232 Millionen Euro VfB
Sieben aktuelle oder ehemalige Stuttgarter nehmen an der WM teil, einer ragt heraus: Benjamin Pavard
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STUTTGART - Dass der VfB Stuttgart in der Vergangenheit eine durchaus ansehnliche Jugendarbeit betrieben hat, sieht man dem DFB-Kader in allen Mannschaftsteilen an. Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft ist vom schwäbischem Blut geradezu durchdrungen, gleich sechs der 23 Spieler haben ihre Jugend am Wasen verbracht: Timo Werner, Joshua Kimmich, Antonio Rüdiger, Sami Khedira, Sebastian Rudy und Mario Gomez. Nur Gomez, der neuerdings wieder gesetzte Mittelstürmer aus Unlingen, spielt allerdings noch – respektive wieder – für den VfB, während die anderen den lange Jahre kriselnden Club längst verlassen haben. Im Halbfinale könnte Gomez auf seinen einzigen Clubkollegen bei der WM treffen: Frankreichs Benjamin Pavard, der sich – für Experten nicht verwunderlich – sofort einen Stammplatz bei der Equipe Tricolore gesichert hat, obwohl er dort nicht Innenverteidiger spielt, sondern auf der rechten Seite.
Pavard dürfte teuer werden
Pavard, den der damalige Sportdirektor Jan Schindelmeiser nach dem Abstieg 2016 für vier Millionen Euro Ablöse aus Lille zum VfB lotste, ist eine der Entdeckungen des Turniers. Trainer Didier Deschamps lobt den 22-Jährigen bei jeder Gelegenheit, VfB-Manager Michael Reschke erklärte Pavard für so gut wie unverkäuflich. „Er wird ein internationaler Topspieler werden“, sagt Reschke, der Pavards Vertrag im Winter klugerweise bis 2021 verlängerte – inklusive einer zweijährigen Option für den Club. Sollten nach der WM horrende Angebote aus England kommen, hat der VfB also beste Karten. Pavards Marktwert, derzeit von transfermarkt.de auf 30 Millionen Euro angesiedelt, dürfte sich auf dem realen Transfermarkt mehr als verdoppeln lassen.
Ein satter Geldregen dank Pavard wäre eines Tages ein schönes Trostpflaster für den VfB, schließlich musste der Club in der Vergangenheit seine Besten für wenig Geld quasi zwangsläufig ziehen lassen. Auf 232 Millionen Euro taxiert transfermarkt.de den Wert der sieben (Ex-)Stuttgarter bei der WM, nimmt man die Torhüter Bernd Leno, Loris Karius und Serge Gnabry noch dazu, kommt man auf knapp 300 Millionen. Viel Geld ging den Stuttgartern da durch die Lappen – viel mehr, als sie durch die Ausgliederung in eine AG durch den Investor Daimler wieder einnahmen.
Er könne denjenigen ohrfeigen, der damals für die Entscheidung verantwortlich war, Kimmich nach Leipzig ziehen zu lassen, sagte der Ex-VfBTrainer Andreas Zorniger einmal, tatsächlich ist der Rechtsverteidiger neben Werner wohl das größte Talent im deutschen Fußball. Im ersten Spiel gegen Mexiko zahlte Kimmich allerdings Lehrgeld. Der 23-Jährige mimte wie bei den Bayern eher den Rechtsaußen – und fehlte dann beim Konter zum 0:1. Khedira, der das Gegentor mit einem bösen Ballverlust einleitete, ist nach seiner schwachen Leistung fürs Erste aus dem Team geflogen, Werner wiederum schwang sich in der zweiten Hälfte beim 2:1 gegen Schweden zum besten deutschen Feldspieler auf. Auf Linksaußen übrigens, wo seine Rasanz wohl am Besten zur Geltung kommt. In der Mitte rackerte stattdessen Gomez, der am Mittwoch im Gruppenfinale gegen Südkorea gesetzt sein dürfte. Hinten wird dürfte dann wieder Rüdiger verteidigen, da Jérôme Boateng gesperrt ist. Auch der Rottweiler Rudy darf trotz seines Nasenbeinbruchs auf weitere Einsätze hoffen.
Viel Arbeit also für die Stuttgarter und Ex-Stuttgarter, die übrigens von einer Schwaben-Connection gesteuert werden: den Ex-VfB-Cheftrainern Joachim Löw und Thomas Schneider sowie dem gebürtigen Ulmer Marcus Sorg, Löws zweitem Assistenten, der einst bei den VfB-Amateuren spielte, später unter anderem Heidenheim, Ulm und die deutsche 19 trainierte.
Alle sind sie (wie auch Thomas Tuchel) Kinder der sogenannten Stuttgarter Schule um den Geislinger Begründer Helmut Groß (71). Der einstige VfB-Jugendkoordinator war Mentor des Ex-Stuttgarter Chef- und Jugendtrainers Ralf Rangnick und ist noch immer dessen Berater bei RB Leipzig. Schwaben-Power, die Deutschland erneut zum Weltmeister machen soll.