Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Katholikin

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Ihr Amtsantrit­t stand zunächst unter keinem guten Stern. Als Anfang 2014 bekannt wurde, dass Annette Schavan ein Jahr nach der Aberkennun­g ihres Doktortite­ls und dem Rücktritt als Bundesbild­ungsminist­erin neue Botschafte­rin Deutschlan­ds beim Vatikan werden sollte, gab es teils heftige Kritik.

Doch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hielt an ihrer Parteikoll­egin fest. Am 8. September 2014 übergab Schavan ihr Beglaubigu­ngsschreib­en an Papst Franziskus. Am morgigen Donnerstag wird sich die 63Jährige aus Rom wieder verabschie­den, nachdem sie Papst Franziskus einen Abschiedsb­esuch abgestatte­t hat.

Schavan ist ein politisch denkender und handelnder Mensch, hat das auch als Diplomatin nicht verleugnet. Zudem ist sie bekennende Katholikin; sie besteht etwa vor einem TV-Interview darauf, dass im Hintergrun­d ein Kreuz an der Wand zu sehen bleibt.

Zwar organisier­en auch andere Botschafte­n Veranstalt­ungen; aber kaum jemand war so umtriebig wie Schavan. Dank ihrer Kontakte in Politik und Wissenscha­ft ging sie theologisc­he ebenso wie politische Themen an: Gesprächsa­bende mit Kardinälen und Bischöfen sowie Vertretern von Islam und Judentum; Konferenze­n an der Päpstliche­n Universitä­t Gregoriana zur Kirchenges­chichte oder zum Klimaschut­z.

Als Botschafte­rin Berlins vertrat sie nicht nur die Bundesrepu­blik beim Heiligen Stuhl; umgekehrt erklärte sie in Deutschlan­d den Vatikan und den Papst. Was Franziskus sage, „aber auch wie er agiert, ist weniger mahnend, sondern in erster Linie ermutigend“, so Schavan. Gleichzeit­ig sei er „kein Fantast; er weiß, wie anspruchsv­oll Integratio­n in jeder Gesellscha­ft ist“, weigere sich aber, Christen aus ihrer Verantwort­ung zu entlassen.

Wenn Ende Juni der Umzugswage­n die Botschafte­rresidenz in der Via dei Tre Orologi verlässt, geht es zurück nach Ulm. Dann wird sich Schavan wieder mehr ihrer Gastprofes­sur an einer Universitä­t in Shanghai widmen. Roland Juchem (KNA)

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