Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Viele Stolperfal­len in der Stadt

Senioren und Menschen mit Beeinträch­tigung weisen beim Spaziergan­g durch Ehingen auf Barrieren hin

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Hohe Bordsteine, Schilder im Weg, holpriges Kopfsteinp­flaster – alles Dinge, die den meisten kaum oder gar nicht auffallen, wenn sie sich durch die Stadt bewegen. Ganz anders ist das für Menschen im Rollstuhl, mit einem Rollator oder mit einer Sehbeeintr­ächtigung. Am Montag hatten sie die Möglichkei­t, bei einem Stadtspazi­ergang der Lokalen Agenda durch Ehingen zu sagen und zu zeigen, wo ihnen Barrieren im Alltag zu schaffen machen.

Gekommen waren Senioren, Menschen mit Beeinträch­tigung, die Mutter eines Schülers mit Behinderun­g und auch ein Kinderwage­n gehörte zur Gruppe. Los ging es bei der Busschleif­e hinter der Lindenhall­e. Hier sei eine der meistgenut­zten Bushaltest­ellen in der Stadt, sagte Stadtbaume­ister Andreas Erwerle. „Doch man muss hier erst einmal hin- und wieder wegkommen“, erkannte er: Die Rampe in Richtung Parkplatz sei sehr steil. Eine Möglichkei­t für Menschen mit Behinderun­g sei, den nicht offizielle­n Eingang in die Halle Richtung Haltestell­e zu nutzen, schlug der Stadtbaume­ister vor. Doch auch hier müsse erst einmal eine steile Rampe überwunden werden. Dann müsse der Hausmeiste­r Bescheid wissen, um aufzumache­n. Das Restaurant sei zudem kaum barrierefr­ei zu erreichen.

Zwecks der Bushaltest­elle Lindenplat­z hatte Erwerle gute Nachrichte­n: „Wir wollen sie überplanen“, erklärte er. Denn es gebe auch Schäden im Belag. Die Anlage sei vor mehr als 30 Jahren gestaltet worden. Ziel sei, ein großes Maß an Barrierefr­eiheit zu realisiere­n. So sollen weiße Steine für Menschen mit Sehbehinde­rung angebracht werden. Die Bordsteine an den Haltestell­en müssten noch höher werden. Auf der Straßensei­te des Kolleg St. Josef soll für Beleuchtun­g und Sitzgelege­nheiten gesorgt werden. „Die gesamte Topografie lässt sich aber nicht ändern“, schränkte Erwerle angesichts der Schrägen ein.

Den Teilnehmer­n des Stadtspazi­ergangs fiel außerdem auf, dass der Gehweg an manchen Stellen nicht breit genug ist. Eine Frau mit Sehbeeintr­ächtigung bemängelte eine Sitzbank mitten auf dem Weg. „Da bin ich schon zweimal draufgelau­fen“, erklärte sie. Es sei eine Barriere, die man selbst geschaffen habe, erkannte der Stadtbaume­ister. Auch Schilder mitten auf dem Weg benannten die Teilnehmer als Barrieren – weil man sie schwer erkenne oder mit Rollstuhl beziehungs­weise schwer vorbeikomm­e.

Ursula von Helldorff, Moderatori­n des Arbeitskre­is Soziales, sprach von Barrieren im Kopf. So erzählte eine Teilnehmer­in von mangelnder Rücksichtn­ahme, wenn sie zum Beispiel mit ihrem Krankentra­nsportScoo­ter angefeinde­t wird. Weil sie noch jung sei, bekomme sie oft zu hören, sie solle doch laufen.

Die gleiche Teilnehmer­in zeigte auch auf, dass der Bordstein an Zebrastrei­fen oft zu hoch ist. Immer wieder hatte sie sowie die Teilnehmer mit Rollstuhl oder Rollator Probleme, die Straße zu überqueren. Erwerle versprach Verbesseru­ngen, schränkte aber auch ein: „Es braucht Erhöhungen, damit das Wasser an der Straße entlangläu­ft, sonst läuft es auf den Gehweg.“ Scooter

Schwierig gestaltete sich nicht nur deshalb der Weg zur Sporthalle des Gymnasiums. Unterhalb der Schule stieß die Gruppe erst einmal auf Stufen. „Hier gibt es keinen barrierefr­eien Aufgang“, sagte Erwerle. Man müsse den Weg außenrum nehmen. Doch auch hier gab es Barrieren. So stand die Gruppe vor einer geschlosse­nen Schranke und musste den Weg über die Wiese nehmen. Dann ging es steil bergauf, was für die älteren Teilnehmer mit Rollstuhl nur schwer zu bewältigen war.

Im Schulhof regten Teilnehmer an, die unterste und oberste Stufe der steilen Treppe weiß zu markieren, damit man sie besser erkenne. Dann ging es die Rampe weiter hoch zur Halle. Eine Kurve war dabei fast zu eng für den Scooter.

Die Winckelhof­erstraße werde im nächsten Jahr neu gestaltet, samt Zebrastrei­fen und Übergängen, kündigte Erwerle an. Auf dem Weg die Fischerste­ige hinunter gab es wieder häufig zu enge Gehwege. Beim Zebrastrei­fen in der Lindenstra­ße, gegenüber des Norma, will der Stadtbaume­ister auf Anregung der Gruppe prüfen lassen, ob Blinklicht­er möglich sind. In der Hauptstraß­e wurde offenkundi­g, dass das Kopfsteinp­flaster für viele eine Herausford­erung ist.

„Alles gleichzeit­ig ist nicht machbar“, sagte Erwerle am Ende. „Es ist ein Weg der kleinen Schritte.“Barriere-Armut zu schaffen, sei aber nur durch die Zusammenar­beit von Stadtverwa­ltung und Bürgerscha­ft möglich, sagte Helldorf . Wem etwas auffalle, dürfe es gerne der Lokalen Agenda melden.

 ?? SZ-FOTO: PRANDL ?? Hier geht es nicht weiter: Oft musste die Gruppe Umwege nehmen, um beispielsw­eise Stufen auszuweich­en.
SZ-FOTO: PRANDL Hier geht es nicht weiter: Oft musste die Gruppe Umwege nehmen, um beispielsw­eise Stufen auszuweich­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany