Viele Stolperfallen in der Stadt
Senioren und Menschen mit Beeinträchtigung weisen beim Spaziergang durch Ehingen auf Barrieren hin
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EHINGEN - Hohe Bordsteine, Schilder im Weg, holpriges Kopfsteinpflaster – alles Dinge, die den meisten kaum oder gar nicht auffallen, wenn sie sich durch die Stadt bewegen. Ganz anders ist das für Menschen im Rollstuhl, mit einem Rollator oder mit einer Sehbeeinträchtigung. Am Montag hatten sie die Möglichkeit, bei einem Stadtspaziergang der Lokalen Agenda durch Ehingen zu sagen und zu zeigen, wo ihnen Barrieren im Alltag zu schaffen machen.
Gekommen waren Senioren, Menschen mit Beeinträchtigung, die Mutter eines Schülers mit Behinderung und auch ein Kinderwagen gehörte zur Gruppe. Los ging es bei der Busschleife hinter der Lindenhalle. Hier sei eine der meistgenutzten Bushaltestellen in der Stadt, sagte Stadtbaumeister Andreas Erwerle. „Doch man muss hier erst einmal hin- und wieder wegkommen“, erkannte er: Die Rampe in Richtung Parkplatz sei sehr steil. Eine Möglichkeit für Menschen mit Behinderung sei, den nicht offiziellen Eingang in die Halle Richtung Haltestelle zu nutzen, schlug der Stadtbaumeister vor. Doch auch hier müsse erst einmal eine steile Rampe überwunden werden. Dann müsse der Hausmeister Bescheid wissen, um aufzumachen. Das Restaurant sei zudem kaum barrierefrei zu erreichen.
Zwecks der Bushaltestelle Lindenplatz hatte Erwerle gute Nachrichten: „Wir wollen sie überplanen“, erklärte er. Denn es gebe auch Schäden im Belag. Die Anlage sei vor mehr als 30 Jahren gestaltet worden. Ziel sei, ein großes Maß an Barrierefreiheit zu realisieren. So sollen weiße Steine für Menschen mit Sehbehinderung angebracht werden. Die Bordsteine an den Haltestellen müssten noch höher werden. Auf der Straßenseite des Kolleg St. Josef soll für Beleuchtung und Sitzgelegenheiten gesorgt werden. „Die gesamte Topografie lässt sich aber nicht ändern“, schränkte Erwerle angesichts der Schrägen ein.
Den Teilnehmern des Stadtspaziergangs fiel außerdem auf, dass der Gehweg an manchen Stellen nicht breit genug ist. Eine Frau mit Sehbeeinträchtigung bemängelte eine Sitzbank mitten auf dem Weg. „Da bin ich schon zweimal draufgelaufen“, erklärte sie. Es sei eine Barriere, die man selbst geschaffen habe, erkannte der Stadtbaumeister. Auch Schilder mitten auf dem Weg benannten die Teilnehmer als Barrieren – weil man sie schwer erkenne oder mit Rollstuhl beziehungsweise schwer vorbeikomme.
Ursula von Helldorff, Moderatorin des Arbeitskreis Soziales, sprach von Barrieren im Kopf. So erzählte eine Teilnehmerin von mangelnder Rücksichtnahme, wenn sie zum Beispiel mit ihrem KrankentransportScooter angefeindet wird. Weil sie noch jung sei, bekomme sie oft zu hören, sie solle doch laufen.
Die gleiche Teilnehmerin zeigte auch auf, dass der Bordstein an Zebrastreifen oft zu hoch ist. Immer wieder hatte sie sowie die Teilnehmer mit Rollstuhl oder Rollator Probleme, die Straße zu überqueren. Erwerle versprach Verbesserungen, schränkte aber auch ein: „Es braucht Erhöhungen, damit das Wasser an der Straße entlangläuft, sonst läuft es auf den Gehweg.“ Scooter
Schwierig gestaltete sich nicht nur deshalb der Weg zur Sporthalle des Gymnasiums. Unterhalb der Schule stieß die Gruppe erst einmal auf Stufen. „Hier gibt es keinen barrierefreien Aufgang“, sagte Erwerle. Man müsse den Weg außenrum nehmen. Doch auch hier gab es Barrieren. So stand die Gruppe vor einer geschlossenen Schranke und musste den Weg über die Wiese nehmen. Dann ging es steil bergauf, was für die älteren Teilnehmer mit Rollstuhl nur schwer zu bewältigen war.
Im Schulhof regten Teilnehmer an, die unterste und oberste Stufe der steilen Treppe weiß zu markieren, damit man sie besser erkenne. Dann ging es die Rampe weiter hoch zur Halle. Eine Kurve war dabei fast zu eng für den Scooter.
Die Winckelhoferstraße werde im nächsten Jahr neu gestaltet, samt Zebrastreifen und Übergängen, kündigte Erwerle an. Auf dem Weg die Fischersteige hinunter gab es wieder häufig zu enge Gehwege. Beim Zebrastreifen in der Lindenstraße, gegenüber des Norma, will der Stadtbaumeister auf Anregung der Gruppe prüfen lassen, ob Blinklichter möglich sind. In der Hauptstraße wurde offenkundig, dass das Kopfsteinpflaster für viele eine Herausforderung ist.
„Alles gleichzeitig ist nicht machbar“, sagte Erwerle am Ende. „Es ist ein Weg der kleinen Schritte.“Barriere-Armut zu schaffen, sei aber nur durch die Zusammenarbeit von Stadtverwaltung und Bürgerschaft möglich, sagte Helldorf . Wem etwas auffalle, dürfe es gerne der Lokalen Agenda melden.