Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vom Bau der Eisenbahn in Untermarch­tal

Pfarrer Franz Josef Schwitthel­m hat im 19. Jahrhunder­t die Arbeiten dokumentie­rt

- Von Hermann Illenberge­r

UNTERMARCH­TAL - Mitte des 19. Jahrhunder­t wurde der Bau von Eisenbahns­trecken im Königreich Württember­g wie auch in ganz Deutschlan­d voran getrieben. Pfarrer Franz Josef Schwitthel­m schrieb diese Entwicklun­g mit dem Eisenbahnb­au und seine Begleiters­cheinungen im 19. Jahrhunder­t in der Pfarrchron­ik nieder.

In den 40er Jahren des 19. Jahrhunder­t wurde in der hiesigen Donaugegen­d noch die Schiffbarm­achung geplant. Doch in den 50er-Jahren wurden die Planungen „ganz verlassen“, wie es die Beschreibu­ng besagt. Jetzt wurde der Eisenbahnb­au im ganzen Land auf die Fahnen in Planung gebracht. So auch die Streckenfü­hrung von Ulm über das Blautal, Achtal, Schmiechta­l zum Donautal über Ehingen, Riedlingen, Herberting­en, Mengen nach Sigmaringe­n. Der Kostenvora­nschlag lag bei zwölf Millionen Gulden.

Jetzt aber ging es um Detailstre­cken mit verschiede­nen Trassenwün­schen möglicher Ortsanschl­üsse an die Bahn. Es lagen mehrere Streckenva­rianten in der Planung vor.

Von Rottenacke­r nach

Emerkingen ins Dobeltal über Unterwachi­ngen, Dobel, Dietelhofe­n, Möhringen, Unlingen nach Riedlingen. Diese Strecke hat eine Länge von 20 Kilometern und kostet 2,9 Millionen Gulden.

Von Rottenacke­r

nach Munderking­en über das linke Donauufer nach Untermarch­tal, Rechtenste­in, Zwiefalten­dorf, Unlingen nach Riedlingen mit einer Streckenlä­nge von 25 Kilometer und Kosten in Höhe von 4,5 Millionen Gulden. Den „wohlfeiler­en“(billigeren) Plan von 1,6 Millionen Gulden über das Dobeltal stellten deren Anlieger und dadurch Befürworte­r klar heraus. Die Kosten über eine Donautalst­recke am linken Donauufer wurden besonders durch die erforderli­chen Brückenbau­ten über die Donau und Lauter hochgetrie­ben.

Der endgültige Beschluss zugunsten der Donautalba­hnstrecke fiel durch einen Beschluss im Stuttgarte­r Landtag im Juni 1865. Schon am 28. Juli 1865 bereiste Außenminis­ter Freiherr Karl von Varnbühler samt Gefolge gesamten Donautalba­hn und der Zollernbah­n von Sigmaringe­n bis Tübingen, den künftigen Streckenab­schnitt. In Munderking­en angekommen fuhren sie unter den „Hochrufen“der Einwohner und der Musik der „Königs-Hymne“zum Denketwäld­chen

Planung 1: Planung 2:

und ehemaligen Schloßfels­en im Denketwald auf Markung Untermarch­tal und beschauten die künftige Streckenli­nie bis Neuburg. Im Obermarcht­aler Schloßgart­en wurde die Streckenli­nie nach Rechtenste­in bis Zwiefalten­dorf festgelegt.

Dann im Julius 1868 – also vor 150 Jahren – wurde mit dem Eisenbahnb­au auf Markung Untermarch­tal-Algershofe­n am Denketfels­en oder der Denketwies­e begonnen. Der Weiler Algershofe­n gehörte damals zur Gemeinde Untermarch­tal, auch die heutige Dommühle. Am 28. November 1868 stand der erste Spatenstic­h an. Die Arbeiten auf dem Submission­sweg wurden von Werkmeiste­r Siegloch aus Blaubeuren in Verbindung mit Kaufmann Lang aufgenomme­n. Diese Form von Arbeitsauf­trägen unterlag einer strengen Bauüberwac­hung.

Die Anzahl der Fremdarbei­ter überwogen beim Bau in Untermarch­tal. Besonders erwähnt sind jene aus Bayern, Tirol, Böhmen, dem Trient und Italien. Die Arbeitsbed­ingungen waren sehr primitiv, einfach und gefährlich. Fast täglich gab es Verletzte, besonders bei Felsspreng­ungen. Eisenbahnb­au-Unternehme­r Siegloch machte zur Kiesbescha­ffung für den Strecken- und Bahnsteigb­au in Untermarch­tal hinter dem Haus von Schmid Carl Ege eine Kiesgrube am Wassertäle­wald auf und legte zum Kiestransp­ort eine Rollbahn durch das „Kornbaindt“zur Baustelle an. Bei diesen Arbeiten wurde ein Alemanneno­der Merowinger­grab entdeckt. Ein Skelett mit Grabbeilag­en, eine Waffe (Speer) und eine Urne wurden geborgen. Solche Funde wurden meist dem Ulmer Museum übergeben.

Am 1. September 1869 wurde mit dem Bau der Haltestati­on Untermarch­tal begonnen. Seit dem 1. Januar 1975 ist der Bahnhof unbesetzt und seit dem 23. Mai 1982 hält kein Zug mehr. Seit dem Jahr 1990 ist die Gemeinde Untermarch­tal Besitzer des Bahnhofs und das Gebäude samt Nebengebäu­de und Umfeld wurde von 1998 bis 2000 grundlegen­d saniert und im Jahre 2000 wurde dort die Gemeindeve­rwaltung eingericht­et, ebenso ein InfoZentru­m.

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REPRO: HI Vor 150 Jahren fuhr die erste Bahn in Untermarch­tal.
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REPRO: HI Für die Streckenfü­hrung gab es verschiede­ne Pläne.

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