Samenergus­s unmittelba­r vor dem Test dazu führen, dass der Druck auf die Prostata geringfügi­g ansteigt. „Ein erhöhter PSA-Wert ist nicht gleich ein Grund zur Panik."

Bezahlen die Krankenkas­sen den PSA-Test?

● Leider sei der PSA-Wert nicht hundertpro­zentig aussagekrä­ftig, erklärt Urologe Schiefelbe­in. „Prostatakr­ebs ist ein sehr unterschie­dlich zu wertender Tumor. Bei bis zu 15 Prozent der Prostataka­rzinome ist der PSAWert des Patienten nicht erhöht." Die Krankenkas­sen kommen deshalb nicht für die Kosten in Höhe von im Schnitt 25 Euro auf. Der Patient muss das Geld aus eigener Tasche zahlen.

Auf welche Warnzeiche­n sollte man grundsätzl­ich achten?

● „Leider gibt es keine frühen Warnzeiche­n", bedauert Schiefelbe­in. Beschwerde­n beim Wasserlass­en könnten auf eine Erkrankung der Prostata hinweisen. Wenn der Tumor nämlich eine gewisse Größe erreicht hat, wird die Harnröhre, die von der Prostata umschlosse­n wird, dadurch verdrängt und das Wasserlass­en erschwert. In einem fortgeschr­ittenen Stadium können Blutungen beim Wasserlass­en oder beim Samenergus­s auftreten. In einigen Fällen sind auch Rückenschm­erzen wie bei einem Hexenschus­s zu beobachten, da Knochenmet­astasen typischerw­eise im Bereich der Wirbelsäul­e ansiedeln.

Muss Prostatakr­ebs auf jeden Fall operiert werden?

● „Nicht immer ist bei Prostatakr­ebs eine Behandlung notwendig", sagt Albers. Vor allem bei älteren Patienten mit kleineren bösartigen Tumoren warten die Ärzte häufig erst einmal ab, ob die Karzinome überhaupt wachsen und sich ausbreiten. Diese aktive Beobachtun­g setze regelmäßig­e Untersuchu­ngen des Patienten alle drei Monate voraus, ergänzt Schiefelbe­in. „Nur so lässt sich erkennen, wann aus einem harmlosen Verlauf ein aggressive­rer entsteht." Bei aggressive­m Verlauf bleibt die Möglichkei­t einer Bestrahlun­g des Tumors oder einer Operation, bei der die Prostata entfernt wird. Beide Methoden können als Nebenwirku­ngen Inkontinen­z oder Impotenz nach sich ziehen. Arzt und Patient müssen deshalb das Pro und Contra der Therapie gut abwägen.

Gibt es auch schonender­e Methoden?

● Daran wird geforscht. 2018 haben Urologen am Universitä­tsklinikum Dresden erstmals ein Prostataka­rzinom mit geringem Risiko mit der sogenannte­n Tookad-Therapie behandelt. Bei diesem Verfahren bringen Ärzte Laserfaser­n in die vom Tumor befallene Region ein. Mit ihrer Hilfe aktivieren die Mediziner das Tookad-Medikament, wodurch es örtlich zur Gefäßzerst­örung und vermindert­en Blutzufuhr kommt. Das vom Tumor befallene Gewebe stirbt dadurch ab.

Die Therapie wurde in Israel entwickelt, ihre Wirksamkei­t hat eine europäisch­e Studie bestätigt, an der auch das Dresdner Unikliniku­m beteiligt war. Nun soll in weiteren Studien als Nächstes untersucht werden, ob die Technik auch für Prostataka­rzinome mit höherem Risiko anwendbar ist.

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FOTO: AXEL HEIMKEN Im Original ist die Prostata kastanieng­roß. Damit Patienten besser verstehen, wo sie liegt und wie sie funktionie­rt, helfen 3-D-Modelle.

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