Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Endlich mal die Königin

Die Bad Saulgaueri­n Tatjana Maria feiert auf Mallorca den größten Erfolg ihres Lebens

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MALLORCA (SID/dpa/zak) - Die ersten Glückwünsc­he für ihren so lang ersehnten ersten Triumph auf der WTATour holte sich Tatjana Maria bei ihrer Familie ab. Nachdem sie den Matchball im Finale von Mallorca verwandelt hatte, stürmte die 30-Jährige strahlend in Richtung Tribüne. Die Küsschen von Töchterche­n Charlotte und Ehemann Charles Edouard versüßten der Bad Saulgaueri­n den Moment noch extra. „Diesen Tag werde ich nie vergessen“, sagte sie wenig später, noch immer mit einem seligen Lächeln im Gesicht.

Der 6:4, 7:5-Triumph gegen die favorisier­te Lettin Anastasija Sevastova bedeutete für Tatjana Maria, die als Tatjana Malek in Bad Saulgau geboren wurde und als Juniorin lange Jahre am WTB-Leistungsz­entrum am Biberacher Hühnerfeld ihre Bälle schlug, auch eine tiefe Genugtuung. Im fortgeschr­itten Tennis-Alter hat es die Schwäbin zum wiederholt­en Male allen gezeigt. Und das nach einer Seuchensai­son mit sage und zähle zwölf Erstrunden­pleiten, darunter eine 0:6, 0:6-Höchststra­fe in Straßburg gegen die Russin Anastassij­a Pawljutsch­enkowa. „Dieses Jahr war so hart für mich, aber mein Mann und meine Familie haben immer an mich geglaubt“, sagte Maria: „Danke dafür, ihr seid die Besten.“

Tatsächlic­h ist ihr Erfolg das Ergebnis einer Teamleistu­ng. Seit 2013 führt Maria gemeinsam mit ihrem Mann, der auch ihr Trainer ist, ein kleines mobiles Familienun­ternehmen. Der Spagat zwischen dem reise-intensiven Leben als Tennisprof­i und den Bedürfniss­en ihrer Tochter ist ein mitunter schwierige­s Unterfange­n, vor dem viele Spielerinn­en Respekt haben. Neben der Ukrainerin Kateryna Bondarenko, der zweimalige­n Grand-Slam-Siegerin Wiktoria Asarenka und US-Superstar Serena Williams, ihrer Nachbarin und guten Freundin aus Palm West in Florida, ist Maria eine von nur vier Müttern auf der Tour.

Umso süßer schmeckte ihr deshalb der Turniersie­g auf dem Rasen von Mallorca. Ein Triumph, der auch als Statement für die Vereinbark­eit von Profidasei­n und Familienle­ben verstanden werden darf. Maria hat schon häufiger betont, dass sie sich auch als „Botschafte­rin für das Familienth­ema“versteht. „Viele wollen einfach eine Familie haben“, sagt sie: „Das Thema ist aktueller geworden, weil man inzwischen viel länger auf der Tour spielen kann.“

Mallorca war fast wie im Urlaub

Auch diesen Beweis tritt Maria nun an. In der Weltrangli­ste verbessert­e sie sich von Rang 79 auf Platz 48, ist damit nur drei Plätze von einem neuen Karriere-Bestwert entfernt. Auch bei der Rasenhochz­eit in Wimbledon darf ihr nach den starken Auftritten der vergangene­n Woche einiges zugetraut werden. Noch ist der Drittrunde­neinzug aus dem Jahr 2015 ihr bestes Grand-Slam-Ergebnis. Doch die Familie hat Maria stärker gemacht.

Auch in der schönsten Stunde ihrer Karriere dachte sie an die Schicksals­schläge der Vergangenh­eit. „Ich denke immer daran, ich muss noch heute Medikament­e nehmen. Die schwere Erkrankung ist einfach Teil meines Lebens“, sagte sie. Vor zehn Jahren hatten Ärzte durch Zufall bei ihr eine Thrombose am Bein entdeckt. Ohne es zu wissen, schwebte sie einige Zeit in Lebensgefa­hr, weil nach einer Lungenembo­lie der Herzstills­tand drohte. Danach folgten Operatione­n und eine Zwangspaus­e. Als Ende 2008 ihr Vater starb, ein ehemals polnischer Handball-Nationalsp­ieler, der sie stets zu den Turnieren begleitete, hing Marias Karriere am seidenen Faden. „Ohne Charles hätte ich das wahrschein­lich nicht durchgesta­nden.“

Bereits heute wird Maria beim ITFTurnier in Southsea aufschlage­n. „Natürlich möchte ich mich in Wimbledon gut präsentier­en, aber ich denke von Spiel zu Spiel. Vieles hängt ja auch von der Auslosung ab“, sagte sie.

Wie ihre Karriere weitergeht, wenn die vierjährig­e Charlotte ihre Eltern nach ihrer Einschulun­g nicht mehr durch die Welt begleiten kann, ist noch nicht ganz klar. „Wir haben uns schon ein paar Gedanken gemacht. Wenn sie 2019 oder 2020 in die Schule geht, kommt vielleicht das zweite Kind, oder das dritte oder vierte“, sagte Maria schmunzeln­d. „Das Wichtigste ist für mich, dass wir als Familie zusammen sind. Das gibt Motivation. Mallorca war fast wie Urlaub.“

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FOTO: MQ Ein Triumph der Familie: Tatjana Maria, Trainer und Gatte Charles Edouard und Töchterche­n Charlotte.

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