Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Trend zu Proteinzus­ätzen im Essen

Brot, Müsli oder Joghurt gibt es neuerdings mit Extraeiwei­ß – Was bringt das?

- Von Antonia Lange

STUTTGART (dpa) - Im Kühlregal steht ein Joghurt mit extra viel Protein, in der Müsli-Abteilung locken Haferflock­en mit Proteinzus­atz und bei den Backwaren liegt Eiweißbrot. Was lange nur im Fitnessstu­dio zu haben war, hält Einzug in die Supermärkt­e: Proteinpro­dukte. Aber woher kommt der Trend? Und ist das Extraeiwei­ß sinnvoll?

„Alle wollen fit und gesund sein. Eiweiß hat den guten Ruf, dass es sehr gut sättigt“, erklärt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE). „Es ist ein wichtiger Baustoff für Zellen und Gewebe.“Die Entwicklun­g habe auch mit Ernährungs­trends wie Low Carb oder Paleo nach Steinzeitv­orbild zu tun. Auch vegetarisc­he und vegane Ernährung spiele dabei eine Rolle.

Die Proteinpro­dukte im Supermarkt richten sich nach Einschätzu­ng ANZEIGE der Ernährungs­expertin aber nicht an Bodybuilde­r, die Muskeln aufbauen wollen. „Eine höhere Proteinzuf­uhr geht mit einer höheren Sättigung einher“, erklärt die Ökotrophol­ogin. „Für Lieschen Müller steht eher im Vordergrun­d: Wenn ich mehr Proteine esse, habe ich weniger Hunger und nehme ab.“

Aus Sicht der DGE-Expertin ist das Extraeiwei­ß keine Notwendigk­eit. „Protein ist wirklich in sehr vielen Lebensmitt­eln enthalten“, erklärt Gahl. „Sie brauchen gar nicht so viel, um diesen Bedarf zu decken.“Drei bis vier Scheiben Vollkornbr­ot, ein Viertellit­er Milch, ein kleiner Becher Joghurt, eine Portion Kartoffeln und ein Stück Fisch – damit komme man auf 60 Gramm Protein.

Das sei etwas mehr als ein erwachsene­r Mann im Schnitt überhaupt brauche. Bei einer 60-KiloFrau seien es nur 48 Gramm. Selbst für einen Breitenspo­rtler, der vierbis fünfmal pro Woche eine halbe Stunde Sport treibe, reiche die empfohlene Durchschni­ttsmenge Eiweiß ohne Probleme aus.

Und tatsächlic­h kann es auch ein Zuviel des Guten geben: „Es gibt Studien, die zeigen, dass eine dauerhaft erhöhte Proteinzuf­uhr die Nieren schädigen kann“, erklärt Gahl.

Eine Studie unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungs­forschung (DIfE) zeigte vor einigen Jahren zudem, dass zu viel Eiweiß Übergewich­tige schlechter auf Insulin reagieren lässt – und sich dadurch auch auf das Diabetes-Risiko auswirkt.

Und Produkte, die schon von Haus aus nicht gesund sind, werden es mithilfe von Protein wohl auch nicht. „Ganz absurd ist das bei Schokorieg­eln“, betont Gahl. Mittlerwei­le gibt es die Riegel als Proteinvar­iante zu kaufen. Einen simplen Rat der Expertin zum Schluss: „Man sollte seinen Proteinbed­arf nicht über Schokolade decken.“

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FOTO: ANDREA WARNECKE Darf’s ein bisschen mehr Fitness im Müsli sein? Lebensmitt­elherstell­er werben neuerdings mit extra viel Protein in ihren Produkten. Die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung sieht diesen Trend kritisch.

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